Koordinator Norbert Holzheid
Schweinfurt, 7. Nov. 2015. Samstagabend, St. Johanniskirche: Die Notfallseelsorge hat zu ihrem 20. Geburtstag eingeladen, und gekommen sind alle, die mit ihr zu tun haben: Feuerwehr, BRK, Johanniter, Malteser, Arbeiter Samariter Bund, THW, DLRG, Wasserwacht und Rettungsleitstelle, die meisten uniformiert. Und auch die Politik war prominent vertreten.
Dem ökumenischen Gottesdienst zum „Runden“ beizuwohnen, das war den Vertretern der Rettungsdienste, Wohlfahrtsverbände und Polizei keine Verpflichtung, sondern eine Herzensangelegenheit. Das hörte man in ihren Reden, Fürbitten und im Gespräch beim Empfang im Martin-Luther-Haus.
1995 wurde die Notfallseelsorge der beiden Kirchen für Stadt und Landkreis gegründet. Der Organisator und Moderator der Feier, Diakon Norbert Holzheid, selbst Notfallseelsorger, sagte eingangs bescheiden nur Dankeschön. Denen, die die Arbeit der Notfallseelsorger in den zurückliegenden 20 Jahren finanziell wie ideell unterstützten, und den Hilfsorganisationen und der Polizei „für das gute Miteinander“.
Die Festrede hielt der evangelische Dekan Klaus Kuhn (Heidenheim), Mitgründer und Ehrennotfallseelsorger. Wer diesen Dienst leiste, der sei kein Adrenalin-Junkie, sondern handle im Auftrag Gottes. Als Mitarbeiter der Notfallseelsorge helfe man Menschen, „die uns brauchen“. Sie erführen dadurch die Gottesbotschaft: „Du bist nicht allein“. [...]
Oft sind es schwerste Verkehrsunfälle, zu denen die Notfallseelsorger gerufen werden. Sie kümmern sich in erster Linie um den Angehörigen, der den Frontalzusammenstoß im Gegensatz zum Fahrer überlebt hat. Aber auch im „ganz normalen häuslichen Bereich“ sind die Notfallseelsorger gefragt. Wie beim Fall des betagten Ehepaars aus dem Landkreis. Die Frau ist plötzlich gestorben, die Kinder leben nicht im Schweinfurter Raum. „Den Mann konnte man nicht alleinlassen“, schildert Norbert Holzheid.
Die Rettungsleitstelle hatte den Notfallseelsorger gerufen. Einige Zeit blieb Holzheid beim Senior, redete mit ihm, hörte zu, kümmerte sich. Als er „runtergekommen war“, übergab er den Mann an eine Nachbarin, die sich weiter kümmern wollte.
Das Team der Notfallseelsorger umfasst 13 Mitarbeiter. Zehn sind hauptberuflich bei den Kirchen angestellt, als Diakon wie Holzheid von der evangelisch-lutherischen Kirche, als Priester oder Pastoralreferent. Drei Ehrenamtliche leisten diesen Dienst, ein Journalist, eine Krankenschwester. „Wir decken Stadt und Landkreis 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr ab“, sagt Holzheid.
Das „Wichtigste“ bei einem Einsatz „sind der ehrliche Umgang und das Zuhören“, sagt er. Von großer Bedeutung sei auch, Angehörige von Anfang an dabeizuhaben. „Der Familienverbund stärkt in Krisen“. Und schließlich: Die Nachsorge, weil sich der alles erdrückende Schmerz erst nach und nach einstellt. [...]
Bei der Notfallseelsorge geht es nicht darum, die Hilfesuchenden zu missionieren oder ihnen kirchliche Rituale aufzudrängen. Im Fokus steht die menschliche Hilfe in den existenziellen Notlagen. Bei einem grausamen Unglück mit drei jungen Toten auf der B 286 waren gleich fünf Mitarbeiter des Seelsorge-Teams gefordert. Holzheid selbst kümmerte sich um einen der schuldlosen Lkw-Fahrer, die einen Schock erlitten hatten. Im Leopoldina „übergab“ er den Brummifahrer an den Krankenhausseelsorger. Das Netzwerk ist eine Stärke des Dienstes.
Alle zwei Monate treffen sich die Notfallseelsorger. „Da geben wir uns Stärke“, sagt Holzheid. Man bespricht dabei, wie es einem selbst bei diesem oder jenem Einsatz erging, man diskutiert selbstkritisch die Frage, ob man nicht auch „anders hätte reagieren müssen“. [...]
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 9.11.15, S. 25 u. 6.11.15, S. 25; Text: Hannes Helferich; Foto: S. Bergler)