Pfarrerin Eva Loos wurde nach 21 Jahren in der Dreieinigkeitskirche in den Ruhestand verabschiedet
„Frau Loos hat in den letzten Jahren wesentlich dazu beigetragen, dass Dutzende von Menschen aus akuter Lebensgefahr gerettet wurden und heute anerkannt und mit Perspektive in unserem Land leben können“. Mit diesen Worten bedankt sich Stephan Reichel, der Vorsitzende von matteo – Kirche und Asyl e.V. in einer E-Mail für das unermüdliche Engagement von Pfarrerin Eva Loos, die in einem Gottesdienst am Sonntag nach 21 Jahren in den Ruhestand verabschiedet wurde.
Ihr selbst waren solche Lobeshymnen schon immer fremd. Geradezu dankbar für die Corona-bedingt kleinere Besucherzahl im Gottesdienst, konzentrierte sie sich auf das Thema des Sonntags „Lätare“ – zu deutsch: „Freut euch“, dem „kleinen Ostern“ in der Mitte der Passionszeit. In ihrer letzten Predigt als Pfarrerin der Gemeinde erzählte sie von den vielen Begegnungen mit Asylbewerbern. Davon, wie immer wieder neu Menschen islamischen Glaubens auf die Christen aufmerksam geworden waren, weil diese fröhlicher und hoffnungsvoller gestimmt waren als die anderen. Wie sie Interesse bekundeten, zu Gesprächsrunden kamen, später selbst den Schritt wagten und sich taufen ließen. Viele waren es im Lauf der Zeit, eine kleine Gemeinschaft hat sich in der Gemeinde gebildet, die sich regelmäßig trifft und auch mit der Pfarrerin und dem Kirchenvorstand gemeinsam die vielen Kirchenasyle und die damit verbundenen Gerichtstermine schulterte. Zwei ehemalige Iraner sind inzwischen auch Mitglieder des Kirchenvorstands geworden.
„Damals wie heute fanden Menschen zu Jesus“, so Loos. Im Predigttext aus Johannes 12 heißt es aber auch: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht“. Solche Verwandlungsarbeit wie bei einem Weizenkorn habe es in der Gemeinde viel gegeben. Die Gemeinde habe sich auf die erheblichen strukturellen und für die Gemeinde auch finanziell belastenden Veränderungen im Musikerviertel eingelassen und sich selbst verwandelt. Heute stehe da eine blühende Kindertagesstätte und eine Gemeinde mit vielen kulturellen Einflüssen. „Wie viel Kraft ist da! Das ist echte Weizenkorn-Verwandlungsarbeit!“
Stellvertretend für die vielen, die über die Jahre mit ihr im Pfarrhaus und im Gemeindehaus Kirchenasyl erleben konnten, dankte ihr Haman Nekoupoor für ihren Einsatz. „Sie haben unseren Glauben gestärkt. Danke!“
Dekan Bruckmann betonte in seiner Würdigung die grundsätzliche Weite ihres Ansatzes. Sie habe in Erlangen und Wien nicht nur Theologie, sondern auch Germanistik studiert und sei eine exzellente Philosophie-Kennerin und insbesondere Kant-Spezialistin.
Ökumene sei ihr ein besonderes Anliegen gewesen, ebenso der Austausch mit anderen Religionen. Jahrelang unterrichtete sie Religion am nahe gelegenen Bayernkolleg. „Das wird wohl eher ein Dialog als Unterricht gewesen sein, so wie ich Sie kenne“. Darüber hinaus war sie Beauftragte für Sekten und Weltanschauungsfragen und engagierte sich in den letzten Jahren immer mehr im bereits genannten Kirchenasyl.
Bruckmann betonte insbesondere ihre große Zugewandtheit zu den Mitmenschen. Mit Herz und voller Hingabe habe sie sich immer für die Schwächsten eingesetzt, selbst, wenn sie damit immer wieder aneckte.
Mit einem persönlichen Segen aus coronagemäßem Abstand entließ er die Pfarrerin aus ihrem aktiven Dienst.
Die wunsch- und coronagemäß wenigen Grußworte sprachen Vertrauensfrau Monika Schwarz von der „Schwestergemeinde“ Gustav-Adolf, Pfarrer Dr. Wolfgang Weich als Senior des Pfarrkapitels und Ingo Rüd, der Vertrauensmann des Kirchenvorstands, der noch einmal betonte, wie sehr sich Pfarrerin Loos in einer schwierigen Umbruchphase für die Gemeinde eingesetzt hat und welche „Schätze der Gemeinde“ sie bewahrt hat.
Eva Loos, geboren 1955, war bereits von 1982 bis 1990 als junge Pfarrerin in St. Lukas. Sie war eine Pionierin der damals noch heftig umstrittenen Frauenordination: Die zweite Pfarrerin im gesamten Dekanat Schweinfurt. Als junge Pfarrerin war es damals nicht leicht für sie, sich gegen eine noch deutlich männerdominierte ältere Pfarrerschaft zu behaupten. „In St. Lukas wurde ich Feministin, das war ich vorher nicht“, so resümiert sie selbst diese Zeit. Â
Zwei Jahre war sie anschließend beurlaubt, um in der Franziskanischen Gemeinschaft San Damiano bei Assisi zu leben und zu arbeiten. Die Art der Arbeit und der von radikaler Armut, Geschwisterlichkeit und Offenheit für alle Menschen geprägte Lebensstil sowie der eher „rebellische Geist“ (Loos) war eine zentrale Erfahrung für ihren weiteren Lebensweg.
Nach acht Jahren als Pfarrerin in Coburg kam sie am 1.3.2000 nach Schweinfurt-Dreieinigkeitskirche. Damit war sie nun zuletzt die „Rekordhalterin“ als Stelleninhaberin. Zwar sind einige Kolleginnen und Kollegen schon länger im Dekanat, doch haben alle anderen zwischenzeitlich die Stelle gewechselt.
Frau Loos wird in wenigen Wochen nach Nürnberg ziehen. Für die Zeit des Ruhestands, der sicherlich eher unruhig werden wird, wünschen wir ihr alles Gute und Gottes Segen und danken für die vielen Jahre Arbeit in unserer Kirche.