Einführung von Prädikantin Sabine Triebel in Bergtheim
Bergtheim, So., 18. Sept. 2016. Wenn ein Gottesdienst 90 Minuten dauert, dann handelt es sich in der Regel um einen Festgottesdienst. So wie in Bergtheim. Daran war ja vielleicht auch das miese Wetter mit schuld. Denn keiner wollte gerne die Matthäuskirche verlassen, sah man doch durch die Glasfensterfront, dass die Dachrinnen das Wasser kaum fassten.
Hauptanlass der Feierlichkeit war die Einführung, korrekter: die Beauftragung von Sabine Triebel als Prädikantin. Seit Jahren ist sie in ihrer Bergtheimer, aber auch in der dazugehörigen Obereisenheimer Gemeinde vielseitig engagiert, sozusagen unersetzbar: Vertrauensfrau des Kirchenvorstandes, Leiterin der Wirbelwindgottesdienste für die Kleinen, Lektorin, Mesnerin und auch Sängerin in einem Chor, kurzum: „das Gemeindeleben mittragend und lebendig erhaltend“. So brachte es Dekan Oliver Bruckmann, der anstelle von Regionalbischöfin Gisela Bornowski Segnung und Sendung vornahm, auf den Punkt.
In ihrem Ortspfarrer Ivar Brückner, dem Dekanatsbeauftragten für LektorInnen und PrädikantInnnen, hatte Frau Triebel sicher einen guten Lehrmeister, sprich Praxisbegleiter, und die treibende Kraft gefunden. Er eröffnete den Gottesdienst und las die Ernennungsurkunde vor.
„Fragen denn die Menschen nach unserer Botschaft? Was haben wir der Welt auszurichten, in der nur die Starken und die, die Leistung bringen, das Sagen haben?“ Diese Fragen stellte Dekan Bruckmann eingangs seiner Einführungsansprache, um sie unter Verweis auf den Wochenspruch zu beantworten: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1. Johannesbrief 5,4). Dies bedeute: „Vor und jenseits aller Leistung bist du wertvoll und bleibst Gottes Kind.“ Unsere Aufgabe aber sei es, dies vorzuleben: „der Welt das Evangelium zu bezeugen in Wort und Tat“. Bruckmann erinnerte an den protestantischen Begriff „Priestertum aller Gläubigen“, der eben nicht bloß die geistlichen Amtsträger, sondern alle Gemeindeglieder angehe. Frau Triebels Beauftragung entspreche einer Ordination, katholisch: der Priesterweihe. Ein vierfaches „Ich bin bereit“ antwortete sie auf ihre anschließende Dienstverpflichtung und Segnung für die neue Aufgabe. Von nun an durfte sie die öffentliche Wortverkündigung inklusive Abendmahlsverwaltung selbstständig wahrnehmen.
Natürlich war die zahlreich versammelte Gemeinde auf die erste Predigt der frischgebackenen Prädikantin im neuen Talar gespannt. Ein steiler Beginn mit drei aktuellen Meldungen aus den Medien: „1000 Flüchtlinge vor Libyen aus Seenot gerettet – Rudolf Wöhrl beantragt „Schutzschirmverfahren“, damit sein insolventes Modeunternehmen gerettet werden kann – Gondelpanne am Mont Blanc: Alle Passagiere gerettet.“ Der Predigerin kam es auf das die disparaten News verbindende Wort „gerettet“ an. Denn im Predigttext des Tages schrieb Paulus: „So du mit deinem Munde bekennst Jesus, dass er der Herr sei, und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet“ (Römerbrief 10,9). Natürlich meine der Apostel „die rettende Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus“. „Jesus ist der Herr (griech.: Kyrios = Gott)“ sei ein altes urchristliches Bekenntnis gewesen: „Der Sohn gehört ganz auf die Seite des Vaters.“
Dann folgte Triebels Transfer auf die Gemeinde: „Was können wir tun, um gerettet zu werden?“ Dreifache Antwort: „mit den Ohren auf die Botschaft hören“, „mit dem Herzen glauben“, wozu aber Jesus selbst uns im Innersten bewegen müsse, denn „man kann nicht theoretisch glauben“, und drittens: „mit dem Mund bekennen“ - etwa das Glaubensbekenntnis. Grundlage für alles Verkündigen bleibe das Wort Christi. „Damit können wir gerettet werden. Das sind doch gute Aussichten.“
Liturgisch (und auch gesanglich) sehr ansprechend leitete sie dann zur Abendmahlsfeier über und lud die Gemeinde an den Tisch den Herrn ein. Anja König an der Orgel und der tongewaltige Obereisenheimer Posaunenchor unter Leitung von Gottfried Krauß trugen zur musikalischen Ausgestaltung bei. Selbstverständlich durfte das Mutmachlied „Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist“ an diesem Tag nicht fehlen.
Auch wenn man auf dem Lande nach dem langen, trockenen Sommer sehr dankbar für den Regen - als Erntehelfer - sein muss, so konnte doch leider niemand an diesem Tag draußen sitzen. Trotzdem entzog sich keiner der Einladung von Kirchenvorsteherin Susanne Veigel: „Fürs leibliche Wohl ist bestens gesorgt“ und fand im Kirchsaal einen Platz. Dort hielt Pfarrer Brückner noch eine persönliche Laudatio auf seine – neben Annette Krauß – bereits zweite Prädikantin: Triebel habe nach erfolgreicher Teilnahme am Lektorenkurs die neuerliche Ausbildung nicht nur an den vorgeschriebenen acht Wochenenden 2015 absolviert, sondern selbst im Urlaub am Strand „noch viel Handwerkszeug gelernt“. Nur sei eine Prädikantin eben keine Pfarrerin, denn die müsse schon ein paar Jahre mehr studieren. Typisch Priestertum?