Ein waches Auge auf Schweinfurt

Gespräch des Dekans mit Pressevertretern

Essen ist unwichtig; Hauptsache: die bruta facta kommen rüber: Redakteurin Susanne Wiedemann u. Dekan Oliver Bruckmann

Schweinfurt, 20. und 23. Januar 2014. Traditionell lud Dekan Oliver Bruckmann zum Jahresanfang Pressevertreter zu einem Arbeitsessen ins „Aposto“ ein. Diesmal waren gekommen Susanne Wiedemann, die Chefredakteurin des „Schweinfurter Tagblatt“, und zum anderen der Journalist Joachim Fildhaut, zuständig für die Lokalredaktion Unterfranken des „Sonntagsblatt. Evangelische Wochenzeitung aus Bayern“ in Würzburg. Gleich anfangs bekannte Fildhaut, dass er immer „ein waches Auge auf Schweinfurt“ habe. Dies vernahm der Dekan gern und sprach seinerseits seinen herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit und die zuvorkommende Berichterstattung im vergangenen Jahr aus.

1. Ganz oben auf seiner Dekanatsthemen- und -problemeliste standen die fünf Vakanzen, die zum Teil seit über einem halben Jahr zur Mehrbelastung seiner Pfarrerinnen und Pfarrer aufgrund von Vertretungsdiensten führt. Vor allem hält es der Dekan für einen „Skandal“, dass im mit 720.000 Euro renovierten Pfarrhaus in Zell immer noch kein Licht brennt. Er wird versuchen, die 0,75-Stelle auf eine ganze Stelle „aufzurüsten“ und damit attraktiver zu machen, damit das Jubiläum des 400-jährigen Bestehens des Pfarrhauses zu Recht gefeiert werden kann.

Ferner sind unbesetzt: Schweinfurt-St. Johannis, Schweinfurt-Christuskirche II, Schwebheim und ab dem 1. Februar Lauertal II (Poppenlauer). Weitere Vakanzen im Laufe dieses Jahres zeichnen sich ab. Der Dekan macht hauptsächlich die Randlage Unterfrankens dafür verantwortlich, dass keine Bewerbungen eingingen. Pfarrer würden Zentren wie Nürnberg oder München bevorzugen – dies auch im Blick auf bessere Berufsmöglichkeiten für ihre PartnerInnen. Trotzdem Bruckmann kritisch: „Wie geht die Landeskirche mit den Regionen um, wo Pfarrer fehlen?“ Ihm schwebt deshalb vor, notfalls Geistliche aus anderen Landeskirchen anzuwerben.

2. Ein beunruhigendes Ergebnis der letztjährigen EMNID-Studie über aus der Kirche Ausgetretene im Dekanat Schweinfurt war, dass die Kirchenbindung der Befragten unter 30 Jahre gleich Null ist. Deshalb widmete sich im September speziell ein Studientag den Problemen Jugendlicher zwischen acht und 15 Jahren unter der Fragestellung „Was macht ihr Leben aus? Welche Interessen haben sie?“ In der Diskussion der geladenen Eltern, Lehrer, Kinderärzte, Sportler und Vertreter der kirchlichen wie kommunalen Jugendarbeit um präzise Wahrnehmung der Jugendlichen kristallisierte sich einhellig als deren existenzielle Frage heraus: „Bin ich gut genug?“ „Bin ich beliebt?“ Der schulische Leistungsdruck sei bereits in der Grundschule zu spüren. Deshalb der Dekan: „Wir müssen weiter an einem theologischen Leitbild für den Religions- und Konfirmandenunterricht arbeiten: ‚Du bist recht’.“

Ja, bereits in KiTas müsse Kindern dieses Bewusstsein vermittelt werden. Deshalb sollten PfarrerInnen mehr Zeit für ihre eigentlichen pädagogischen und seelsorgerlichen Aufgaben haben, indem z.B. zu gründende KiTa-Verwaltungsgemeinschaften und Trägerverbände ihnen die administrativen Pflichten abnehmen. Ein vergleichbarer Studientag dürfte, wie Joachim Fildhaut anmerkte, auch anderen Dekanaten zu empfehlen sein.

3. Ein Herzensthema des Dekans war das Projekt der ersten Vesperkirche auf bayerischem Boden, das in den ersten Monaten des kommenden Jahres in Schweinfurt-St. Johannis realisiert werden soll. Auch dieses Vorhaben dürfte mit einem Zerrbild der aus der Kirche Ausgetretenen aufräumen: dass sich nämlich Kirche um zu wenig Gerechtigkeit kümmert. Deshalb betonte der Dekan, dass es ein Kooperationsprojekt von Kirche und Diakonie sei, zum anderen ein Begegnungsprojekt: Für drei bis vier Wochen werde täglich allen gesellschaftlichen Schichten in der Johanniskirche Essen angeboten, wobei es auf die Kommunikation untereinander und auf Augenhöhe ankomme. Dekan Bruckmann prognostiziert für Schweinfurt die Ausgabe von 150 Essen pro Tag und damit einhergehend ein hohes ehrenamtliches Engagement auf Zeit. Im Februar werde das Leitungsteam eine Vesperkirche in Ludwigsburg besuchen, dort zunächst einen Tag als Gast verbringen und dann den zweiten Tag als Mitarbeiter teilnehmen. Frau Wiedemann fragte nach der Finanzierung des Projektes: Dafür sei das Dekanat auf Sponsoren angewiesen, entgegnete ihr Bruckmann. Er rechnet mit 90 000 Euro Kosten im Jahr. „Ich bin zuversichtlich, dass uns viele unterstützen.“

4. Auch was das Thema der Luther-Dekade 2015 „Bibel und Kunst“ anbelangt, hat der Dekan schon weit vorausgeplant. Gleich drei Ausstellungen in Schweinfurt werden diese Thematik aufgreifen: das Otto-Schäfer-Museum mit Werken aus dem 16. Jh. unter der Fragestellung: „Wie ist der Glaube ins Bild gekommen?“, das Georg-Schäfer-Museum primär mit einem biblischen Bilderzyklus des Landschaftsmalers Johann Wilhelm Schirmer aus dem 19. Jh. und die dritte Schweinfurter Triennale in der Kunsthalle mit dem Arbeitstitel „Gott und die Welt“: Hierbei geht es um das Entdecken religiöser Fragen und Dimensionen in der zeitgenössischen Kunst.

5. Zu den weiteren angeschnittenen Themen gehörte die Brasilienpartnerschaft des Dekanates. Zwischen Mitte Juli und Anfang August dieses Jahres werden acht VertreterInnen aus den vier lutherischen Gemeinden Rios das Dekanat besuchen. Der Dekan begrüßte, dass diesmal die Evangelische Jugend an dem Begegnungsprogramm mit federführend beteiligt sein wird.

Sodann sprach er über ein 2013 etabliertes Dekanatsentwicklungsteam, das Strategien und Kooperationsmöglichkeiten entwickle, um dem Rückgang von Kirchenmitgliedern und damit einhergehend dem von Pfarrstellen zu begegnen.

Unter den zahlreichen Bauprojekten im Dekanat hob Dekan Bruckmann den Neubau der Kirchenverwaltung (GKV) in der Friedenstraße hervor. Er rechnet bereits zum Jahresende mit dem Bezug des Gebäudes. In die dann leer stehenden Räume unter dem Evangelischen Gemeindehaus ziehen dann einige Dienste und Werke ein: das Evangelische Erwachsenenbildungswerk, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt, der Evangelische Frauenbund und die Evangelische Jugend. Somit werde zukünftig „gebündelte Kompetenz“ in diesem „Evangelischen Zentrum Schweinfurt“ geboten.

Am Reformationstag hält diesmal in St. Johannis Oberkircherat Michael Martin, Leiter der Abt. „Ökumene und Kirchliches Leben“, die Festpredigt. Auch die im Gesamtdekanat gut angenommene FriedensDekade 2013 soll „in abgespeckter Form“ im November wieder nach Möglichkeit in allen Gemeinden stattfinden.

Nur von einer Visitation einer oder mehrerer seiner Kirchengemeinden wird der Dekan heuer absehen. Schließlich liegt ja schon genug „Stoff“ an.

Erinnern Sie sich an die letzte Pressekonferenz Ende 2012? Wie sich doch die Themen und Bilder gleichen:

https://www.schweinfurt-evangelisch.de/943.php