Eröffnung der ökumenischen FriedensDekade 2013
Schweinfurt, 10. Nov. 2013. Das Dekanat Schweinfurt firmiert heuer als das Schwerpunkt-, sprich Vorzeigedekanat für die FriedensDekade in der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern. Über 60 Veranstaltungen sind in diesen zehn, exakt: elf Tagen inklusive Buß- und Bettag in den 27 Kirchengemeinden geplant – ein strammes, vielfältiges Programm!
Der ökumenische Auftaktgottesdienst fand in der St. Johanniskirche Schweinfurt statt. Neben dem „Hausdekan“ Oliver Bruckmann wirkten liturgisch der katholische Stadtdekan Reiner Fries, Pastor Andreas Jahreiß von der evangelisch-methodistischen Kirche Würzburg-Schweinfurt, die Dekanatsmissionsbeauftragte Pfrin. Christhild Grafe und Pfr. Manfred Herbert als Vertreter der ACK Schweinfurt mit. Seitens der Landeskirche waren Kirchenrat Thomas Prieto Peral vom Ökumenereferat und Claudia Kuchenbauer / Kokon (Arbeitsstelle für konstruktive Konfliktberatung) anwesend.
In seiner Begrüßung griff Dekan Bruckmann das Motto der Dekade „Solidarisch?“ in Kombination mit dem Stichwort „Frieden“ auf: Nur gemeinsam könne Frieden gelingen. Er habe seinen Keim im Glauben an Jesus Christus. Doch bleibe die Frage, wie weit Solidarität und damit wahrer Frieden gehen müsse. „Die Dekade gibt uns Gelegenheit, über den Frieden nachzudenken, ihn zu suchen und zu stiften.“
Die gemeinsam gesungenen Lieder verstärkten diesen Appell: „Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen“; „Lass uns in deinem Namen, Herr, die nötigen Schritte tun“. Ebenso versuchten die Sängerinnen und Sänger des Chors „Bridge to a Prayer“ mit modernen Gospels und mitreißenden Rhythmen den Brückenschlag, zum Beispiel: “Let every nation and every tongue confess that You are Lord of all.“
Festprediger dieses FriedensDekade-Eröffnungsgottesdienstes war Direktor Peter Weigand vom Centrum Mission EineWelt Neuendettelsau. Er stellte neue, vor allem aktuelle Facetten an der bekannten Jesus-Erzählung von der Speisung der hungernden 5000 (Lukas 9, 10-17) heraus: Jesus teile diese große Menge in überschaubare Kleingruppen zu je 50 Mann auf, gebe somit allen ein Gesicht. „Das nennt man Community Organizing (Mitgliedergewinnung)“. Dass die Versorgung „in der Wüste“ für alle gereicht habe, sei keine Magie gewesen. Vielmehr habe Jesus in die Kraft und Gemeinschaft des Volkes vertraut. Dabei rekurrierte Weigand auf eigene, einschlägige Erfahrungen in Südamerika, insbesondere in der Atacama-Wüste: „Keiner geht in die Wüste, ohne Wasser und Essen dabei zu haben.“ Somit schildere die biblische Erzählung keine Vermehrungs-, sondern eine Teilungserfahrung.
Zudem besitze sie eine eminent politische Spitze: „Sie skandalisiert, wie wir uns die Welt geordnet haben.“ Angesichts des Flüchtlingsdramas auf Lampedusa vor der sog, „Festung Europa“ würde Jesus heute sagen: „Macht die Türen auf!“ Denn Solidarität sei keine Vertröstung, sondern „Konkretion der Nächstenliebe in ihrer politischen Form und ein Auftrag an uns Menschen, das zu tun, was Jesus vorgelebt hat.“
Am Ende wurde der Prediger ganz konkret: „Wenn jede unserer Pfarreien kleine Gruppen von Flüchtlingen aufnehmen würde, dann wären das viel mehr als 5000. Dadurch hätten wir ein Stückchen Frieden geschaffen.“ Mit dieser Vision schien Weigand freilich das zu egalisieren, was er zuvor der Jesus-Erzählung abgesprochen hatte: dass sie nämlich lediglich eine Geschichte der Hoffnung sei, wie es sein könnte.
Anschließend las die Gemeinde ein von der evangelisch-methodistischen Kirche formuliertes soziales Bekenntnis, das zu deren Lehrgrundlagen zählt: „(…) Wir verpflichten uns zur Mitarbeit am weltweiten Frieden (…) Wir sind bereit, mit den Benachteiligten unsere Lebensmöglichkeiten zu teilen.“ Die Kollekte war für die Brasilienarbeit bestimmt: evangelischerseits für die Sozialstation Bom Samaritano in Rio de Janeiro, auf katholischer Seite für die Würzburger Partnerdiözese Obidos.
Hoch symbolisch nahmen dann Vertreter aus jeder der evangelischen und katholischen Gemeinden im Dekanat je eine Laterne mit – sozusagen als Friedensboten, damit „dasselbe Friedenslicht an allen Orten über die nächsten zehn Tage leuchten möge“ (Dekan Bruckmann).
Da nach dem langen Gottesdienst die Menge zu Recht ihren Hunger an den Bewirtungsständen stillte, ging die Vernissage der Bilderausstellung des ugandischen Künstlers Samuel Wandira etwas unter. Organisiert von der Asyl- und Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes Schweinfurt, namentlich von Josef Holzheimer, ist sie aber für die Dauer der FriedensDekade, also bis einschließlich Buß- und Bettag, in der St. Johanniskirche zu sehen. Der persönlich anwesende, heute in Passau lebende Wandira kam 1987 als Asylsuchender nach Deutschland – ohne Familie oder Freunde, ohne Eigentum und ohne die deutsche Sprache zu beherrschen, wie er in sehr persönlichen Worten bekundete. Er überbrückte die Zeit seines Asylverfahrens mit Malen. Seine Bilder und Linolschnitte zeigen oft biblische Motive. Er arbeitet mit Acryl- und Ölfarben und wählt gern Untergründe aus Naturmaterialien, z.B. Baumrinde, Bananenblattfasern oder Nussschalen. Übrigens sind die ausgestellten Objekte käuflich erwerbbar. Wäre dies nicht auch ein Zeichen von Solidarität?