Besuch einer schwedischen Bischofsdelegation in St. Salvator und im Dekanat
Schweinfurt, So., 22. Nov. 2015 - früh. Gottesdienst am Ewigkeitssonntag in St. Salvator mit Gästen aus der evangelisch-lutherischen Diözese Schweden! Und zwar reiste bereits zur erst am Abend beginnenden Landessynode in Schweinfurt eine Delegation aus Skara an:
Die knapp 11.000 Einwohner zählende Kleinstadt liegt 150 Kilometer nordöstlich von Göteborg in der historischen, südschwedischen Provinz Västergötland. Laut wikipedia begann Skaras Aufstieg mit der Übersiedelung des schwedischen Bischofssitzes in diese Stadt. Der erste Bischof, Thurgot, natürlich noch katholisch, wurde übrigens aus der Erzdiözese Hamburg-Bremen entsandt. 2014 konnte Skara das 1000-jährige Gründungsjubiläum feiern. Mit Einführung der Reformation 1530 begann dann die Liste der evangelischen Bischöfe.
Åke Bonnier ist seit 2012 der 83. Bischof dieser Diözese – einer von insgesamt 13 in Schweden. Der 54-Jährige, in Stockholm Geborene wird unter anderem von seiner persönlichen Kaplanin und der Leiterin des Kirchengemeindeentwicklungsamtes begleitet.
Und warum ist diese Delegation eigens zur Landessynode nach Schweinfurt gereist? Weil zu den Partnern der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern neben denen in Afrika (u.a. Tansania, Kenia, Südafrika) und Übersee – das Dekanat Schweinfurt pflegt ja vorbildlich die Partnerschaft mit Brasilien! – sowie Osteuropa (u.a. Rumänien, Ukraine) auch diese kleine schwedische Diözese zählt. Durch Pfarreraustausch, Jugendbegegnungen und Gespräche will man voneinander lernen. Erst in diesem Jahr hatte sich Bischof Bonnier der Jugendgruppe "Walking to Emmaus", bestehend aus Schweden, Südafrikanern, Palästinensern und Bayern, in Israel angeschlossen. Völkerverständigung hautnah!
Im Anschluss an den Gottesdienst lud Dekan Oliver Bruckmann zum Gedankenaustausch ins Dekanat ein. Außer ihm nahmen der stellvertretende Dekan Heiko Kuschel, Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa, Christian Knoche vom Schweinfurter SKF-Betrieb („Svenska Kullagerfabriken“), seine Frau Dipl.-Religionspädagogin Michaela Gobs-Knoche, die beiden KV-Vertrauensfrauen Ilse Heusinger (St. Salvator) und Elisabeth Dämmrich (St. Johannis) sowie der Öffentlichkeitsbeauftragte des Dekanats Dr. Siegfried Bergler teil. Als Moderator und Übersetzer fungierte Heinz Dunkenberger-Kellermann vom Ökumene-Referat der Bayerischen Landeskirche, mitverantwortlich für die Partnerschaft mit Schweden.
Nach der Vorstellungsrunde bedankte sich die Delegation zunächst für „a wonderful morning“. Sie zeigte sich beeindruckt vom Abendmahlsgottesdienst mit Verlesung der im Kirchenjahr Verstorbenen. Pfarrerin Gisela Bruckmann und Pfarrer Andreas Grell hatten die Gedenkfeier gemeinsam gestaltet, vom Kirchenchor unter Leitung von Petra Hurth eindrucksvoll bereichert. Grell verdeutlichte in seiner Predigt anhand eines Laubblattes, wie uns die Natur „die Vergänglichkeit des Lebens vor Augen führt“. Werden und Vergehen würden zusammengehören. Doch kündige das Fallen der Blätter nicht nur einen langen Winter an, sondern weise auch schon auf das erneute Aufblühen im Frühling hin. „Unsere Verstorbenen fallen in die Hände des Einen! Auch wir dürfen uns fallen lassen in Gottes Arme im Vertrauen auf ihn.“
In besagtem Gespräch stellte der Dekan sein Schweinfurt vor, insbesondere die wichtige Rolle, die Schwedenkönig Gustav Adolf im 30-jährigen Krieg für die ehemals evangelische Freie Reichsstadt gespielt hatte. 2017 werde hier 475 Jahre Reformation gefeiert. Pfr. Keßler-Rosa machte auf die große Bedeutung der Diakonie in der Stadt aufmerksam, die sie geradezu evangelisch erscheinen lasse, obwohl der Anteil der Protestanten nur bei etwa 20 Prozent liege. Leider würden viele Menschen die Zusammengehörigkeit von Diakonie und Kirche nicht sehen. Christian Knoche lobte das Vesperkirchen-Projekt mit seinen vielfältigen Angeboten, womit Kirche im sozialen Leben sichtbar werde und sich als „center of the city“ erweise. Citypfarrer Heiko Kuschel schilderte sein Zugehen auf der Kirche Fernstehende und seine freitägliche Wagenkirchen-Aktion. Religionspädagogin Gobs-Knoche, die sich für die Integration von Kindern aus verschiedenen Kulturen und Religionen im Grundschulalter und für interkulturellen Unterricht engagiert, betonte, dass Kirche auch in der Schule sichtbar sein müsse. Religionsunterricht sei für die Prägung eines Menschen immens wichtig. Letztlich müsse religiöse Erziehung bereits im Kindergarten beginnen, doch fehle es dort leider oft an der erforderlichen Kompetenz.
Sodann stellten die schwedischen Delegierten ihre Kirche vor, die bis 2000 Staatskirche war. In Schweden gebe es kaum kirchliche Kindergärten. Auch spezifischer Religionsunterricht sei an Schulen nicht ausgeprägt, da diese sich religiös neutral verhalten müssten. Aber Geschichten der Bibel lerne man dort schon, auch fänden Oster- und Weihnachtsveranstaltungen statt.
In jeder Diözese gebe es starke Gemeindeverbünde – ohne Dekan, doch von einem Pfarrer als Administrator geleitet. Jede Pastorin und jeder Pastor werde nach seinen Fähigkeiten eingeteilt, trage beispielsweise die Verantwortung für die Jugend- oder Seniorenarbeit. Diakone machten die Sozialarbeit. Somit werde Teamwork großgeschrieben. Einzelkämpfertum wie in Deutschland mit „Pastoren-Inseln“, wo jede/r Pfarrer/in alles tun müsse, finde sich hingegen nicht. Die Kirchenverbünde entschieden auch über die Höhe der Kirchensteuern und nähmen diese selbst ein.
Angehende ReligionspädagogInnen, Pastoren, Diakone und KirchenmusikerInnen würden anfangs zusammen studieren und könnten sich im Blick auf ihre Interessen und Berufung jederzeit noch neu entscheiden, etwa dass sie statt Pastor Diakon werden. Der Bischof spreche dann die Vocatio aus.
Nach einer guten Stunden bedankte sich Bischof Bonnier für den „relaxed dialogue“. Er wird im abendlichen Eröffnungsgottesdienst der Landessynode die Predigt halten (s. Extrabericht).