Fahnenaktion zum Internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen!“
Schweinfurt, Mo. 28.11.2016. Sie kann sich auf ihre Frauen verlassen. Seit 16 Jahren begrüßt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Heide Wunder, Mitstreiterinnen und immer auch einige Mitstreiter, die gemeinsam mit ihr Flagge zeigen gegen Gewalt an Frauen. 2001 wurde diese Fahnenaktion von Terres des Femmes, einer Menschenrechtsorganisation für Frauen, ins Leben gerufen. Und seit jener Zeit haben die Anliegen nichts an Aktualität verloren.
In diesem Jahr lag der Fokus der Aktion auf der häuslichen Gewalt. „Tür auf! Für alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind“, lautete das Thema. „Schläge vom Ehemann, Grabscher in der U-Bahn, sexuelle Übergriffe durch den Vater – geschlechtsspezifische Gewalt gehört auch in Deutschland zur Lebensrealität vieler Frauen“, erklärt Wunder. Ja, häusliche Gewalt sei die häufigste Ursache von Verletzungen bei Frauen und übertreffe damit sogar die durch Verkehrsunfälle und Krebs verursachten Schädigungen. In Europa habe jede dritte Frau bereits körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt.
Vielen Frauen bleibt nur die Flucht in ein Frauenhaus, damit aber sieht es in Deutschland nicht gut aus. Keines der 16 Bundesländer erreiche die vom Europarat empfohlene Quote von einem Frauenhausplatz pro 7500 Einwohnern. In ganz Deutschlang gibt es nur 400 Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder. (...)
Die Situation vor Ort beleuchtete Gertrud Schätzlein, die Leiterin des Schweinfurter Frauenhauses. (...) Das Schweinfurter Frauenhaus ist 36 Jahre alt. Am Anfang ging es in erster Linie darum, dass der Bedarf für eine solche Einrichtung überhaupt anerkannt wurde. Dass Frauenhäuser gebraucht werden, bezweifle heute kaum mehr jemand, aber deren Finanzierung sei bundesweit immer noch schlecht. Und dabei stehen die bayerischen Frauenhäuser im Bundesländervergleich an vorletzter Stelle.
Die Stadt Schweinfurt und die Landkreise der Region seien zwar sehr offen für die Anliegen des Frauenhauses, betonte Schätzlein, aber „sie verweisen natürlich in puncto Geld auch auf die Staatsregierung, die nur neun Prozent beisteuert“. So würden im Schweinfurter Frauenhaus zwei Personalstellen gezahlt allerdings zu den Lohnkosten von vor 20 Jahren. „Die Verantwortung wird zwischen den Kommunen, Kreisen und der Staatsregierung hin und her geschoben“, erlebt Schätzlein. Das sei „schwer auszuhalten“. 54 Prozent der hilfesuchenden Frauen mussten 2015 allein in Schweinfurt abgewiesen werden. 66 Frauen und 77 Kinder seinen im Laufe des Jahres aufgenommen worden.
Wunder forderte: „Tür auf für alle von Gewalt betroffenen Frauen.“ Dafür müssten Bund, Länder und Kommunen ausreichend kostenlose Schutzräume zur Verfügung stellen, die angemessen finanziert werden. Diese, so der nachdrückliche Wunsch, sollten auch barrierefrei und personell wie materiell ausreichend ausgestattet sein.
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 30.11.2016, S. 25; Text: Ursula Lux)