Eröffnung der Ausstellung "Einführung der Reformation in der Reichsstadt Schweinfurt 1542"
Schweinfurt, Mi. 20. Sept. 2017. Mit vielleicht hundert Interessierten in der St. Johanniskirche hatte man rechnen können, aber es waren mehr als hundert. Dies zeigte sich spätestens im nebenan gelegenen Gunnar-Wester-Haus, als anschließend alle der Einladung zur Besichtigung der Ausstellung im dortigen Erdgeschoss Folge leisteten. Zumindest am Anfang ließ sich im Gedränge weder ein ruhiger Blick auf die Tisch- und Standvitrinen werfen, noch war volle Konzentration zum Lesen der Erklärungen auf den Schautafeln möglich.
Aber zurück zu St. Johannis, wo zunächst die Ausstellung „Die Einführung der Reformation in der Reichsstadt Schweinfurt 1542“ in würdigem Rahmen eröffnet wurde. Stadtarchiv Schweinfurt und die Museen und Galerien der Stadt hatten sie – unter Federführung von Stadtarchivar Dr. Uwe Müller – anlässlich dieses 475-jährigen Reformationsjubiläums konzipiert sowie in einem ausführlichen, Fotos von allen Ausstellungsstücken enthaltenden Begleitbuch dokumentiert. Und das evang.-luth. Dekanat hatte als Kooperationspartner dazu sein Archiv, die Sakristeibibliothek, geöffnet.
Von daher sprachen an diesem Abend alle maßgeblich am Zustandekommen der Ausstellung Beteiligten Grußworte: Den Anfang setzte Schweinfurts II. Bürgermeisterin Sorya Lippert, die die Grüße der Stadt, insbesondere im Namen des erkrankten Oberbürgermeisters, überbrachte und die anwesende Prominenz namentlich willkommen hieß, unter anderem Schweinfurts Ehrenbürger Alt-OB Gudrun Grieser und den Industriellen Otto Schäfer, Kathi Petersen als Vertreterin des Landtages und die Stadtratsmitglieder, nicht zu vergessen den „Hausherrn“ Dekan Oliver Bruckmann. Lippert lobte die Ausstellung als einen – nach den drei erfolgreichen Kunstausstellungen 2015 – weiteren wichtigen Beitrag zur landesweiten Luther-Dekade. Aus der spannenden Geschichte der Reformation in dieser Stadt würde die Bürgermeisterin gern einen historischen Roman machen wollen.
In seiner Begrüßung wies Dekan Oliver Bruckmann auf das bedeutungsvolle Eröffnungsdatum hin: Dies sei der Vorabend zum Matthäi-Tag, dem 21. September, an dem 1542 der erste evangelische Prediger Johannes Sutellius hier in St. Johannis seitens des Rates der Stadt in sein Amt eingeführt wurde. Ja, die Reformation stelle ein zentrales Kapitel der Geschichte Schweinfurts und unserer Kirche dar. Vor allem präge sie unsere Identität, denn wir würden auf dem gründen, was vor uns gewesen sei, vor allem auf die prägenden Werte. „Toleranz setzt Selbsterkenntnis voraus.“ Jedenfalls zeige uns die Geschichte, wer wir selber seien. Sodann dankte er allen Ausstellungsmachern.
Natürlich blieb es Dr. Uwe Müller vorbehalten, in die Ausstellung mit ihren 44 Exponaten, dazu zwei Leihgaben, einzuführen. Sie habe sechs Abteilungen:
I. Reformatorisches Gedankengut in der Reichsstadt Schweinfurt seit den 1520er Jahren
II. Wechsel in der Reichsvogtei, Ãœbergang der Schutz- und Schirmherrschaft von Graf Wilhelm von Henneberg-Schleusingen zu Landgraf Philipp von Hessen
III. Einführung der Reformation in der Reichsstadt Schweinfurt
IV. Streit um die rechte Lehre
V. Konflikte mit den Altgläubigen
VI. Johannes Sutellius – Lebenszeugnisse
Gezeigt würden vornehmlich amtliche Schreiben, Akten und Urkunden, die jene bewegten 50 Jahre, beginnend mit einer „Momentaufnahme“ der Situation von 1524 bis zur Unterzeichnung der Konkordienformel 1577 illustrierten. Ältestes Ausstellungsstück sei freilich eine Urkundeaus dem Jahr 1427: Darin bestätige König Sigismund der Stadt Schweinfurt das Recht der freien Wahl ihres Reichsamtmannes. Und das jüngste Exponat: die von Schweinfurter Geistlichen unterschriebene Verpflichtung auf die Konkordienformel von 1577 als verbindliche Fassung des lutherischen Bekenntnisses (s.u. Fotos).
Kurzum: „eine Geschichte von Dissens und Krieg, aber auch von Frieden, Freiheit und Toleranz“. Abschließend las Dr. Müller eine Dankesliste mit Namen von Archiven und Mitarbeitenden an diesem Projekt vor. Im Besonderen würdigte er die Unterstützung seitens seiner Frau Irene Handfest-Müller, - seit zwanzig Jahren ehrenamtliche Archivpflegerin für den nördlichen Landkreis Schweinfurt.
Der Redenteil wurde musikalisch gerahmt von Sopranistin Ingrid Peppel von der Musikschule Schweinfurt. Sie trug a cappella einige Strophen aus dem sog. „Lied des Kesslersgesellen“ vom Reformationsjahr 1542 vor. Aus der Sicht des gemeinen Mannes zeichnet es süffisant den Prozess der Reformation und das Wirken des Pfarrers Sutellius in Schweinfurt nach. Text und Noten sind ebenfalls in der Ausstellung zu bewundern (s. Foto):
„… Das Wort Gotts tut herfließen aus Gnad Herr Jesu Christ,
des Landgrafen wir genießen, der unser Schutzherr ist.
Zum weltlichen Schutz angenommen, hat uns her lassen kommen
von Göttingen ein frommen Mann, der ist wohlgelehrt,
der Pabsttums Reich zerstört …
Dies Lied hab ich gedichtet zu Lob Schweinfurt der Stadt,
die Gotts Wort nicht verachtet, Gott verleihs euch aus Gnad. ...“
Dann ging es den kurzen Fußweg hinüber ins Gunnar-Wester-Haus, das eigentlich für seine Ikonensammlung bekannt ist. Dort lässt sich nunmehr die Ausstellung bis zum 19. November 2017 mit garantiert größerer Muße und Ruhe als am Eröffnungstag besichtigen:
Ort und Öffnungszeiten: Gunnar-Wester-Haus, Martin-Luther-Platz 5,
Di.-Fr.: 14-17 Uhr; Sa, So, Feiertage: 10-13, 14-17 Uhr; Mo.: geschlossen
Einige Stichpunkte zur Schweinfurter Reformationsgeschichte sind, basierend auf einem Vortrag von Dr. Uwe Müller, nachzulesen unter https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/475-jahre-schweinfurt-evan....
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