Visitation - 1. Tag

Erstes Ergebnis: Musikalischer Reichtum im Lauertal und Zellergrund

Bläst lieber selbst den Marsch: Pfr. Dr. Wolfgang Weich präsentiert stolz sein Instrument

Poppenlauer, Volkershausen, Zell; Sonntag, 14. April 2013: Wenn Gottesdienstbesucher besucht werden! In der Auferstehungskirche zu Poppenlauer beginnt die achttägige Visitation von Dekan Oliver Bruckmann in den fünf Gemeinden des Lauertales sowie in den drei vom Zellergrund. Über sein genaues Vorhaben und vor allem seine Definition von Visitation wird er allerdings noch mehrfach Rede und Antwort stehen müssen.

Mit dem Ohrwurm „Highland Cathedral“ setzt der evangelische Posaunenchor (Leitung: Reiner Müller) gleich den ersten glanzvollen Akzent. Nach dieser Melodie ließe sich der 118. Psalm trefflich, zumindest auf Englisch, singen: “This is the Day which the Lord hath made. We will rejoice and be glad in it.” Ortsgeistlicher Pfr. Dr. Wolfgang Weich hat an diesem Festtag vornehmlich die Basstuba zu spielen und seinen Ehrengast zu begrüßen.

Es ist der Gute-Hirte-Sonntag, wo sich natürlich eine Festpredigt über das alte biblische Hirtenbild geradezu anbietet. Schweinfurts „Oberhirte“ betont vorsorglich gleich zu Beginn, dass es sich bei dem guten Hirten um Jesus und nicht etwa um ihn, den Dekan, handele. Auch die „Schafe“ vom Lauertal würden jenen wahren Hirten kennen und ihm folgen: „Es ist gut, wenn man Orientierung hat.“ Denn dann bedeute der Tod nicht das Aus und Vorbei: „Wir werden unser Ostern auch schon noch erleben.“ In Jesu Nachfolge zu stehen heiße konkret: vergeben, andere nicht festnageln, barmherzig untereinander und mit sich selbst sein, Lasten miteinander stemmen und vieles mehr.

Sodann erinnert der Dekan an die vor vier Jahren geschlossene Kooperationserklärung der fünf Lauertalgemeinden und an den erst vor wenigen Wochen erfolgten Zusammenschluss zu einer einzigen Pfarrei. Gerade dies sei ein aussagefähiges Zeugnis für den guten Hirten. Abschließend zollt der Dekan den „kleinen, aber nicht kleingläubigen Gemeinden, aufgereiht wie an einer Perlenkette“, seine Anerkennung, ebenso wie der im Lauertal starken Diakonie.

Ermutigt und gestärkt mit der Choralstrophe samt Bitte „Du guter Hirt, Herr Jesus Christ, steh deiner Kirche bei“, geht es am Nachmittag nach Volkershausen. Dort veranstaltet die evangelische Gemeinde im Sportheim bereits im vierten Jahr ein Frühlingskonzert, diesmal zugunsten der Außenrenovierung der Kirche. Und die Sonne zeigt sich tatsächlich kräftig und warm, als der Musikverein Maßbach (Leitung: Karl-Heinz Helmerich) in gediegener fränkischer Tracht einen bunten Strauß schmissiger Melodien, von böhmischen Polkas bis zu internationalen Märschen, serviert. In seinem Grußwort vor vollem Saal umreißt der Dekan stichwortartig den Zweck seiner Visitation: „hinhören, hinschauen, einander näher kennen lernen, miteinander beraten“.

Angesichts des straffen Besuchsprogramms an diesem und den kommenden sieben Tagen muss leider anschließend auf den „Kriminaltango“ verzichtet werden. Doch die Musik erweist sich als Brückenschlag hinüber zur letzten Visitationsstation am Abend: Im Mehrgenerationenhaus Zell hat Pfarrerin Valerie Ebert-Schewe ihre Mitarbeitenden zum Jahresempfang geladen. Diesmal wird unter Leitung von Marina Skrzybski gemeinsam lateinisch gesungen „Gaudeamus hodie“, aber dann auch der Rap-Hit von Cro zu Gehör gebracht: „Baby, bitte mach dir nie mehr Sorgen um Geld“. Dazu Pfrin. Ebert-Schewe in ihrer Andacht: „Schön wär’s, wenn wir mit Geld um uns werfen könnten“ – und sie präsentiert eine lange Liste von Investitions- und Renovierungsdesiderata in ihren drei Zellergrund-Gemeinden. Jedoch am Ende verweist sie auf die vertrauten Bergpredigtworte Jesu: „Sorget nicht um euer Leben …“. Der Reichtum bei Gott und das Vertrauen auf seine grenzenlose Liebe nehme die Angst davor, dass morgen zu wenig da sei. Sie dankt allen, dass sie an der Gemeinde mitgebaut und dadurch das Reich Gottes ein Stück weit erfahrbar gemacht haben.

Aber die Herleitung des Begriffes „Visitation“ von „Visite“, die Pfrin. Ebert-Schewe vornimmt – der Chefarzt schaut bei seinen Patienten nach dem Rechten –, korrigiert der Dekan denn doch: Sämtliche acht Gemeinden seien zwar relativ klein, aber nicht krank. Ihm sei daran gelegen, unterwegs zu den Menschen zu sein, „intensiver als sonst hinzuschauen“, viel über die Gemeinden zu erfahren und zu fragen: Wo drückt der Schuh? Insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien „ein unwahrscheinlicher Reichtum“. Hier zeige sich „die ganze Bandbreite von Gottes Schöpfung.“

Nach unterhaltsamen, weil toll inszenierten Sketchen der Jugendgruppe der Theatergruppe Madenhausen und noch mit dem Wechselbad an Melodien im Ohr kann Dekan Bruckmann sicher ganz zufrieden seinen ersten Visitationstag zu den Akten legen.