Rechtspopulismus, Rassismus, Antisemitismus ...

Dekan Bruckmann sprach auf Kundgebung von "Schweinfurt ist bunt"

Toller Hingucker: Eine Solo-Sambatänzerin sorgte am 15. Sept. für Kurzweil

Schweinfurt, Sa. 13. Okt. 2018. „Schweinfurt lebt Würde, Freiheit und Vielfalt.“ Unter diesem Motto lud am Vortag der Bayerischen Landtags- und Bezirkstagswahl das Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ zu einer Kundgebung auf dem Zeughausplatz ein – und dies bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Monats (s. unten). Konkreter Anlass: Fast zeitgleich war eine AfD-Veranstaltung geplant.

Etwa 300 folgten diesmal dem Aufruf, unter ihnen Schweinfurts Landrat Florian Töpper, Landtagsabgeordnete Kathi Petersen und etliche PfarrerInnen. An sie alle appellierte Bündnissprecher Frank Firsching: „Lasst uns nicht allein mit Rassisten und Menschenfeinden, die unsere Demokratie zerstören wollen!“ Sodann präsentierte er eine stattliche Liste mit Redebeiträgen verschiedener Organisationen des Bündnisses. Daraus ein paar Ausschnitte:

Als Erster betrat der evangelische Dekan Oliver Bruckmann das Podium: „Die AfD ist eine rechtsradikale, rechtspopulistische, rassistische, antisemitische und selektierende Partei.“ Diese von starkem Beifall begleitete programmatische Feststellung entfaltete er danach in seiner Ansprache, die er mit AfD-Plakaten kritisch illustrierte, z.B. jenes mit dem Slogan: „Geld für Renten statt illegale Migranten“. Damit werde suggeriert, „dass Flüchtlinge das Geld der alten Menschen kosten.“ Doch dies widerspreche dem „freiheitlich-rechtlichen Menschenbild, das jedem – egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund – dieselbe Würde zuspricht und niemanden seiner Herkunft, seiner Religion, seines Geschlechtes usw. wegen pauschal verdächtigt und verfolgt.“

Besonderen Akzent legte der Dekan auf den mehr oder minder manifesten Antisemitismus der Partei und erinnerte an AfD-Schlagworte wie „Mahnmal der Schande“ (Höcke) oder „Vogelschiss der Geschichte“ (Gauland). Demgegenüber stellte Bruckmann klar heraus, dass das Judentum die Wurzel des Christentums und Jesus selbst Jude gewesen sei. „Überzeugte Christen können sich dieser Partei deshalb nicht anschließen. Nicht, wer nach Bibel und Bekenntnis leben will.“

Sein Schlusswort: „Rechtspopulismus, Rassismus, Antisemitismus, - das ist nicht zu tolerieren. Nicht für Christen. Es ist gefährlich, hier zu schweigen.“

Die katholische Kirche war in Person der Pastoralreferentin Patrizia Sormani (Stadtpfarrei Heilig Geist) vertreten: Als gebürtige Italienerin wies sie auf ihren Migrationshintergrund hin, erinnerte sich aber, wie sie mit offenen Armen aufgenommen wurde, als sie 1981 nach Deutschland kam. Sie sei dem Land dafür sehr dankbar, betonte Sormani, während die AfD es offenbar nicht liebe, da diese Partei selektiv von einem „völkisch reinen Land“ spreche. Hingegen heiße „katholisch“: „weltumspannend“, „allumfassend“.

Pfarrer Jochen Keßler-Rosa sprach im Namen von Diakonie und Caritas: Er zeigte sich fassungslos und empört darüber, dass die AfD mit dem Feuer spiele und Menschenrechte mit Füßen trete. „Der Schöpfer des Menschen“ habe nämlich nicht zwischen Menschen erster und zweiter Klasse, zwischen willkommenen und ausgegrenzten, differenziert.

Allmählich setzte sichtbar eine Abwanderungswelle der Zuhörenden ein, doch sah man viele anschließend nur 500 Meter weiter, auf dem Georg-Wichtermann-Platz, wo sie per lautstarken Kommentaren die AfD-Abschlusskundgebung mit deren örtlichen Kandidaten kommentierten: „Nazis raus aus unserer Stadt, wir haben die Faschisten satt“, skandierten sie unter anderem.

Nur darf man zu Recht fragen, wo – nicht nur an diesem Tag! – die sog. schweigende Mehrheit blieb. ---

Schweinfurt, Sa., 15. Sept. 2018. Das Bündnis für Demokratie und Toleranz sowie der Freundeskreis von „Schweinfurt ist bunt“ und das Integrationsnetzwerk der Stadt Schweinfurt „gerne daheim in Schweinfurt“ hatten bereits vor einem Monat eine Kundgebung am Zeughaus anberaumt; damals unter dem Motto: „Vielfalt verbindet Schweinfurt“. Zweck der Veranstaltung war es, „ein starkes Signal für ein respektvolles und friedliches Miteinander in Schweinfurt zu senden“.

In Schweinfurt leben über hundert Nationen. Einige VertreterInnen des städtischen Integrationsbeirates – aus der Türkei, Russland, Mexiko und Kuba – äußerten sich auf dem Podium ermutigend zum Thema „Vielfalt“. Sodann gibt es seit 1995 deutschlandweit das Projekt „Schulen ohne Rassismus. Schulen mit Courage“, an dem sich 1,6 Mio. SchülerInnen beteiligen, darunter auch die der Realschule Schonungen und der Friedrich-Fischer-Schule in Schweinfurt, von denen Schülersprecher gekommen waren: Toleranz – so führten sie aus – sollte man von klein auf lernen; sie gehöre zur Erziehung hinzu. Jede und jeder sollte gleich behandelt werden.

Der Vorstandsvorsitzende der „Freunde von Schweinfurt ist bunt e.V.“, Frank Firsching, erinnerte an die Gründung des Bündnisses vor acht Jahren, als Nazis und Rechtsextreme den 1. Mai in einen nationalen Tag der Arbeit umwidmen wollten. Heute aber seien „die Bilder von Chemnitz nicht zu tolerieren. Das kann nicht unbeantwortet bleiben. Wir verteidigen die Grundwerte unserer Verfassung.“

Kurzweilig das Kulturprogramm und der „Markplatz der Vielfalt“. Besonders hörbar die „Bateria Caliente“-Samba-Gruppe aus Hofheim, die mit ihren mitreißenden Rhythmen die Lebensfreude der Musik Brasiliens vermittelte.

An diesem 15. September wurde aber nicht nur der „Internationale Tag der Demokratie“ begangen, sondern dies war zugleich die Auftaktveranstaltung der zehnten Interkulturellen Wochen 2018 in Schweinfurt, die am Ende OB Sebastian Remelé offiziell eröffnete: „Seit 70 Jahren leben wir in Frieden, worüber wir stolz und glücklich sein dürfen.“ Zu keinem anderen Zeitpunkt habe es eine so lange friedliche Zeit in der Geschichte unseres Landes gegeben. „Es ist der freiheitlichste, demokratischste, rechtsstaatlichste Staat in unserer Geschichte.“ Daher bedauerte er, dass „ein Teil unserer Bürger diesen Staat nicht mehr als verteidigungswürdig empfindet“. Remelé legte ein leidenschaftliches Bekenntnis zur Bundesrepublik und zum Freistaat Bayern ab. Er begrüßte, dass Schweinfurt einen heterogenen, multikulturellen Schmelztiegel bilde und appellierte an ein friedvolles Miteinander der Kulturen in der Stadt. Es lasse sich hier gut unter einem Dach leben.