Rückblick auf einen Vortrag von Dr. Wolfgang Döbrich
Schweinfurt, 7.10.2015. Kurzweilig und facettenreich beschrieb der ehemalige Lateinamerikabeauftragte und Kirchenrat Dr. Wolfgang Döbrich seine Forschungserkenntnisse über die deutschen Auswanderer nach Brasilien und den Weg, wie sie ihre evangelisch-lutherische Kirche in der neuen Heimat aufbauten. Gemeindebeauftragte für Partnerschaft, Mission und Entwicklungsdienst sowie interessierte Pfarrerinnen und Pfarrer waren der Einladung gefolgt. Auch der neue brasilianische Austauschpfarrer Euclésio Rambo, die gerade bei Pfarrerin Tabea Richter in Obbach tätige brasilianische theologische Praktikantin Jessica sowie der neue Jugendreferent Diakon Marc Leistner waren unter den Gästen. Leistner wird die von Diakonin Stefanie Hollitzer, geb. Kienle begonnene Brasilienpartnerschaftsarbeit der Evangelischen Jugend fortführen.
Dekan Oliver Bruckmann begrüßte den erfahrenen Referenten und würdigte seine fundierte Arbeit über die brasilianisch-deutsche Kirchengeschichte. Tiefenbohrungen nannte Dr. Wolfgang Döbrich seine gezielten Rückblicke, durch die er den Werdegang der Entstehung der IECLB, der lutherischen Kirche Brasiliens, strukturierte. Von Beginn der deutschen Einwanderung in Brasilien im Jahr 1824 an arbeitete er sich in 40-Jahresschritten durch die deutsche und gleichzeitig die brasilianische Kirchengeschichte, die jeweils stark von der politischen Lage beeinflusst waren. Auch die Rolle des Schweinfurters Friedrich Fabri, der eine wesentliche Rolle in den Anfängen der deutschen Kolonialbewegung spielte, wurde beschrieben.
Die Wurzeln brasilianischen lutherischen Kirche lagen im seelsorgerlichen Bedarf der Auswanderer begründet. Erste Pfarrer wurden unter denen bestimmt, die das Amt irgendwie ausfüllen konnten. Weitere Geistliche wurden aus Deutschland entsandt. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die dunklen Seiten des Nationalsozialismus ließen mit ihren auch in Brasilien stark spürbaren Folgen den Traum der deutschen evangelischen Einwanderer auf einen Tiefpunkt sinken. Die kirchlicherseits zunächst hingenommenen Unterdrückungsmaßnahmen der 1964 begründeten Militärdiktatur brachten der inzwischen gegründeten IECLB, der Evangelischen Kirche lutherischen Bekenntnisses in Brasilien, starke Kritik vom Lutherischen Weltbund und eine Verlegung der eigentlich in Porto Alegre geplanten Vollversammlung nach Evian/Frankreich ein. Durch zunehmende Landflucht und Umsiedlungen in Brasilien breitete sich später die kleine lutherische Kirche über das ganze Land aus, das 24mal so groß wie die heutige Bundesrepublik Deutschland ist. In kleinen Gemeinden sind unterschiedliche kirchliche Mitarbeitende tätig, und wer im Auftrag der Kirche spricht, muss ordiniert werden. Durch ihre Geschichte entwickelte sich so in der brasilianischen lutherischen Kirche das vierfache Amt: Pfarrer_innen, Diakon_innen, Katecht_innen und Missionar_innen werden ordiniert.
Wer mehr zum Thema lesen möchte, kann dies im neuen Buch von Wolfgang Döbrich tun: „190 Jahre Kirche gestalten“ (ISBN / Bestellnummer: 978-3-87214-552-9 beim Erlanger Verlag für Mission und Ökumene).
Dekanatsmissionspfarrerin Christhild Grafe bedankte sich beim Referenten mit einem süßen fränkischen Verpflegungspaket.