Einweihung des Gemeindehauses der Kreuzkirche
Schweinfurt-Oberndorf, 26. Mai 2013 (Trinitatis). Ich weiß nicht, warum mir beim Anblick des neuen Gemeindehauses der Kreuzkirche in der Pfarrgasse immer nur der Walfisch aus dem Jona-Buch einfällt. Vielleicht sind es die einschlägigen Erinnerungen an eine Kinderbibelwoche von einst, wo wir alle durch ein riesiges Walfischmaul aus Pappmaschee ins Gemeindehaus klettern mussten.
Wie dem auch sei, - überraschenderweise wurde Jona am Einweihungstag allenfalls am Rande erwähnt. Die Offiziellen beschrieben vielmehr generell einen Fisch, dessen Form die moderne Dachkonstruktion aus Naturschiefer nachahmen soll. Innen besteht die Decke aus Weidengeflecht, das ein riesiges Fischnetz assoziiert.
Freilich begann zunächst der große Gemeindetag in der Kreuzkirche, nur einen Stein-, besser: einen Angelrutenwurf weit entfernt. In seiner Festpredigt nahm Dekan Oliver Bruckmann treffend auf das Erkennungszeichen der Urchristen, eben auf den Fisch, Bezug. Die fünf Buchstaben des griechischen Wortes Ichthys („Fisch“) verstanden die damaligen Glaubensinsider als Abkürzung von „Jesus Christus, Sohn Gottes, Retter“. Für den Dekan stellt darum das ganze Gemeindehaus ein Bekenntnis und „Sinnbild für die Gemeinde selbst“ dar: „Das ist die Aufgabe einer Gemeinde: dieses Bekenntnis zu leben, dass Jesus Christus der Sohn Gottes und der Retter der Welt ist.“
Dann ging Bruckmann, dem Dreieinigkeitskasus des Sonntags entsprechend, auf das apostolische Glaubensbekenntnis ein und zog wieder Verbindungslinien zu dem Neubau: „Die Freude am Leben und die Sorge für das Leben gehören zusammen, wo wir uns zum Schöpfer bekennen und ihn im Gemeindealltag loben. Das soll man sehen im neuen Gemeindehaus […], wie wir dort gemeinsam leben und miteinander umgehen, […] dass wir Schwestern und Brüder von diesem Jesus sind. […] Die gute Botschaft, das Evangelium, das uns antreibt und dort zusammenbringt, das soll von dort dann auch nach außen wirken. Es soll andere begeistern und ihnen zur Orientierung dienen“, kurzum: ein offenes Haus sein.
Im Anschluss an das trefflich passende Gemeindelied „Komm, bau ein Haus, das uns beschützt“ und an den mitreißenden Gospelchorbeitrag „O happy day“ fand eine Prozession zum Gemeindehaus um die Ecke und dort der zweite Teil des Gottesdienstes statt. Natürlich war keines der zahlreich erschienenen Gemeindeglieder happy über den Dauerregen, doch recht besehen fühlt sich eben ein Fisch nur in seinem nasskalten Element pudelwohl. Architekt Reinhold Jäcklein sagte später süffisant: „Wenn man einen Fisch einweiht, muss es sogar regnen.“
Beeindruckend seine feierliche Schlüsselübergabe mit Aufsperrerlaubnis an die Hausherrin Pfarrerin Christhild Grafe sowie an den Dekan. Nach Einweihungsgebet und gemeinsamem Vaterunser strömten sofort alle ins trockene Innere. Es zeigte sich, dass für eine solch überdimensionierte Veranstaltung der Gemeindesaal, obwohl durch die zurückgezogene Faltwand von 60 auf 100 Quadratmeter erweitert, einfach zu klein ist. Denn die Kleinen vom direkt gegenüber gelegenen Evangelischen Kindergarten waren von den hinteren Stehplätzen nur zu hören: „Herzlich willkommen, ihr vielen Leute; in unserem Gemeindehaus begrüßen wir euch heute“, sangen sie und überbrachten dem Haus Wünsche wie, dass es immer gesund und sauber bleiben, viele Gäste sehen und ganz alt werden und es ja nicht reinregnen möge.
Architekt Jäcklein betonte in seinem Grußwort, dass für ihn die Planung von Sakralbauten zum Anspruchsvollsten zähle. Er hatte 2011 den Architektenwettbewerb mit einem gerade nicht elitären Entwurf gewonnen. Stattdessen legte er sein Augenmerk auf Raum für Begegnung und Kommunikation und achtete auf natürliche Baumaterialien, ökologische Wärmedämmung und selbstverständlich auf Barrierefreiheit, was immerhin fast eine Million Euro, angeblich inklusive Grund und Boden, kostete.
Schweinfurts Dritte Bürgermeisterin Kathi Petersen schwärmte vom „ausgesprochen gut gelungenen“ Haus, das gerade kein bloßer Zweckbau sei. „Es drängt sich nicht auf“ und „bietet Raum für Entfaltung“. Sie wünschte, es möge in ihm schon etwas spürbar werden vom „Himmel, der uns blüht“.
Ähnlich formulierte es Stephan Niemeyer, Kirchenvorsteher von der Auferstehungskirchengemeinde am Bergl, der inzwischen bereits über 50 Jahre alten „Tochter der Kreuzkirche“: „Wer sich von Gott rufen lässt, kann schon einen kleinen Hauch vom Paradies auf Erden erleben. Wo Gott mit einzieht, da ist etwas los – und nicht nur heute.“ Pfrin. Grafes katholischer Kollege Bernhard Öchsner (Christkönig/St. Josef), erinnerte an den wunderbaren Fischzug des Petrus auf Geheiß des auferstandenen Jesus: Mögen auch im neuen Gemeindehaus möglichst viele „Fische an Land gezogen werden“.
Dem KV-Vertrauensmann der Kreuzkirche, Alfred Kritzner, blieb es vorbehalten, noch einmal die Baugeschichte zu rekapitulieren und allen an der Realisierung Beteiligten zu danken. Schon „Generationen von Kirchenvorstehern“ hätten dies angedacht: nicht das alte Gemeindehaus an der Ernst-Sachs-Straße, das einfach nicht mehr zukunftsfähig gewesen sei, zu sanieren, auch wenn „viel Herzblut daran hing“, sondern ein neues zu bauen. Vor über 20 Jahren begann daher schon die Rücklagenbildung, bald danach die Standortsuche; dazwischen – ausgerechnet in der Pfarrer-Vakanzzeit – fand eine Gemeindeberatung statt. Die eigentliche Bauzeit hat dagegen nur zehn Monate betragen. Unter den vielen Namen der Bauprotagonisten nannte Kritzner lobend die der Geistlichen Raßdörfer, Rosa und Grafe, die Dekane Luithardt und Bruckmann, von der Gesamtkirchenverwaltung Dagmar Kohlmeyer und ihr damaliger Stellvertreter Rüdiger Thiel sowie Berta Öhring, deren Haus dem Neubau weichen musste. Überhaupt würden alle Gemeindeglieder die lebendigen Steine dieses Baus bilden!
Mit Sekt und einem Hochzeitsessen wurde danach der Festbetrieb aufgenommen. Offenbar hat das fischartige Gebäude noch keinen Namen. Warum nicht „Haus Jona“? Denn irgendwie lässt der Prophet grüßen.