Oberkirchenrat Michael Martin predigte im Festgottesdienst zum Reformationstag in Schweinfurt
Zum zentralen Reformations-Festgottesdienst des Dekanats Schweinfurt in der gut gefüllten St. Johanniskirche Schweinfurt begrüßte Dekan Oliver Bruckmann in diesem Jahr Oberkirchenrat Michael Martin als Prediger. Martin ist im Landeskirchenamt München zuständig für Ökumene und kirchliches Leben, sozusagen der „Außenminister“ der bayerischen Landeskirche und weltweit gut vernetzt. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kirche waren wie jedes Jahr zu diesem Gottesdienst gekommen.
Die weltweite Erfahrung des „Außenministers“ spürte man auch in der Predigt von Michael Martin, die sich auf das Pauluswort aus dem Galaterbrief bezog: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ (Galater 5,1)
Das „Joch der Knechtschaft“ wiege derzeit schwer, so Martin. Immer mehr Menschen treten aus den Kirchen aus, die finanziellen Spielräume werden kleiner, auch der Vertrauensverlust in der Gesellschaft sei spürbar.
Mit dem befreiten Blick der Freiheit aber könne man anders sehen: Noch immer seien große Geldmittel da, noch immer gebe es überall in der Fläche Gemeinden, noch immer gebe es hervorragend ausgebildete Hauptamtliche und Zehntausende engagierte Ehrenamtlich. Dazu kommen die Möglichkeiten, die sich durch ökumenische Zusammenarbeit ergeben.
Dennoch sei ein solcher Blick auf die Realitäten eben keine rosarote Brille. Im Gegenteil, er nehme die Gegebenheiten wahr, aber gehe positiv damit um.
Das zeigte Martin an verschiedenen Initiativen aus der ganzen Welt, etwa aus Malaysia, so Kirche eigentlich verboten ist, aber trotzdem aufblüht. In Polen sei endlich, nach jahrzehntelanger Vorarbeit, die Frauenordination möglich geworden. Auch in Costa Rica, Tanzania oder Australien habe der „Blick der Freiheit“ Möglichkeiten geschaffen, die zunächst unmöglich schienen.
Freiheit, so Martin, befreie uns aus dem „Joch der Knechtschaft“. Aber sie befreie nicht zu einer selbstsüchtigen Freiheit, sondern zum Dienst am Nächsten. Schon Martin Luther hatte das in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (1520) in zwei auf den ersten Blick widersprüchlichen Sätzen formuliert:
Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.
Zwar sind Christinnen und Christen frei, doch der Glaube eröffnet eine Haltung des Dienens.
Nach der Predigt stand in diesem Gottesdienst eine ganz besondere Ehrung an: Kirchenmusikdirektorin Andrea Balzer, die den Gottesdienst gemeinsam mit einem Ensemble der Johannis-Kantorei festlich gestaltete, wurde für 25 Jahre Dienst in der Kirchengemeinde und im Dekanat geehrt. Dekan Oliver Bruckmann überreichte ihr eine Urkunde, Oberkirchenrat Martin sprach einen persönlichen Segen für sie.
Nach dem Gottesdienst lud das Dekanat zum Stehempfang in der Kirche, der wie jedes Jahr von den Besucherinnen und Besuchern gut angenommen wurde.