Neuerliche Auszeichnung für „Junge Stimmen Schweinfurt“
Schweinfurt, Sa. 20. Mai 2017. Was an diesem Samstagabend in der vollen St. Johanniskirche geboten wurde, war eigentlich kein „Festkonzert“ - so wie auf Plakat und Programmzettel tituliert -, sondern eine Preisverleihung: (allzu) viele Lobreden, untermalt bzw. unterbrochen von musikalischen Beiträgen.
Der Mädchenchor Junge Stimmen Schweinfurt erhielt den Förderpreis der Bücher-Dieckmeyer-Stiftung 2017 – und zwar „für herausragende Jugendarbeit“. Mit einem geistlichen Potpourri aus verschiedenen Stilepochen, vom 17. bis zum 21. Jh., auf Deutsch, Lateinisch und Englisch gesungen, sowohl a cappella als auch unter Klavierbegleitung, bedankten sich 28 Mädchen von 9-19 samt ihrer Leiterin KMD Andrea Balzer.
Stifterin Ingrid-Maria Bücher hat sich Kulturförderung zur Lebensaufgabe gemacht und ist in zahlreichen Verbänden engagiert. Ihre Stiftung hat sich speziell der Pflege der Kirchenmusik in Bayern verschrieben. Der Doppelname Bücher-Dieckmeyer beruht darauf, dass Frau Bücher damit auch ihrer Großeltern Dieckmeyer gedenkt, von denen sie schon im Alter von sechs Jahren musikalisch gefördert wurde. Nachhaltige Prägung erfuhr sie sodann vom begnadeten Dirigenten und Organisten Professor Karl Richter, in dessen Münchener Bach-Chor sie seit 1962 mitsang. Im Übrigen stammt das Stiftungsvermögen aus dem Verkauf des großelterlichen Grundstücks in ihrer Heimatstadt Leipzig.
Nunmehr sollte also zum ersten Mal ein Mädchenchor die Auszeichnung erhalten, und zwar der einzige Mädchenchor Bayerns in evangelischer Trägerschaft. Aber davor standen besagte Lobreden:
Oliver Bruckmann begann den Grußreigen in seiner Doppelfunktion als Dekan und Erster Vorsitzender des Fördervereins, sprich des Chorträgers „Junge Stimmen e.V.“: Die Auszeichnung sei sowohl für den Dekanatsbezirk als auch für den Verein eine große Ehre. Nun befinde sich der Mädchenchor in einer Reihe mit dem Münchener Bachchor, dem Windsbacher Knabenchor und den Regensburger Domspatzen. Denn sie alle zählten seit 1995 zu den Preisträgern. Ein Johann-Sebastian-Bach-Zitat zum Abschluss: „Bei einer andächtigen Musik ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart.“
Immerhin gibt es im Dekanat Schweinfurt schon einen Förder-Preisträger der Bücher-Dieckmeyer-Stiftung: Kirchenmusikdirektor und Komponist Gustav Gunsenheimer, der an diesem Tag als Gast anwesend war, hatte den Hauptpreis 1999 in der Rathausdiele erhalten. Schirmherrin damals war OB Gudrun Grieser.
Eigentlich selbstverständlich, dass auch dieses Mal Schweinfurts OB die Schirmherrschaft wahrnahm, zumal Sebastian Remelé dem A-Cappella-Chor persönlich sehr gewogen ist und ihm bereits den Kulturförderpreis der Stadt 2013 überreichen konnte (s. LINK: https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/was-kommt-nach-gold). Daran – und an den dazu einstimmig gefassten Stadtratsbeschluss – erinnerte er natürlich in seinem Grußwort. Ihn interessiere, was seitdem aus dem Ensemble, das er mit einem Engelchor verglich, geworden sei. „Frau Balzer, Sie haben die Erwartung im vollen Umfang erfüllt.“ Schweinfurt könne stolz darauf sein, dass nun die „Jungen Stimmen in einer Liga mit den Regensburger Domspatzen“ mitspielten. Diese Assoziation lag am letzten Bundesligaspieltag recht nahe.
Eigens ein Grußwort aus München überbrachte der neue (seit Februar 2017) Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Knörr. Insbesondere lobte er, dass der Chor jungen Menschen den Zugang zur Musica sacra ermögliche.
Anstelle des verhinderten Stiftungspräsidenten Dr. Berndt Jäger hielt sodann Vizepräsident Klaus Wirth die Laudatio: A cappella sei die „hohe Kunst des Gesangs“. Die Jungen Stimmen Schweinfurt hätten sich in die Herzen der Zuhörer gesungen mit ihrem breiten Repertoire-Spektrum von Gregorianik bis Jazz. „Ihr Ruf ist bis nach München gedrungen.“ Der Vorstand habe einstimmig votiert. Wirth wartete mit einem Goethe-Zitat aus „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ auf: „Ich erstrebe eine dreifache Ehrfurcht […]: Das erste ist die Ehrfurcht vor dem, was über uns ist, das zweite Ehrfurcht vor dem, was uns gleich ist, das dritte vor dem, was unter uns ist.“ Besonders hob er damit die erstaunlich geringe Fluktuation, m.a.W. die große Kontinuität im Chor hervor und dass sich die Sängerinnen soziale Kompetenzen erworben hätten, spürbar etwa in Gestalt gegenseitiger Rücksichtnahme: „Wer sich menschlich versteht, singt mit noch größerer Freude.“ Und nicht zu vergessen: die religiöse Haltung des Chors, also „die Ehrfurcht vor dem, was über uns ist.“ Wirth: „Musizieren zur Ehre Gottes ist wie ein gesungenes Gebet“ oder unter Berufung auf den Kirchenvater Augustinus: „Wer gut (!) singt, betet doppelt.“ Es folgte noch eine Luther-Sentenz.
Anschließend ergriff die Stifterin Ingrid-Maria Bücher das Wort und lobte - unter vielem anderen! - die gute Aussprache der Sängerinnen und dass sie alles auswendig vortragen würden. Und dann endlich die Preisverleihung. Viel Applaus und Standing Ovations!
Zwischen den Reden stellte immer wieder der Chor sein Können und „seine Preiswürdigkeit unter Beweis“ (so Frau Bücher): Bekanntes und Unbekanntes, samt und sonders aber keine leichten Partien, wurden vorgetragen – etwa vom italienischen Komponisten Antonio Lotti aus dem 18. Jh. oder aus der Feder der zeitgenössischen Briten John Rutter und Bob Chilcott. Letzterer schreibt Werke vorzugsweise für Kinderchöre; noch lange nachklingend etwa ein stilles, lang gedehntes „Kyrie eleison“ oder ein kräftiges „Amen“ aus seiner „Peace Mass“. Auch KMD Gunsenheimer wurde mit dem Vortrag seiner „Vaterunser“-Vertonung große Ehre gezollt.
Am Ende stand der Dank der Kirchenmusikdirektorin für die finanzielle und ideelle Unterstützung: Es tue gut, Lob, Anerkennung und Zustimmung zu erfahren, bekannte Balzer. „Wir sind alle ein Team.“ Dies brachte auch noch eines der bereits „großen“ Mädchen des Chors zum Ausdruck: Die Sängerinnen miteinander verbindenden Elemente seien: Spaß, Familie, Gemeinschaft und Erfahrung. In aller Namen bedankte es sich ebenfalls bei der Stiftung und bei der Chorleiterin: „Sie glaubt immer an uns, auch wenn‘s manchmal nicht so gut läuft“.
Immerhin eine Zugabe wurde dem Publikum noch gewährt: Das irische Segenslied “And until we meet again, may God hold you in the palm of his hand” stimmte richtig versöhnlich. Apropos: Über die Höhe des Preises wurde an diesem Abend nichts verlautbart, obwohl gerade dies brennend interessiert hätte.