Gott und Mensch in einem Boot

Auch über Weihnachten hinaus: Weihnachtsgedanken des Dekans

Um diese Weihnachtskrippe handelt es sich

Schweinfurt, Weihnachten 2013. Eine ganz besondere Krippe ist das, finde ich, die jedes Jahr zur Weihnachtszeit bei uns zu Hause auf dem Esstisch steht. Ein Hirte mit seinem Stab und zwei Schafen. Eine betende Frau, wahrscheinlich Maria. Josef fehlt, vielleicht ist er aber auch dieser Hirte. Und dann sind da noch drei Männer, ganz gewöhnliche, jeder mit einem Paket in der Hand. Festliche Umhänge oder Kronen haben sie keine. Das Jesuskind liegt mitten unter ihnen. Ganz einfach geht es zu. Mensch und Tier und der Gottessohn in einem Boot.

So ein Boot trägt, aber ganz sicher ist es nicht. Auf dem Wasser hat man keinen festen Boden unter den Füßen, letztlich bleibt man Wind und Wetter ausgesetzt. Das Boot kann kentern und untergehen. Zwangsläufig lässt mich unsere Schiffskrippe dieses Jahr auch an Lampedusa denken, an die vielen Menschen, die in völlig überfüllten Booten auf der Fahrt übers Meer das Leben suchten und den Tod fanden. Aber was hat Lampedusa mit Weihnachten zu tun?

An den europäischen Grenzen wird der Tod dieser Menschen, die vor Armut, Krieg und Verfolgung fliehen, immer wieder billigend in Kauf genommen. Ihr Leben scheint nichts zu zählen. Was auch würden sie uns bringen, außer höhere Sozialausgaben?

„Und was bringt mir das?“ Das ist ja oft unsere Frage, bevor wir uns auf irgendetwas einlassen. Auf ein neues Betriebssystem, eine kritische Kundin, den anderen Trainer, eine Predigt in der Kirche oder irgendeinen Verein. Was die Menschen ihm bringen, will auch der Kaiser Augustus in der Weihnachtsgeschichte wissen. Deshalb lässt er sie schätzen und einschätzen nach ihrem Geldbeutel und ihrer Steuerkraft. Josef und seine schwangere Maria müssen sich dazu auf den Weg von Nazareth nach Bethlehem machen, wie der Evangelist Lukas uns erzählt. Bis heute werden Menschen eingeschätzt und dabei oft ziemlich abschätzig behandelt. Wer wenig bringt und nicht viel zahlen kann, zählt auch nicht.

Aber bei Gott zählen wir, auch die kleinen Leute, die ganz unten leben und kaum etwas haben. Das lässt Gott uns in der Heiligen Nacht an der Krippe ausrichten. Während alles irgendwo unterwegs ist, Hirten bei der Arbeit auf dem Feld, einfache Leute auf der Suche nach einer Herberge und Steuerzahler auf dem Weg zur Volkszählung, macht auch Gott sich auf den Weg und legt sich als Kind in einen Futtertrog, zwischen Ochs und Esel und Schafe, in einfache Windeln verpackt. Ganz unten kommt er an, wo auch die einfachen Leute leben und zu Hause sind. Dort will Gott sich finden lassen.

Wo immer Menschen am Boden sind, angeschlagen, traurig, schwach oder bedroht, krank und sterbend, da ist Gott mit ihnen solidarisch. Wo wir uns ausgesetzt fühlen ohne festen Boden unter den Füßen wie in so einem Boot, das den Wellen kaum standhalten kann. „Euch ist heute der Heiland geboren“, sagt der Engel in der Weihnachtsgeschichte.

Wenige Tage nach der Heiligen Nacht müssen Maria und Josef mit dem Kind übrigens die Flucht ergreifen, um den Schergen des Königs Herodes zu entkommen, der dieses Kind gerne tot sehen würde. Jesus, selbst ein Flüchtlingskind, ist solidarisch mit denen, die auf der Flucht sind. Mit den Armen und politisch Bedrängten. Mit den Menschen ganz sicher auch, die in den überfüllten und ungesicherten Booten den Weg nach Lampedusa und von dort aus die Insel der Seligen suchen, wo sie arbeiten und leben können.

„Solidarisch?“ Das war im November das Motto der Friedensdekade, für die das Dekanat Schweinfurt bayernweit verantwortlich war. Wie weit ist es her mit unserer Solidarität, haben wir gefragt. Solidarisch sein meint, gemeinsam für das Notwendige eintreten. Und es ist notwendig, dass uns weltweit mehr Gerechtigkeit gelingt zwischen Arm und Reich. Das gelingt vermutlich nicht mithilfe von Zäunen und Mauern wie an den Grenzen Europas. Aber mit Gottes Hilfe könnte es gelingen, der sich seiner himmlischen Herrlichkeit entäußert und sich für eine Geburt in einfachsten Verhältnissen entscheidet. Damit kann uns der solidarische Gott den Weg weisen. Der neue Papst Franziskus scheint sich daran zu orientieren und gibt hier ein wirklich überzeugendes Beispiel.

Jesus jedenfalls, in dem sich der große Gott verbirgt, ist mit im Boot. Daran erinnert mich unsere kleine Krippe. Welch eine Wertschätzung Gottes ist das für uns, die großen und die kleinen Leute! Da werden die Kleinen groß geachtet, ohne die Großen deshalb gering zu schätzen. Sie treffen sich an der Krippe, arme Hirten und wohlhabende Herren, die etwas abzugeben und zu verschenken haben. Das bringt’s!

Wir singen dazu an Weihnachten:

Es kommt ein Schiff geladen bis an sein höchsten Bord,

trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewigs Wort.

Der Anker haft‘ auf Erden, da ist das Schiff am Land.

Das Wort will Fleisch uns werden, der Sohn ist uns gesandt.

Zu Bethlehem geboren im Stall ein Kindelein,

gibt sich für uns verloren; gelobet muss es sein.

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