Konfirmanden gestalten Gedenken an Zwangsarbeiter
Schweinfurt, Mo. 23. 9.2013. Vor zwei Jahren, Ende September 2011, wurde der Gedenk-Ort für die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter aus Ländern des Ostens, die in Schweinfurt vor allem in der Kugellagerproduktion eingesetzt waren, eingeweiht. Der evangelische Dekan Oliver Bruckmann regte damals an, dieses Gedenken fortan jährlich seitens der Kirche zu begehen und daran vor allem die junge Generation zu beteiligen.
So fand, wie im vergangenen Jahr, auch heuer wieder eine Gedenkandacht statt, organisiert von Pfarrerin Christhild Grafe (Kreuzkirche), gestaltet von Konfirmandinnen und Konfirmanden der Kreuzkirche-Oberndorf, der Auferstehungskirche, Gustav-Adolf und der Christuskirche:
Rund 30 junge Menschen sind zu Fuß zu dem Mahnmal auf den Oberndorfer Wiesen neben dem Main-Radweg gekommen, wo in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts das Baracken-Lager Mittlere Weiden stand. Auch 20 Erwachsene, vor allem von der „Initiative gegen das Vergessen“, wohnen der gottesdienstlich gestalteten Gedenkstunde bei, die Pfarrer Manfred Herbert (Gustav Adolf) musikalisch mit seiner Gitarre begleitet:
Pfrin. Grafe betont in ihrer Begrüßung, es gehe um das Stiften von Erinnerungskultur, um das Bekennen und Benennen von Schuld. Pfarrer Harald Deininger (Auferstehungskirche) gibt einige Grundinformationen, lässt aber dann alle „ausschwärmen“, damit sie eigene Erkundungen anhand von mehreren Info-Tafeln machen und diese auf einem Blatt notieren können. Dabei stellen die Jugendlichen fest, dass die jüngsten nach Schweinfurt Verschleppten etwa so alt waren, wie sie bald selbst sein werden: 14 bis 15 Jahre! Und sie begreifen auch sofort, wie damals die Menschenwürde, die laut Artikel 1 des Grundgesetzes „unantastbar“ ist, verletzt wurde: durch Verschleppung, Freiheitsberaubung, durch Mangel an Essen und Trinken, durch unmenschliche Unterbringung. „Gefangen die einen, und die anderen leben … nicht schlecht“, heißt es treffend in einem der gesungenen Lieder.
Unter den mindestens 10 000 Zwangsarbeitern in Schweinfurt befanden sich etwa 4000 Frauen. Ulrike Cebulla von der „Initiative gegen das Vergessen“ hat Ex-Zwangsarbeiterinnen in der Ukraine besucht und mit diesen Zeitzeuginnen behutsame Gespräche geführt. Cebulla erzählt den Anwesenden etliche bewegende Begebenheiten. Wichtiger als darüber ein Buch zu lesen, seien diese mündlichen Erinnerungen, meint sie.
Auch in der Ansprache von Pfarrerin Grafe geht es ums Erinnern und Aufmerksam-Machen: „Wir müssen ein Fingerzeig sein, sonst werden die Menschen ein zweites Mal ihrer Würde beraubt.“ Vor allem gelte es den Blick dafür zu schärfen, wo heute ähnliches geschehe wie damals. „Wir wollen ein Fingerzeig zum Guten und zum Lieben sein.“
Anschließend sprechen alle das Stuttgarter Schuldbekenntnis vom 18./19. Oktober 1945 mit dem bedeutsamen Satz: „Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“
Diakonin Stefanie Kienle (Christus) trägt noch ein mit ihren Konfis formuliertes Fürbittengebet vor. Gemeinsames Vaterunser und das Franz von Assisi zugeschriebene Gebet „Ach Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens …“ bilden den unteren Rahmen dieser innerlich berührenden Feier.