Festlicher Dekanatsempfang für die Gäste aus Brasilien
Schweinfurt, Martin-Luther-Haus, Fr. 25. Juli 2014. Dekanatsempfang für die brasilianischen Gäste war angesagt, laut Voranzeige „ein kulinarisches, kommunikatives und informatives Fest“. Dazu waren aus den 27 Dekanatsgemeinden die Missionsbeauftragten eingeladen. Alle waren somit an diesem Abend Gäste.
Und das Vorbereitungsteam hatte nicht zu viel versprochen. Bereits den ganzen Nachmittag über hörte man das Rücken von Tischen, die gedeckt und liebevoll mit kleinen Blumenvasen dekoriert wurden. Bald zog auch schon exotischer, würziger Essensduft durchs Gemeindehaus, und musikalische Wohllaute, vor allem von Lélias Querflöte, drangen ans Ohr. Lélia Brazil Protasio Dias des Oliveira ist Musiklehrerin und engagiert sich dementsprechend in der Bom Samaritano-Gemeinde.
Die siebenköpfige Gruppe eröffnete den Abend mit einem portugiesischen Begrüßungslied: „Wir kommen an“. Das Plenum durfte aber auch gleich in den Ohrwurm „Cantai ao Senhor um cântico novo” mit einstimmen. Dafür hatte sich eigens ein instrumentales Quintett konstituiert: natürlich bestückt mit Lélia Brazil und Pastor Rolf Rieck (Gitarre), sodann mit dem Schweinfurter Peruaner Juan Osorio (Gitarre) und den Pfarrern Dr. Wolfgang Weich sowie Manfred Herbert (beide Geige).
Auf diese Warm-up-Phase folgte der informative Teil, eine professionell produzierte, mit heißen brasilianischen Rhythmen unterlegte Powerpoint-Präsentation, ja zum Teil sogar eine richtige Animation über die Zwölf-Millionen Metropole Rio de Janeiro: ihre Sehenswürdigkeiten, doch auch ihre Schattenseiten: der Kontrast zwischen Arm und Reich, das Leben auf der Straße und in den Favelas.
Jede der vier lutherischen Gemeinden Rios stellte sich in Bildern und Videoclips vor: ihr kirchlich-gottesdienstliches Leben, die bestehenden Gruppen und Kreise, das Feiern von Festen und Jubiläen auf dem Lebensweg. Auch die Creche präsentierte sich: wie sich die 100 Kinder in der Tagesstätte kreativ betätigen, spielen, essen und am Nachmittag auf Matten schlafen.
Weitere Schwerpunkte wurden gelegt auf die Martin-Luther-Parochie im Zentrum, da sie die älteste evangelisch-lutherische Gemeinde Rios – seit 187 Jahren existent – ist, und auf den Außenort Rio das Ostras, rund 150 Kilometer von Rio entfernt. Denn dort hat Pastor Francisco Soares dos Santos ein missionarisches Projekt initiiert: projeto educar pela paz (PEPP), der Friedenserziehung dienend. Über Hip Hop, Breakdance und Rap, aber auch über Schach- und Theaterspiel kommen Jugendliche miteinander ins Gespräch, planen gewaltfreie Aktionen und erhalten sozusagen auf tänzerisch-spielerisch-kreative Weise auch das Evangelium vermittelt. Pastor Francisco plant, dieses Projekt in seiner Rio-Gemeinde Esperanḉa im Stadtteil Niteroi weiterzuführen.
Dann sangen die Gäste wieder ein allen zu Herzen gehendes Lied: „Momento novo“, worin es um den neuen Moment ging, den Gott uns schenken will.
Endlich wurde das brasilianische Essen, das nicht zuletzt wegen dem Einweichen von schwarzen Bohnen besagt langen Vorlauf hatte, aufgetragen. Laut Pastor Rieck hießen die drei offerierten Gänge: Feijoada, Farofa de Mandioca und als Nachtisch Cuscuz de Tapioca. Jede und jeder möge bitte selbst die Inkredienzen googeln. In der Kombination mit deutschen Bratwürsten ergab sich jedenfalls ein vorzüglicher Geschmack. Alle wurden garantiert satt.
In seinem Grußwort betonte Dekan Oliver Bruckmann, dass diese lang gewachsene Partnerschaft „eine wichtige Sache“ sei – sowohl für das Dekanat und dessen Gemeinden als auch für die hier ansässigen Dienste und Werke. Jeder sei (nur) ein Teil des Ganzen, der weltweiten Kirche. Der Dekan tat auch seine persönliche, zurückhaltende Meinung zur Fußballweltmeisterschaft in Brasilien kund – dies aufgrund der sozialen Unruhen im Vorfeld und der immensen Kosten für den Stadienbau. Er habe sich jedenfalls nicht so recht über den hohen deutschen Sieg über Brasilien freuen können.
Gruppensprecher Pastor Rieck korrigierte diese Sicht, indem er betonte, wie sehr man sich in Brasilien über den deutschen Sieg über Argentinien gefreut habe. Rieck dankte seinerseits „für die gesegnete Partnerschaft“. Die deutschstämmigen Einwanderer hätten vor 190 Jahren vor allem das Gesangbuch, die Bibel und viel Armut mit nach Brasilien gebracht, aber dort gelernt, in Freiheit zu glauben. Rieck wünschte sich für sein Land mehr soziale Gerechtigkeit und rief die Anwesenden dazu auf, an die Gemeinden Rios zu denken und für sie zu beten.
Dem Dekan wurde eine Luther-Bibel in portugiesischer Übersetzung überreicht, und die 27 Gemeinderepräsentanten erhielten je ein Poster, betitelt mit viDas em comunhão. Es greift das diesjährige Motto der evang.-luth. Kirche in Brasilien auf: „gemeinsam leben“! Denn Vidas heißt „Leben“; der Großbuchstabe in der Mitte deutet auf Deus, „Gott“, hin. Ohne dieses D lässt sich vias, „Wege“, lesen: „Damit man Gemeinschaft haben kann, braucht man Wege“ – so die Interpretation von Pastor Rieck.
Ein kurzweiliges Quiz über Brasilien und über die Biographie der Gäste kannte (fast) nur Gewinner von Handtüchern, Seifen, Mützen und Regenschirmen in den brasilianischen Nationalfarben: gleichsam die Extra-Belohnung für einen langen Abend. Hoffentlich wurde dafür ins Körbchen am Ausgang auch etwas für die Creche gegeben …