Dekanatsfrauentag 2014 in Obereisenheim
Obereisenheim, Sa. 15. Nov. 2014. Zum 26. Mal fand der Dekanatsfrauentag statt – diesmal in Obereisenheim, der südlichsten Gemeinde des Dekanats Schweinfurt. Etwa 50 Damen folgten der Einladung in den bekannten Winzerort am Main. Bereits am Anfang stattete die Vorsitzende Brigitte Buhlheller dem Hausherrn, Pfarrer Ivar Brückner, Dank für die Gastfreundschaft und für die liebevoll eingedeckten Tische ab, und dieser gab den Dank auch gleich an sein Küchenteam weiter. Denn auf jedem Teller lag schon ein Plätzchen in Form der Lutherrose. In der Kaffeepause sollte es reichlich Köstlichkeiten aus der mittelalterlichen Küche geben: Gewürzkuchen, Reformationsbrötchen, Mohnrollen, Bischofsbrot, Gewürzwein und vieles andere mehr.
„Lobet und preiset, ihr Völker, den Herrn“: Der Kanon passte daher vorzüglich, zumal dann Pfr. Brückner in seinem Grußwort lobpreisend das seit 1559 protestantische Obereisenheim vorstellte: Die Kirchenbücher seien komplett erhalten! Dass man damals einen lutherischen Pfarrer bekommen habe, sei dem Einfluss des Grafen von Castell zu verdanken gewesen. Zuzüge von Flüchtlingen seit 1945 und von Arbeitern in der 50er- und 60er-Jahren hätten zu einer beträchtlichen Erweiterung des Gemeindegebietes geführt. Daher gebe es seit 1994 noch ein zweites Gotteshaus, die Matthäuskirche in Bergtheim. Aber auch an eine Reformatorin wusste Brückner zu erinnern: Argula von Grumbach war mit dem Ritter Friedrich von Grumbach aus dem heutigen Burggrumbach, zu Brückners Gemeindesprengel gehörend, verheiratet.
Damit war ihm perfekt die Überleitung zum thematischen Teil gelungen: Um „die Lutherin“ Katharina von Bora sollte es nämlich gehen. Doch wer nun einen knochentrockenen Vortrag befürchtet hatte, wurde positiv überrascht. Die Referentin, Pfarrerin i.R. Gisela Simoneit/Fürth, schlüpfte in die Rolle und Kleidung Katharinas und erzählte launig über ihr Leben an des großen Reformators Seite. „Es grüßet meine Rippe deine Rippe.“ So burschikos habe Martin Luther öfters an seine Frau geschrieben. Bereits mit vier Jahren war sie in ein Benediktinerinnen- und ab dem 9. Lebensjahr in ein Zisterzienzerinnen-Kloster gekommen, aber von dort 1523, als die Reformation ihren Höhepunkt erreicht hatte, zusammen mit elf Mitschwestern geflohen.
26-jährig heiratete die ehemalige Nonne 1525 den 42-jährigen ehemaligen Mönch Luther und wurde damit zur „Begründerin des ersten evangelischen Pfarrhauses“: Luthers Single-Wohnung, das einstige „Schwarze“ Augustiner-Kloster, brachte sie auf Vorderfrau. Ihre erste Amtshandlung bestand im Verbrennen seines versifften Strohsacks. Geschäftstüchtig wie sie war, vermietete sie Räume an Scholaren der Universität. Aufgrund ihrer Heilkunst nannte man sie bald „die Doktorin“, während hingegen andere sie despektierlich „Lucifer Wittenbergensis“, „Ketzerin“ und „Ehebrecherin“ schimpften. Luther hatte Respekt vor seiner Katharina: „Domina“ Käthe nannte er sie, mit der er sechs Kinder hatte. „Wer ein gehorsames Weib will, muss sich eines aus Stein hauen lassen“, soll er realistisch in einem Tischgespräch verlautbart haben.
Pfarrerin Simoneit stimmte das Publikum aber auch melancholisch, als sie vom Tod „ihres“ Martinus berichtete und dass sie danach nicht Vormund ihrer eigenen Kinder werden durfte, ja sogar für sich selbst einen Vormund brauchte. Schließlich ihr Tod auf der Flucht vor der Pest bei einem Kutschenunfall und ihr Begräbnis in Torgau.
Der sowieso lebendige Auftritt von Katharina alias Pfrin. Simoneit wurde durch das Überraschungsduo DuDett noch authentischer: Pfr. Andreas Duft und seine musikalische Partnerin Claudia Dettmar markierten zwei Spielleute, ausgestattet mit alten Instrumenten wie einer Kastenleier und einem Psalter. Besonders unter die Haut ging ihr Bänkelsong von den „drei Spielleut“, die als „des Teufels Lockvögel“ Menschen zum Karten(glücks)spiel verführen: Pik-Ass ist der Tod! Sicherlich hätte Luther den Teufel vertrieben, aber das Lied passte vortrefflich zu Obereisenheim und seiner „Höll“-Weinlage!
Nachdem sich Frau Simoneit wieder „zurückverwandelt“ hatte, stand sie Frau Buhlheller Rede und Antwort auf Fragen wie: Welche Auswirkungen hatte die Reformation auf die Frauen- und Familienpolitik? Wie ist es um das evangelische Pfarrhaus bestellt? Sie konnte dabei aus eigener, teils schmerzlicher Erfahrung von ihren ambivalenten Erfahrungen mit der Institution Kirche berichten. Als sie nach dem Examen (1968) heiratete, bedeutete dies zunächst das Ende ihrer noch gar nicht begonnenen kirchlichen Laufbahn und den Beginn eines Pfarrfrauendaseins mit Mutterrolle: „Die Pfarrfrau darf im Pfarrhaus kein Gewerbe treiben“, stand damals wörtlich im Pfarrergesetz. Jahre später, als sie sich das Vikariat erkämpft hatte, musste ihr Mann dem noch zustimmen. Erst 1987 wurde sie ordiniert. „Ich habe lernen müssen, aufsässig zu werden“, betonte sie. In ihrem Schlusswort warnte sie die anwesenden Damen: „Seien Sie trotz Gleichberechtigung wachsam, aber andererseits auch keine Männerfeindinnen!“
Regularien gab’s an diesem Nachmittag auch noch: „Sie werden uns ein bisschen fehlen“: Damit meinte Frau Buhlheller Gertrud Zürrlein. Die Bundesverdienstkreuzträgerin hatte dankenswerterweise genau zwanzig Jahre lang bei den Frauentreffen den Büchertisch betreut und immer die passende thematische Auswahl feilgeboten. Dies sei nun ein guter Moment, um aufzuhören, entgegnete Frau Zürrlein ohne Wehmut.
Bei der das Beisammensein abrundenden Andacht in der stimmungsvoll abendlich beleuchteten Kirche durfte Luthers „Feste Burg“ nicht fehlen. Emanzipatorisch legte Prädikantin Annette Krauß die anstößige Erzählung von Jesu Begegnung mit der Samaritanerin am Brunnen aus (Johannes 4): Damit habe Jesus alle gesellschaftlichen Normen, auch die moralische Grenze durchbrochen. Für ihn hätten weder Geschlecht noch unterschiedliche Glaubensrichtungen eine Rolle gespielt. Deshalb: „Keiner wird von Jesus und seiner Liebe ausgeschlossen!“
Bitte schon vormerken: Den nächsten Dekanatsfrauentag gibt’s am 14. November 2015 in Bad Kissingen, hoffentlich mit genauso guter Bewirtung.