"Sie sind doch erst hier angekommen!"
Maßbach, 30. Dezember 2012. Das milde Wetter in der Vorrhön stimmte versöhnlich. Trotzdem merkte man den Evangelischen der Marktgemeinde Maßbach ihre Trauer am vorletzten Tag des Jahres an. Denn ihre Pfarrerin Eva Thelen nahm nach nicht einmal drei Jahren Abschied. Festlich gefüllt war deshalb die Bartholomäus-Kirche und der Gottesdienst reich musikalisch ausgestaltet.
„Sie sind doch erst hier angekommen“, habe sie inzwischen öfters hören müssen, führte die Geistliche in ihrer letzten Predigt aus. „Ich selber kann’s noch gar nicht recht fassen“, bekundete sie und gestand ihre „gemischten Gefühle“ ein. Fast wie eine Rechtfertigung klang da ihr Verweis auf die neue Jahreslosung: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ (Hebräer 13,14): Dies sei zwar zunächst „eine verstörende Erkenntnis“, aber alle würden wir Reisende, Gäste auf Zeit und lebenslang unterwegs sein. Verständlicherweise sei der Wunsch nach Beständigkeit da – auch in der Kirchengemeinde -, doch für Christen gelte es, Pilger und von der Sehnsucht nach einer besseren Welt getragen zu sein. „Die zukünftige Stadt“ als Ort der Freude und neuen Schöpfung weise auf das Ziel unserer Wege in der Ewigkeit hin, die bereits in der Menschwerdung Gottes unsere Zeit berührt habe.
In Dankbarkeit erinnerte sich die Pfarrerin an die gesammelten Erfahrungen in den vier „engagierten, leidenschaftlichen Gemeinden“. In vielen alltäglichen Begegnungen habe sie lebendigen Glauben gespürt. Man habe auch gut miteinander gefeiert: Gemeindefeste, die Osternacht, Gottesdienste im Freien, Minigottesdienste und den ökumenischen Weltgebetstag. Außerdem bleibe ihr positiv die bewusste Traditionspflege der Gemeinden im Gedächtnis: Tradition gebe Halt und Beständigkeit, schließe aber das Wagnis und die Offenheit für Neues nicht aus. Kurzum: „Es war eine reiche Zeit – auch arbeitsreich.“ Miteinander auf einem gemeinsamen Wegstück gegangen zu sein, sei letztlich auch ein Teil von Gottes Ewigkeit.
Nach der Feier des Heiligen Abendmahls entpflichtete Dekan Oliver Bruckmann die Noch-Pfrin. z.A. von ihren dienstlichen Pflichten in Maßbach sowie im Dekanatsbezirk Schweinfurt und segnete sie und ihren Mann Christian. Zehn Monate habe die Vakanz nach Pfr. Walter Neunhoeffers Weggang nach Bamberg gedauert. „Am 1. März 2010 sind dann Sie in Maßbach aufgezogen“, resümierte der Dekan. Er sei Gott dafür dankbar, dass dieser Eva Thelen hierher geschickt habe. „Am 21. März sind Sie an diesem Altar ordiniert worden und haben Ihre ersten Dienstjahre als Pfarrerin verbracht.“
Die erste Pfarrstelle sei so etwas „wie die erste Liebe“, schwelgte der Dekan, wo man „besonders tiefe Erfahrungen“ mache. Überhaupt sei Thelen in der Geschichte der Maßbacher Gemeinden die erste Pfarrerin gewesen. „Nun führen persönliche Gründe Sie wieder weg“; der Gedanke an eine Familiengründung habe zum Wunsch nach einer halbe Stelle geführt. „Aber die haben wir hier nicht. Trotzdem lassen wir Sie ungern nach Karlstadt gehen.“ Zugleich setzte der Dekan für die Zurückbleibenden ein Hoffnungszeichen: Es gebe eine tragfähige Weiterentwicklung in der Region, da die vier Gemeinden zusammen mit Poppenlauer kurz vor dem Zusammenschluss zu einer Pfarrei mit zwei Pfarrstellen stünden.
Den anschließenden Grußwortreigen durfte Pfr. Dr. Wolfgang Weich / Poppenlauer eröffnen. Als Kollege und als Senior verabschiedete er im Namen des Pfarrkapitels Frau Thelen und ihren Mann. Wir lassen euch „in Frieden fahren. Verstehen kann ich euch trotzdem.“
Von der katholischen Kirche sprach Pfr. Manfred Finger: „Ihr Koffer sind gepackt – wörtlich: für einen neuen Wirkungsbereich, - in übertragenem Sinne: mit ihren Erinnerungen und allen guten Wünschen“. Finger sprach auch seinen Dank für die ökumenische Zusammenarbeit aus.
Dank bekundete ebenso die stellvertretende Landrätin von Bad Kissingen, Magdalena Dünisch, für das segensreiche Wirken Thelens und für das vertrauensvolle Miteinander mit dem Landkreis. Der Erste Bürgermeister von Maßbach, Johannes Wegner, erinnerte an das gemeinsame Thema der letzten Zeit: an die Neugestaltung des Dr.-Herbert-Schwarz-Platzes zwischen Rathaus und Kirche, an dessen Vollendung die Pfarrerin nun leider nicht mehr mitwirken könne.
Im Namen der vier Kirchenvorstände ließ abschließend Vertrauensmann Artur Schneider noch einmal das Wirken der Pfarrerin, die besonders bei der erst im Oktober abgeschlossenen Kirchen-Außenrenovierung „als Frau ihren Mann gestanden“ habe, Revue passieren. Er lobte ihre guten, verständnisvollen Predigten und die „phantastische Zusammenarbeit mit Pfr. Weich“. All diese Reminiszenzen versuchte sodann der Gesamt-KV mit selbst gedichteten Liedstrophen gesanglich zum Ausdruck zu bringen: „Wenn die Eva demnächst uns entschwindet, haben wir erst mal keinen Pfarrer mehr“, hieß es da beispielsweise melancholisch, doch die zweite Zeile des Refrains klang schon recht selbstbewusst: „Wenn die Eva demnächst uns entschwindet, geh’n die Lichter bei uns noch nicht aus.“
„So ist Gemeinde!“ bedankte sich Eva Thelen ganz gerührt und wünschte, dass auch der nächste Pfarrer diese Zuneigung erleben möge. - Vielleicht ist’s ja wieder eine Pfarrerin, denn schließlich legen die Maßbacher großen Wert auf Tradition!
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Hier die persönlichen Abschiedszeilen von Pfrin. Eva Thelen im Gemeindebrief:
Liebe Gemeinde,
wie ja nun schon bekannt ist, werde ich zum 01. Januar 2013 eine halbe Stelle antreten. Diese Stelle (Karlstadt II) liegt im Dekanat Würzburg. Zu ihr gehören die Ortschaften Zellingen, Retzbach und Himmelstadt.
Ich habe mich nach nicht ganz drei Jahren zu diesem Schritt entschlossen, weil mir klar wurde, dass für mich persönlich eine Reduzierung meiner Arbeit wichtig ist, um zukünftig auch Zeit für eine Familie zu haben.
Dankbar blicke ich nun zurück, denn es waren drei schöne und ereignisreiche Jahre. Ich habe ganz lebendige Gemeinden mit ihren Traditionen, aber auch Neugier und Offenheit für Neues kennen gelernt. Ich erinnere mich an viele schöne Gottesdienste, eine gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeiten und den Kollegen Weich und Pfarrerin Ebert-Schewe, gute Gespräche und manches gemütliche Beisammensein.
Bedanken möchte ich mich bei Ihnen allen für die Offenheit und Freundlichkeit, mit der Sie mich in Ihren Kirchengemeinden willkommen geheißen haben, und für viele bereichernde Begegnungen.
Mein besonderer Dank gilt den Kirchenvorständen. Ich habe die gute Zusammenarbeit sehr genossen. Sie haben mich allezeit hilfreich unterstützt und waren immer ansprechbar, wenn ich Fragen hatte […]
Ihre Pfarrerin Eva Thelen
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(aus dem Gemeindebrief „Evangelische Gemeinden im Lauertal“, Dez. 2012/Jan. 2013, S. 4)
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