60 Jahre Posaunenchor Niederwerrn
Niederwerrn, So. 30. März 2014. Der Sonntag Laetare („Freut euch“) gilt auch als „kleines Ostern“, als „Halbzeit in der Passionszeit“. Da darf nicht nur, da muss sogar ein Gloria angestimmt werden, obwohl liturgisch eigentlich nicht zulässig: „Gloria sei dir gesungen“. „Muss“ auch deshalb, weil der Posaunenchor Niederwerrn an diesem Sonntag sein 60-jähriges Bestehen feierte. Wenn das kein Grund zur Freude und zum Fastenbrechen ist!
Franz Lauerbach, ehemaliger Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Schweinfurt, ist gebürtiger Niederwerrner und war damals bei der Gründung dabei: als sich junge Männer zusammentaten und Instrumente kauften, - Lauerbach ein Flügelhorn, das er noch heute besitzt. Kurrende blasend sei man von Haus zu Haus gezogen. „Musizieren zur Liebe und Ehre Gottes“, das war damals und ist noch heute das Motto der Posaunisten.
Franz Lauerbach sitzt in der Niederwerrner Dorfkirche in der ersten Reihe der Ehrengäste, neben ihm Ortsbürgermeister Peter Seifert, direkt vor ihm der 22-köpfige Posaunenchor, gemischt aus Jung und Älter, heutzutage in selbstverständlich paritätisch weiblich-männlicher Zusammensetzung. Kräftig und frisch, genauso wie in der Gründerzeit vor 60 Jahren, wirkt er noch heute.
Anne Kupfer, auch Organistin, Gemeindesekretärin und seit langem die Chorleiterin, gibt das Zeichen zur akkuraten Intonation. Natürlich dürfen in diesem Festgottesdienst zum Jubiläum die passenden Choräle wie „Herr Gott, wir danken dir mit Orgeln und Trompeten“ oder „Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre“ nicht fehlen – im vollen Gotteshaus ein voluminöses Hörerlebnis. Stimmig dazu betet Gemeindepfarrerin Grit Plößel Psalm 150, wo ein Beter ebenfalls Gott „mit Posaunen, Harfen, Pauken und Reigen“ lobt.
Plößel wird mehrfach dem Posaunenchor mit seiner Leiterin ihren Dank „für den treuen Dienst“ aussprechen. Er habe oft genug das Evangelium auf seine Weise verkündigt, sagt sie und schwärmt auf der Kanzel von ihrer Teilnahme an Kirchentagen: Wenn Hunderte oder gar Tausende die Kirchentagsfanfare blasen, „dann kriege ich jedes Mal Gänsehaut!“.
Die Pfarrerin predigt über das Jesus-Wort vom Weizenkorn, das in die Erde fallen und sterben muss, um viel Frucht zu bringen (Johannes 12,24). Das Besondere und Unerwartete an Jesus sei gewesen, dass er seinen Weg ins Leiden, in den Tod ging. Wurde damit nicht Gott Macht in Frage gestellt? Nein. Denn der Evangelist Johannes denke das Leiden mit der Verherrlichung Jesu zusammen: „Gott schafft mitten im Tod neues Leben.“ Diese Hoffnung trage uns im Leben und lasse uns im eigenen Leiden Kraft schöpfen – auch im Wissen darum, dass Jesus nahe sei.Â
Am Predigtende kam Plößel noch einmal auf den Posaunenchor zu sprechen: Natürlich könne jede und jeder für sich allein spielen, aber das würde monoton klingen. Erst das Miteinander ergebe ein lebendiges, harmonisches Ganzes. Entsprechend gehöre es zum Christsein dazu, auf den anderen zu schauen, mit ihm Talente zu teilen und eben gemeinsam den Weg mit Jesus zu gehen.
Vor dem Altar würdigte Grit Plößel die Arbeit von Anne Kupfer, die ihrerseits den Dank an den Chor weiterreichte. Man durfte auf das große Festkonzert am Nachmittag gespannt sein, an dem sich hundert BläserInnen aus dem ganzen Dekanat einfinden und mit den Niederwerrnern mit einstimmen würden. Wetten, dass auch Franz Lauerbach, der Mann der ersten Stunde, wieder ganz vorne mit dabei war!
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Und was die Presse schrieb:
Gottlob, dass es diese Posaunisten gibt
„Gott loben ist unser Amt“ – Der Wahlspruch des Evangelischen Posaunenchors schmückt in großen Lettern die Wand des Niederwerrner Gemeindezentrums beim Bläsernachmittag zum 60. Geburtstag. […]
Die Tradition selbst reicht tief ins Mittelalter zurück, wo Turmbläser ihr Dorf vor Bränden und heranrückenden Feinden gewarnt hatten. Gegründet wurde der Chor von Karl Foitzik, heute Professor, renommierter Theologe und Religionspädagoge, ein Wegbereiter der Jugendarbeit in der evangelischen Landeskirche. Damals verpflichtete er neun junge Burschen, mindestens ein Jahr im künftigen Chor mitzublasen. Daraus entwickelte sich eine echte Niederwerrner Institution, einer von 900 Chören in Bayern. Mittlerweile stellen Bläserinnen ein Drittel in der einstigen Männerdomäne. […]
Die Altersspanne reicht von zehn bis 79 Jahren, geprobt wird wöchentlich im Martin-Luther-Haus, der Chor bringt es auf bis zu 30 Auftritte im Jahr. […]
Pfarrerin Grit Plößel bedankte sich im Gemeindezentrum beim Posaunenchor, er helfe musikalisch „Wege zum Glauben zu finden“. Obmann Herbert Spiegel gab den Dank an den 101 Jahre alten Evangelischen Frauenverein weiter für die Mithilfe bei der Gestaltung des Bläsernachmittags sowie an Dieter Trapp für die Bühnendekoration.
Bürgermeister Peter Seifert erinnerte an manch würdevolle musikalische Umrahmung, sowohl zu Advent wie am Volkstrauertag, außerdem an die „hervorragende Jugendarbeit“. […] „Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Schüren der Flamme“, für Nachwuchs sei zum Glück gesorgt.
Ralf Tochtermann überreichte als Landesposaunenwart eine Ehrenurkunde, weitere Grüße kamen unter anderem von Dekan Oliver Bruckmann, der Kinderkrippe „Purzelbaum“ und befreundeten Vereinen. Musiziert werden durfte natürlich auch, an die 100 Posaunenbläser aus Schweinfurt und dem Dekanat sowie der Bezirkschor waren versammelt. Niederwerrns Jungbläser präsentierten moderne, fetzige Stücke, von „Yesterday“ über den „Kleinen Grünen Kaktus“ bis hin zu „Blowing in the wind“ von Bob Dylan. […]
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 4. 4. 2014, S. 40; Pressetext: Uwe Eichler)
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