Schulbesuch der kda-Sozialsekretärin
Im April war ich zu Gast im Religionsunterricht in einer Schule in Schweinfurt. Die Jugendlichen beenden im Sommer ihre Schulzeit. Für fast alle lautet die Frage: Welchen Weg gehst Du?
Warum? Weil diese Schülerinnen und Schüler nicht den heutigen Anforderungen des Arbeitsmarktes, weder in der Industrie noch im Handwerk, „entsprechen“. Sie haben bzw. hatten die Möglichkeit, an einer lernfördernden Schule ihre Schulzeit zu absolvieren. An einem Tag in der Woche haben sie einen „Praktikumstag“. Dabei lernen sie die „normale Arbeitswelt“ kennen: zum Beispiel im Pflegebereich, im Handel oder in der Gastronomie. Natürlich, Traumberufe haben auch sie: Kfz-Schlosser, Maler- und Lackiererin, Altenpflegerin, Mechaniker. Einige jobben bereits, da sie sich ihr Taschengeld selber verdienen müssen. „Das war bei uns früher auch so“; höre ich Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sagen. Aber diese Jugendlichen haben es im Leben noch schwerer als Jugendliche, die zumindest die Hauptschule besuchen und diese mit einer Abschlussprüfung beenden.
Die Ausgangsfrage war: Was tun Sozialsekretäre oder Betriebsseelsorger und wohin kann ich mich wenden, wenn ich in der Ausbildung „fest-stecke“ oder nicht weiß, wie ich mich richtig verhalten soll? Können mir die arbeitsweltlichen Dienste der Kirchen helfen? Und was hat Jugendschutz mit Religion zu tun oder umgekehrt?
Es war ein guter Zeitpunkt: Verkaufsoffene Sonntage gibt es im Frühjahr erfahrungsgemäß einige in der Region. Der Schutz des Sonntags nicht nur als biblischer oder religiöser Grundsatz, sondern auch in der Praxis als Schutz für Jugendliche - da kamen wir schnell in ein interessantes Thema. Einige Jugendliche berichteten von ihrem Einsatz und den Erlebnissen im Praktikum oder als „Jobber“. Was neu für sie war, dass es Arbeitsschutzgesetze gibt, z.B. das Jugendschutzgesetz, das Arbeitszeitrechtsgesetz, ein Recht auf Pausen. Und daneben: ein „Recht auf Fragen“. Ein „Recht auf Fragen“? – Ja, diese Jugendlichen, die es im Leben nicht einfach haben, trauen sich oft nicht zu sagen, dass sie eine Aufgabe nicht verstanden haben oder gar zu hinterfragen.
Manche Jugendliche finden diesen regelmäßig wöchentlich stattfindenden „Arbeitstag“ als „lästig“. Sie können sich noch gar nicht vorstellen, mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres jeden Tag arbeiten gehen zu müssen, ein berufsvorbereitendes Jahr zu absolvieren oder die Berufsschulpflicht zu erfüllen. Einige brachten ihren Frust deutlich darüber zum Ausdruck, dass sie mehrere Bewerbungen geschrieben haben – und keine Antworten von den Firmen erhielten. Und sie machten sich schon Gedanken darüber, dass es einen „Fachkräftemangel“ gibt, sie nicht einmal die Chance haben auf einen Ausbildungsplatz.
Am Ende der jeweiligen Schulstunden sprach ich den Jugendlichen Mut zu, sich selbst auf den Weg zu machen, sich Rat und Hilfen zu holen. Dazu ermutigten sie auch ihre Lehrerinnen. Und nach dem Verlassen der Schule wurde mir noch einmal deutlich, wie unsere Arbeits-Gesellschaft mit Menschen umgeht, die sich bemühen, in ihrem Leben Fuß zu fassen. Die auf Antworten warten. Die unsicher sind, was ihnen die Zukunft bringen wird. Die erst ganz langsam begreifen, dass das Leben „kein Wunschkonzert“ ist und die schillernden Fernsehserien nichts als Luft. Diese Jugendlichen brauchen eine Chance, sich ins Erwachsenenleben entwickeln zu können.
Meine Idee dabei ist, berufserfahrene Menschen unterschiedlichen Alters als Mentoren mit diesen Jugendlichen in Kontakt zu bringen. Aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich dieser schwierigen Aufgabe stellen, Zeit investieren und Lust haben auf Jugendliche, die durch unsere gesellschaftlichen Vorstellungs- und Anspruchsmuster fallen. Sind Sie interessiert, sprechen Sie mich an – ich freue mich auf Ihren Kontakt.
Evi Pohl / Sozialsekretärin