Schweinfurt. Es ist so: Die Geschichte der Brasilientage begann in Schweinfurt. Im November 1996 fand hier eine Brasilienkonsultation des Fachausschusses Lateinamerika statt. Es folgte 1997 der erste Brasilientag der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) - und nun am 17. März 2007 der elfte wieder im Evangelischen Gemeindehaus in der Friedenstraße. Immerhin steht mit Schweinfurt ein ganzes Dekanat und nicht nur eine Gemeinde in der Partnerschaftsarbeit - und zwar mit evangelisch-lutherischen Gemeinden in Rio de Janeiro. Dort im Stadtteil Ipanema unterstützt das Dekanat auch ein Sozialprojekt: die Kindertagesstätte Creche Bom Samaritano. Zudem versieht mit Frau Dr. Tais K. Strelow seit Nov. 2005 eine brasilianische Pfarrerin ihren Dienst in Schweinfurt an der St. Johannis- und St Salvator-Kirche.
Grundkenntnisse über Brasilien und die dortige Evang. Kirche
Zuerst einige Zahlen und Fakten: Brasilien, das fünftgrößte Land der Erde, ist 24mal so groß wie Deutschland, zählt aber "nur" doppelt so viele Einwohner (167 Mio.). Sao Paulo ist - nach Tokio - zweitgrößte Stadt der Welt (21 Mio. Einwohner). Jeder vierte Brasilianer lebt in völliger Armut. 25 Mio. Menschen existieren in den Favelas der Großstädte. 1824 sind die ersten deutschen Auswanderer an Land gegangen. Sodann gab es zwischen 1875 und 1914 deutsche Einwanderungswellen in Brasilien - besonders in den südlichen Staaten Rio Grande do Sul, Santa Catarina und Paraná. Bereits 1897 erfolgte aus Bayern die Entsendung des ersten evangelischen Pfarrers (Otto Kuhr) nach Brasilien. Der Anteil der dortigen Katholiken, die einst 100% ausmachten, ist im Laufe der Zeit auf unter 80% gesunken. Die evangelischen Gemeinden schlossen sich zu vier unabhängigen Synoden, diese wiederum 1949 zu einem Synodalverband zusammen, aus welchem 1968 die "Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (EKLBB oder portugiesisch IECLB: Igreja Evangélica de Confissão Luterana no Brasil) hervorging. Damals waren noch 80 Prozent ihrer Geistlichen Nicht-Brasilianer! Kirchenpräsident der inzwischen auf 18 Synoden, 475 Pfarreien und 715.000 Mitglieder angewachsenen IECLB ist Prof. Dr. Walter Altmann mit Sitz in Porto Alegro. Eine eigene theologische Hochschule befindet sich in Sao Leopoldo. Zwischen IECLB und ELKB wurde 1980 eine "Partnerschaftsvereinbarung" geschlossen. Gegenwärtig befinden sich aus Bayern drei Pfarrer und drei freiwillige Mitarbeiter in Brasilien; aus ganz Deutschland sind es 27 Pfarrer. Das "deutsche" Standbein ist demnach kaum mehr von Bedeutung. Seit drei Jahrzehnten arbeiten im Rahmen eines Austauschprogrammes auch brasilianische Pfarrer und Pfarrerinnen in Bayern. Seit 1987 besteht zwischen dem Dekanat Schweinfurt und vier evangelischen Gemeinden in Ro de Janeiro eine Partnerschaft (s. Chronologie).
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Bilderbuchland Brasilien - ohne Schattenseiten? | Brasilien umfasst die Hälfte des südamerikanischen Kontinentes |
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           Grußwort von Dekan Bruckmann |  Andacht von Pfarrerin Grafe; neben ihr: Pfr. Mauro A. Schwalm |
Bayernweit waren zum Brasilientag etwa 80 Interessierte angereist, vor allem Delegationen aus Sulzbach-Rosenberg, Odelzhausen (bei Dachau) und Schwaig (bei Nürnberg), um ihre Partnerschaftsarbeit in Bild und Ton zu präsentieren, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen und neue Motivationen und Perspektiven zu empfangen. Immer wieder animierten brasilianische Austauschstudierende mit ihren Instrumenten das Plenum zum Mitsingen einprägsamer, schmissiger brasilianischer Weisen.
Dekan Oliver Bruckmann eröffnete das Beisammensein mit einem Grußwort.: Das Evangelium besitze weltweite Kraft. Darum seien wir für uns nur ein Teil der Welt, der Geschichte und des Leibes Christi. Vernetzung mache Sinn: Es sei wichtig, dass wir Partner haben und zugleich Partner seien.
Die Dekanatsmissionsbeauftragte Pfarrerin Christhild Grafe/St. Johannis hielt eine Andacht über ein Foto mit der eingerüsteten Christus-Statue auf dem Corcovado bei Rio. So wie bei dem Gerüst kein einziger Teil fehlen dürfe, so bedürfe es auch in der Partnerschaftsarbeit mit Brasilien vielfältiger Verbindungen. Doch ohne die Christus-Figur bräuchte es gar kein Gerüst. Übertragen: Christus ist unser Zusammenhalt. Er bewirkt Partnerschaft.
Sodann hielt die brasilianische Diakonin Ingrit Vogt (IECLB) den Hauptvortrag zum Thema "Vernetzte Zukunft?! Entwicklungs- und Partnerschaftsarbeit am Beispiel Brasilien". Natürlich lag das Bild vom Netz nahe: Vernetzung zeugt von demokratischen Strukturen. Partnerschaft zielt auf Gleichberechtigung und Selbstständigkeit aller Partner und darf daher nicht mit Patenschaft im Sinne von Unmündigkeit und Abhängigkeit eines Partners verwechselt werden. Partnerschaft bedeutet aber auch nicht Gleichmacherei, sondern muss auf gleicher Augenhöhe erfolgen, ohne dabei die (z. B. sozialen) Unterschiede zu verwischen. Sie ist ein Lernprozess, der Geduld und Kontinuität erfordert.
Am Nachmittag nahm der Brasilien-Referent im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Herr Oberkirchenrat Peter Weigand/Hannover, eine Bestandsaufnahme der Partnerschaft zwischen EKD und IECLB vor. Einerseits betonte er die gelungene Partnerschaftspolitik: Die Partnerkirche sei von uns nicht mehr personell abhängig. Andererseits machte er auf das Problem der finanziellen Abhängigkeit aufmerksam: Die brasilianischen Gemeinden sind freikirchlich strukturiert, bilden mithin eine "Freiwilligkeitskirche", in der die jeweilige Ortsgemeinde die tragende Säule darstellt. Dagegen wird die Verpflichtung zu Gemeinschaftsaufgaben für Dritte - wie Mission, Ausbildung, Diakonie - kaum wahrgenommen. Hier stehen nur 8% aus Eigenmitteln 64% Unterstützung allein aus der bayerischen Landeskirche gegenüber. Insgesamt beträgt die Zuweisung aus bundesdeutschen "Töpfen" 2 Mio. Euro jährlich. Die knapper werden finanziellen Mittel unserer Landeskirchen werden in naher Zukunft Partnerschaft und Weggemeinschaft stärker herausfordern.
Als letzter auf der Rednerliste stellte der Lateinamerika-Beauftragte der bayerischen Landeskirche Kirchenrat Wolfgang Döbrich das erst seit Januar 2007 bestehende Centrum für Partnerschaft, Entwicklung und Mission - kurz: "Mission EineWelt" - vor, an das nun auch seine Stelle (sowie das Missionswerk und der Kirchliche Entwicklungsdienst) angegliedert ist. Dort in Neuendettelsau hatte 1853 Pfarrer Wilhelm Löhe das spätere Missions- und Diasporaseminar gegründet, das seit 1972 bis Ende 2006 als Missionswerk der ELKB firmierte. Döbrichs theologisches Fazit lautete: Partnerschaftsarbeit trägt Verantwortung für die Durchsetzung der einen, heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche in der Welt. Ziel ist die weltweite Communio als Vision von Kirche.
Dr. Siegfried Bergler
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Referentin Ingrit Vogt; daneben Moderator des Treffens Pfr. Hans Zeller/Schwaig | Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Â Kreative Teilnehmerinnen und Teilnehmer |
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               Von der EKD: OKR Peter Weigand     |                          Kirchenrat Wolfgang Döbrich aus Bayern |
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