Festlicher Reformationsgottesdienst in St. Johannis Schweinfurt – mit ernsten Themen
Die reichlich vorhandenen Liedblätter reichten bei weitem nicht: Fast bis auf den letzten Platz besetzt war die St. Johanniskirche Schweinfurt beim traditionellen Festgottesdienst des Dekanatsbezirks zum Reformationstag mit geladenen Gästen aus Politik, Gesellschaft und Kirche.
Nach einem fulminanten Vorspiel mit Trompete (Rüdiger Schemm-Renaud) und Orgel (KMD Andrea Balzer) begrüßte Dekan Oliver Bruckmann die Anwesenden mit einem Luther-Zitat: „Angst und Zweifel kannst du getrost fahren lassen“. In der Reformation gehe es um die Freiheit des Einzelnen. Diese Freiheit bedeute aber auch, sich um Gerechtigkeit und Frieden in der Welt zu sorgen.
Gastpredigerin Regionalbischöfin Gisela Bornowski (Ansbach) predigte zum Motto des Gottesdienstes, der Verheißung aus dem 85. Psalm: „Dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen“.
Das sei eine unserer Grund-Sehnsüchte: Gerechtigkeit und Frieden. Egal, ob in der Politik, in der Kirche oder in der Familie. Sie erinnerte an einen Vorfall aus dem Jahr 1542, die „Wurzener Fehde“, als zwei Landesfürsten sich um das Städtchen Wurzen stritten. Damals griff Martin Luther persönlich ein und ermahnte die beiden Herrscher, das Urteil des zuständigen Gerichts abzuwarten. Nur, wenn der vor Gericht Unterlegene dann immer noch militärisch angreife, liege Notwehr vor und der Angegriffene dürfe auch mit Waffengewalt antworten – doch dazu kam es in diesem Fall glücklicherweise nicht.
Schon bei Luther gehörten also Gerechtigkeit und Frieden zusammen, so Bornowski weiter. Beide scheinen heute angesichts der Konflikte in Israel/Palästina und der Ukraine weiter weg denn je.
Im Psalm 85, der in höchster künstlerischer Form Gegenwart und erhoffte Zukunft vermenge, sei „Frieden“ mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeute in der Bibel, dass alle auskömmlich leben können. Und darum betet der Psalmist leidenschaftlich darum, dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen.
Für den Frieden sei es aber nötig, dass Absprachen eingehalten werden, eben: Dass Gerechtigkeit herrsche. Es gäbe heute keine Kriege, so Bornowski, wenn Russland sich an völkerrechtliche Übereinkünfte gehalten hätte und die Hamas nicht gewaltsam die Zäune durchbrochen hätte und Terror an Unschuldigen verübt hätte. Wer nun meine, Frieden würde einkehren, wenn die westlichen Staaten keine Waffen mehr liefern würden, verwechsle aber Gottes endgültiges Heil mit der Jetztzeit. „Absolute Gewaltlosigkeit gilt nicht als moralische Empfehlung für jede politische Situation. (…) Waffenlieferungen an die Ukraine und an Israel führen nicht zum Frieden – wohl wahr – aber sie helfen Israel und der Ukraine, ihr Existenzrecht zu wahren und ein Leben in Freiheit zu ermöglichen.“
Für Christinnen und Christen gehöre in dieser Situation beides zusammen: Das flehentliche Beten um den Frieden und auch der Einsatz für die Opfer, für die Linderung von Leid und Not, für Frieden und Gerechtigkeit, die auch nach dem Ende der Waffengewalt noch in weiter Ferne sein werden. Dafür brauche es verlässliche Verträge. Aber auch Pessimismus habe da keinen Platz.
Abschließend forderte Bornowski die Gemeinde auf, „in betender Hoffnung und im Handeln, das alles von Gott erwartet“ sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen.
Im Anschluss an den Gottesdienst blieben die Teilnehmenden noch lange zu einem Stehempfang in der Kirche zusammen.
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