PRESSESCHAU: Marriage Week in St. Johannis

Hingabe statt Aufgabe

Zur Seelsorge geboren: Pfr. Andreas Grell (r.) mit seinen beiden Chefs, dem Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (Mitte) u. Dekan Oliver Bruckmann (l.) (Foto: Bergler)

Schweinfurt, 16.2.2015. "Ich begrüße Sie ganz herzlich zu einem besonderen Gottesdienst am Valentinstag. Schön, dass Sie sich auf den Weg gemacht haben." Das sagte Pfarrer Andreas Grell zu Beginn des Segnungsgottesdienstes in der St.-Johannis-Kirche. Als er dann den Blick durch die Bänke schweifen lässt, kann sich der junge Geistliche ein fröhliches Lächeln nicht verkneifen und fügt sofort hinzu: „Ich bin positiv überrascht, am Faschingssamstag in so volle Bankreihen zu gucken.“

So wird schon früh ersichtlich, dass sich der Einsatz des Organisationsteams gelohnt hat. Sobald man die altehrwürdige Stadtkirche betreten hat, verschwinden mit einem Mal all der Trubel und all die Hektik, die an diesem Valentinstag wieder einmal die Innenstadt fest im Griff hatte. Für die passende Stimmung sorgen Andrea Balzer am Flügel und Elena Hermann (Querflöte), die das Gotteshaus mit erfrischend-fröhlichen Klängen beschallen. Diese nicht unbedingt alltägliche Untermalung zeigt unmissverständlich: Jene Zusammenkunft am „Tag der Liebenden“ ist etwas ganz Besonderes. An jenem Samstagabend stehen nämlich die Liebespaare im Vordergrund, die dazu eingeladen sind, sich im Rahmen des Gottesdienstes segnen zu lassen. „Trotz Kommerz und Kitsch ist es gut, dass wir diesen Tag ganz bewusst feiern“, erläutert Pfarrer Grell, „im Vorfeld wurde ich von einem Ehepaar gefragt, warum man sich denn segnen lassen sollte. Sie sagten: 'Wir sind doch schon verheiratet!'“. Als dann auch noch ein unverheiratetes Paar fragte, ob es denn auch kommen dürfte, meinte Grell kurzum, dass es „ja keine kirchliche Massentrauung am Valentinstag sei“ und dass alle willkommen seien.

Die Fröhlichkeit, die das Team um Andreas Grell ausstrahlt, macht den Gottesdienst zu einer wunderbaren Veranstaltung, die man im Vorfeld wohl nicht unbedingt so erwartet hätte. Neben der auflockernden Musik kommt nämlich auch eine Leinwand zum Einsatz, auf der immer wieder Liebesschlösser zu sehen sind, anhand derer das Eheleben von der Hochzeit bis ins hohe Alter beleuchtet wird.

Ein schöner Schachzug, der diesen Segnungsgottesdienst mit der „Marriage Week“ in Verbindung setzt, die vom 7. bis 14. Februar in Schweinfurt stattfand. Diese „Woche der Ehepaare“ stand ganz im Zeichen der Beziehung: Man sollte sich wieder einmal Zeit nehmen, etwas Besonderes zu tun, alte Erinnerungen aufleben zu lassen oder einfach die Zeit miteinander zu genießen.

Doch die Zeit miteinander ist mittlerweile rar geworden. Glaubt man der Statistik, so trennen sich viele Paare nach kurzer Zeit wieder. Ein Patentrezept gegen diese Schnelllebigkeit? Gibt es nicht. „Zu einer Beziehung gehören auch immer Krisen dazu. Ich glaube nicht, dass sich die Menschen verändert haben. Ich glaube, dass sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen für Paare geändert haben“, predigt Grell, „früher blieb man zusammen, weil man eben auch aus wirtschaftlichen Gründen zusammenblieb. Heute trennt man sich, wenn's zu viel wird. Ist das der Lauf der Dinge?“ Um genau das zu verhindern, gibt es unzählige Ratgeber, Bücher und Expertentipps. Für Grell sind sie aber nutzlos. Hingabe statt Aufgabe ist das Motto des jungen Pfarrers.

Auch deshalb, so Grell, solle man sich darauf besinnen, dass die Ehe „heute nicht nur noch bis zur Selbstverwirklichung halte“, wie er sagt. Um die Paare auf dem manchmal etwas steinigen Weg durch das Leben zu stärken, segnet Grell sie zusammen mit Harald und Sabine Deininger.

Doch nicht nur das: Wer Lust hatte, konnte im Anschluss an die Segnung am Altar ein Erinnerungsfoto schießen, sich gegenseitig mit Salböl ein Zeichen der Liebe auf die Hand malen oder seinem Partner einen Liebesbeweis auf eine Karte schreiben, die zu Beginn des Gottesdienstes verteilt worden war. Zudem war die eigene Meinung gefragt, was eine gute Beziehung ausmache. Die niedergeschriebenen Stichpunkte wurden dann an eine Pinnwand gehängt, ehe der gelungene Gottesdienst nach eineinhalb Stunden bei einem kleinen Sektempfang sein Ende fand.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 16. Februar 2015; Text: Dominik Grosspietsch)