Ein Kreuzweg auf Schweinfurter Straßen
Schweinfurt, 2.4.2012. Am Montag der Karwoche, 2. April, veranstalteten die Kath. Arbeitnehmerbewegung KAB, der kda, die afa und die Betriebsseelsorge den siebten Kreuzweg zu Themen und Problemen der Arbeitswelt durch die Innenstadt. Wir glauben, dass auch heute Menschen in der Arbeitswelt gekreuzigt werden und in Situationen geraten, die vergleichbar sind mit dem Leidensweg Jesu Christi vor 2000 Jahren. Auf unserem Kreuzweg haben uns vier Bläser aus Werneck musikalisch begleitet.
Treffpunkt war das Rückert-Denkmal. Ulrich Werner begrüßte die ca. 130 Teilnehmenden. Er erinnerte zu Beginn an den langen Kampf der Beschäftigten der Drogerie SCHLECKER um menschenwürdige Arbeitsbedingungen und unsere Begleitung über Jahre hinweg beim Kreuzweg. Jetzt liegen die Scherben vor der Tür: Insolvenz, Ladenschließungen und Arbeitslosigkeit.
Die „prekären Beschäftigungsverhältnisse“, insbesondere der Blick auf Lohnungerechtigkeit und Niedriglöhne, waren dazu passend das Thema der 1. Station. Es ist unwürdig, dass für Arbeit in Vollzeit so niedrige Löhne gezahlt werden, dass die Beschäftigten noch Aufstockungsleistungen zur Absicherung ihres Lebensunterhaltes bei der Agentur für Arbeit beantragen müssen, beklagte Elmar Rachle.
Mit dem begleitenden Lied „Meine Hoffnung und meine Freude“ zogen wir zur 2. Station, der Apotheke am Roßmarkt. Am Beispiel von Überforderung durch ständige Verfügbarkeit und Überstundenleistung zur Sicherung des Arbeitsplatzes erläuterte ich das Thema „Burnout“ (Ausbrennen). Wenn Beschäftigte die Last ihrer Arbeit nicht mehr tragen können und diese ihnen das Kreuz bricht, stellt sich die Frage: Wo bleibt da die Würde der Menschen?
Weiter zogen wir zur 3. Station: Finanzamt. Das Thema war „Steuergerechtigkeit - Reichensteuer“. Die Finanzmarkt-, Wirtschafts- und Schuldenkrise brachte einigen wenigen hohe private Gewinne ein. Die Verluste werden weiter sozialisiert, das heißt, sie werden der Allgemeinheit aufgebürdet. Dabei wäre es längst an der Zeit, betonte Peter Hartlaub, wenn alle Menschen entsprechend ihrer Stärke durch gerechte Besteuerung ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisteten. Er schlug die dringend notwendige Aufstockung des Personals bei den Finanzbehörden vor - dort sind über 1.900 Stellen nicht besetzt -, um Betriebs- und Steuerprüfungen vorzunehmen.
Alle Klagen wurden an der 4. Station von Diakon Albert Ritter und Pfarrer Manfred Herbert verbunden mit unserer Hoffnung auf Auferstehung. Auferstehung können wir feiern, wenn wir nicht aufhören, uns gemeinsam für menschenwürdige Bedingungen in der Arbeitswelt, aber auch für eine gerechtere Welt insgesamt einzusetzen.
Eine Glaskugel als Symbol für den weggerollten Stein vor Jesus Grab gab es an dieser Station für alle. In den Fürbitten zu den einzelnen Stationen wurden die Menschen mit ihren Belastungen in der Arbeitswelt ins Gebet genommen und mit unserem gemeinsamen „Vaterunser“ der Kreuzweg beschlossen. Die Teilnehmenden trafen sich noch zum Austausch im Dekanatszentrum.
Evi Pohl