Paradies mit Schönheitsfehlern

Partnerschaftsreise des evangelischen Dekanates Schweinfurt nach Rio de Janeiro

Partnerbesuch in Rio 2008

   
 Erkennen Sie den kleinen Unterschied zwischen Schweinfurt ...  und Rio ?

 

Schweinfurt, Aug. 2008. Wer den Stadtnamen Rio hört, denkt sofort an den Zuckerhut, an Karneval und an die endlosen weißen Strände Copacabana und Ipanema. Es gibt aber auch ein anderes Rio, das die fünfköpfige Delegation unseres evangelisch-lutherischen Dekanates Schweinfurt hautnah erleben durfte. Bekanntlich pflegt das Dekanat seit mittlerweile 21 Jahren eine Partnerschaft mit vier evangelisch-lutherischen Gemeinden in Rio, der mit fast 12 Millionen Einwohnern in der Metropolregion zweitgrößten Stadt Brasiliens.
Nachdem vor zwei Jahren eine Gruppe von dort zu Besuch in Unterfranken weilte, fand vom 27. Juli bis zum 15. August 2008 der Gegenbesuch statt. Zur Delegation gehörten Pfr. Walter Neunhoeffer, der stellvertretende Dekan von Schweinfurt, die Dekanatsmissionsbeauftragte Renate Käser, die brasilianische Austauschpfarrerin in Schweinfurt Dr. Tais Strelow, die Missionsbeauftragte Cornelia Bickel aus Volkershausen und Astrid Wilde, Frau des Erlöserkirchenpfarrers Jochen Wilde, die die Bad Kissinger Gemeinde repräsentierte. Ziel der fast dreiwöchigen Reise war es, die Lebenswirklichkeit der Partner kennen zu lernen, teilzuhaben an ihren Sorgen, gemeinsame Gottesdienste zu feiern,  Erfahrungen auszutauschen sowie sozialdiakonische Projekte vor Ort zu besichtigen und zu fördern. Die historischen Wurzeln der Gemeinden reichen bis 1827 zurück, als die ersten deutschen Einwanderer brasilianischen Boden betraten. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bilden jedoch die Lutheraner bis heute eine absolute Minderheit. Sämtliche Rio-Gemeinden zählen nur knapp 1000 Mitglieder!
Auf einer Pressekonferenz schilderten die Reiseteilnehmer nach ihrer Rückkehr ihre ambivalenten Eindrücke: Einerseits seien Stadt und Umland aus touristischem Blick ein wahres Paradies, wovon sie sich bei ihren Ausflügen zu Rios Wahrzeichen, dem Zuckerhut, und auf  den Gipfel des Corcovado mit der weltberühmten 38 Meter hohen Christusfigur überzeugen konnten. Andererseits stelle Rio mit Insider-Augen betrachtet ein „Pulverfass“ dar. Angst als Lebensgefühl begleite die Menschen auf ihrem Weg durch die Stadt. Korruption und Bandenkriminalität nähmen zu. Die Mordrate sei dreißig Mal höher als in Deutschland. Weiße wohnten wie in Gettos, abgeschirmt durch Zäune und Schranken, beschützt durch bewaffnete Wachposten. Dagegen regiere in den Armenvierteln, den Favelas, wo 80 Prozent der Bevölkerung lebten, die Mafia. Die Gruppe konnte nur unter Führung eines Gewährsmannes eine dieser illegalen Siedlungen an den Berghängen Rios betreten. Frau Wilde: „Man kann es sich nicht vorstellen.“
Neben Gesprächen auch mit Vertretern des Stadtrates bildete das Sozialzentrum „Creche Bom Samaritano“, der Kinderhort zum guten Samariter, im Stadtteil Ipanema einen weiteren Besuchsschwerpunkt. Das Dekanat Schweinfurt unterstützt ihn mit jährlich 15.000 Euro. Dort werden 100 Kinder, „die Ärmsten der Armen“ aus der angrenzenden Favela Cantagalo, betreut. Sie erhalten drei Mahlzeiten täglich, lernen Lesen und Schreiben und bekommen christliche Werte vermittelt, was ihnen Möglichkeiten zur späteren Berufsausbildung und auf ein selbst bestimmtes Leben eröffnet.
„Ein Herr – ein Auftrag – viele Gaben“. Unter diesem Motto stand die Reise. Symbolisch überreichten die Besucher aus Schweinfurt ihren Gastgebergemeinden je ein Holzkreuz. Sie brachten damit die weltweite Verbundenheit der Christen in Christus, aber auch ihre geschwisterliche Verpflichtung füreinander zum Ausdruck.

S. B.

 

 
 Rio de Janeiro:  PARADIES  und PULVERFASS
   
Pastor Mozart Joa de Noronha Melo/Bom Samaritano-Gemeinde                          Er führte die Gruppe heil durch die Favela
   
   Kreuzübergabe nach Powerpoint-Präsentation des Dekanates SW            Verordneter Mittagsschlaf im Kinderheim Bom Samaritano
   
                                  Auf der Piste ins Hinterland                              Aber sie haben trotzdem gut lachen

Fotos: Archiv der Brasiliengruppe (m.f.G.)