Verabschiedung von Pfarrerehepaar Judith und Michael Krauß

Zell, 21. Juni 2009. "Wer wird uns in Zukunft mit Honig versorgen?" Demonstrativ stellte Dekan Oliver Bruckmann sechs leere Pfundgläser auf dem Altar ab. Auf jeden Fall wird der von Pfarrer Krauß vertriebene Bienenhonig samt einer Abgabe für die Pfarrhausrenovierung der Dekansfamilie nun fehlen. Man könnte auch fragen: Wer fertigt nun einen der besten bzw. einen der meistgelesenen Gemeindebriefe des Dekanates Schweinfurt an?

Die Matthäuskirche in Zell war voll beim Abschiednehmen vom Pfarrerehepaar Krauß, das hier seine z.A.-Zeit (seit dem 1. März 2006) verbracht hatte und auch ordiniert worden war. Nun ziehen beide mit ihren hier geborenen Kindern Hanna und Friedrich weg - und zwar ganz in den bayerischen Süden: nach Sieksdorf bei Ruhpolding. Oft sei die erste eigene Gemeinde auch die erste Liebe, betonte der Dekan, doch dass in diesem Fall aus der Liebe keine feste Beziehung wurde, habe daran gelegen, dass Ehepaar Krauß "zu wenig Zeit für das an sich Wichtige" gefunden habe (s. den gleichnamigen Artikel in der "Presseschau"). Der Pfarrersberuf sei eben nicht immer ein Honigschlecken. Drei Kirchenvorstände, der Predigtverbund mit den Nachbargemeinden, die Verwaltung vieler Gebäude, die Pfarrhaussanierungsproblematik, Engagement im Zeller Kindergarten und das Mehrgenerationenhaus - all dies habe die Pfarrersleute Krauß stark beansprucht. Bruckmann wünschte den beiden, dass sie auf ihrer neuen Stelle mehr zu dem kommen mögen, was ihnen persönlich wichtig erscheine. Zugleich versprach der Dekan den verwaisten Gemeinden Zell, Weipoltshausen und Madenhausen, sich um eine rasche Nachfolgeregelung zu kümmern. Derweil  habe er in Pfarrerin Valerie Ebert-Schewe eine erfahrene, hauptamtliche  Vakanzvertreterin gefunden. 

Pfarrer Krauß hielt die unüberhörbar auf die Situation vor Ort anspielende Abschiedspredigt über Jesu Gleichnis vom großen Gastmahl (Lukas 14,15-24): Es antworte auf die Frage, wer in Jesu Augen die wahre Kirchengemeinde sei. Die von Jesus adressierte Kerngemeinde solle erkennen, wie sich aufgrund von Gottes Einladung auf einmal auch für sie "unangenehme Typen" in der Kirche breit machen und nun Wölfe und Lämmer zusammen an einem Tisch sitzen. Dies funktionere aber nur, wenn die Menschen aufeinander zugehen, einander vergeben können und bereit sind, neue Wege auszuprobieren. Dann wird es wirklich ein Fest der Freude und des Lebens. "Wo ein Mensch Vertrauen gibt ..."

Die Gitarrengruppe und der gemeindliche Kindergarten machten am stärksten auf sich aufmerksam. Aber auch die Konfirmanden und Konfirmierten wirkten mit durch eigens formulierte Gebetswünsche. In vielen Grußworten in der Kirche und draußen an den Kaffee- und Kuchenbuffetts wurde die unkonventionelle Art des Pfarrerehepaares gewürdigt. Zum Beispiel: "Sie haben Althergebrachtes jugendlich unbekümmert aus neuer Perspektive betrachtet", betonte die Bürgermeisterin von Üchtelhausen, Frau Birgit Göbhardt. Landessynodalin Renate Käser: "Sie haben Glaubensfragen aus anderer Sichtweise neu ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht." Und der Senior des Pfarrkapitels, Dr. Wolfgang Weich, stellte "die schönen, anregenden Predigten" des Paares, ihre "freundliche Ruhe" und die "erfrischenden, zur Diskussion herausfordernden Ideen" heraus. Den Weggang der Pfarrersleute Krauß ebenfalls bedauerrnd, aber zugleich die ihrer Meinung nach falsche "Politik" der Kirchenvorstände kritisierend, äußerte sich Prädikantin Ilse Vogel mit gewisser prophetischer Hoffnung: "Unter der Asche ist noch Glut."

 

     
   Legér, unkonventionell,authentisch: Pfarrerin u. Pfarrer Krauß      Während des letzten Gottesdienstes in Zell unter "ihrer" Kanzel  
     
                           Auszug mit Dekan Oliver Bruckmann   Auch sie war dabei: Pfarrerin Valerie Ebert-Schewe (l,) im Gespräch  

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