Enthüllung des Luther-Denkmals

am St. Johannis-Kirchenweihsonntag

Der Predigttext des Dekans: Bronzeplatte von Peter Vollert am Luther-Denkmal

Schweinfurt, 21. Juni 2015. Es regnete nur leicht, aber immerhin. Daher konnte der Gottesdienst anlässlich der 42. Johannis-Kirchweih, deren Höhepunkt diesmal die Enthüllung der Luther-Büste sein sollte, leider nicht auf dem Martin-Luther-Platz stattfinden. Dekan Oliver Bruckmann versuchte noch das Beste daraus zu machen: „Wir sind dem Schöpfer für jedes Wetter dankbar“, so begrüßte er die Besucherinnen und Besucher im vollen Kirchenschiff, insbesondere die zahlreich erschienenen Mitglieder der Gesellschaft Harmonie. Seiner Predigt legte er den Text der Bronzetafel am neuen Denkmal zugrunde und rekapitulierte die reformatorische Erkenntnis Luthers: Dieser sei „Professor“ und „Doktor der Theologie“ nur aus Angst geworden – aus Angst um die eigene Seele, aus Lebensangst und Todesfurcht. „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott, der mich in den Himmel kommen lässt?“ - so habe Luthers existenzielle Frage gelautet, die ihn, um Gott gnädig zu stimmen, Mönch werden und ein heiliges Leben im Augustiner-Kloster führen ließ. Doch „wer sagt denn, dass du genug gebetet und gebeichtet hast?“

Auch wir alle würden die Angst kennen, das Leben zu verfehlen. Ergo: „Was können wir tun, um den Himmel zu schauen?“ Luther habe als Antwort darauf gefunden: „Gott ist wie ein guter, herzlicher Vater. Ihm vertrauen ist das Einzige, was gegen die Angst hilft.“ Und: „fröhlich glauben, um ansteckend für andere zu sein.“

Natürlich durfte in der Predigt auch das Kernwort „allein durch den Glauben“ nicht fehlen, das Luther im Römerbrief (3,28) des Apostels Paulus entdeckt und ihn frei von Angst gemacht hatte. Ferner würdigte der Dekan Luther als „Gestalter der deutschen Schriftsprache“, denn ihm habe daran gelegen, dass jeder die biblische Botschaft hören und in verständlicher Sprache verstehen könne.

Abschließend wurde Dekan Bruckmann sogar noch kritisch: „Ein Heiliger ist er uns nicht geworden. Wir müssen auch sagen, wo er neben der Wahrheit lag“ - beispielsweise in seinem Judenhass. Luther habe vor Hass „förmlich gesprüht“. Und damit war der Bogen zum 9. November 1933 geschlagen, als (angeblich) die Lutherbüste, eingerahmt von Hakenkreuzfahnen und Braunhemden, zum ersten Mal enthüllt wurde.

Selbstverständlich durfte in diesem Gottesdienst ein Lutherlied nicht fehlen: „Nun freut euch, lieben Christen g'mein und lasst uns fröhlich springen“ - entsprechend festlich intoniert vom Evangelischen Posaunenchor unter Leitung von Wolfhart Berger und KMD Andrea Balzer an der Orgel.

Auch die Grußworte mussten wetterbedingt in der Kirche stattfinden: „Luther ist vom Dornröschenschlaf geweckt worden“, so begann voller Euphorie Georg Kreiner, der Vorsitzende der "Gesellschaft Harmonie e. V. Schweinfurt 1827", die sich zum Ziel gesetzt hat, Schweinfurts Geschichte zu fördern und transparent zu gestalten. „82 Jahre war Stille um die Büste“. Und warum ausgerechnet Luther? „Weil er ein freiheitsdenkender Mensch war, der sich für Freiheit auch im Handeln und in der Sprache einsetzte.“ Ihm sei es zu verdanken, dass die Bibel zu einem Bestseller wurde. Kreiner dankte vielen, vor allem dem Dekan, der das Projekt „wohlwollend und großzügig begleitet“ habe, sowie der Geschwister-Volk-Stiftung für die Finanzierung des Abgusses.

Für den Kirchenvorstand von St. Johannis sprach Christian Maurischat: Er bedauerte, dass die Büste so viele Jahrzehnte „gut geschützt“ und den meisten Besuchern des Gemeindeshauses verborgen blieb. Aber Luther habe keine geschlossene Gesellschaft, sondern eine Kirche für alle stiften wollen. Darum „steht er nun endlich im Licht.“

Für die Stadt, der nunmehr das Denkmal und die Fürsorge dafür gehören, trat OB Sebastian Remelé ans Mikrofon: „Da war er wieder, der 9. November!“ Ein unglaublich ambivalentes Datum, das uns Deutsche umtreibe. Remelé erinnerte an die Ausrufung der Republik am 9.11.1918, an die Niederschlagung des Hitler-Putsches am 9.11.1923 und natürlich an die Reichspogromnacht 1938 sowie an den Fall des Eisernen Vorhanges und der Berliner Mauer. Geschichte sei eben nicht nur schwarz oder weiß.

Es regnete immer noch leicht, als die Gemeinde mit Gottes Segen entlassen wurde und sich draußen um das verhüllte, trockene Denkmal scharte. Der Dekan brauchte einige Scherenschnitte, bis Luther – so wie man ihn eigentlich kennt – das Licht des Martin-Luther-Platzes erblicken durfte. Fortan schaut er bei geöffneter Kirchentür direkt auf den Altar und grüßt alle, die hinein- und herausgehen.

Von regem Kirchweihfestbetrieb konnte zumindest in den ersten Stunden keine Rede sein. Der Schöpfer zeigte erst am Spätnachmittag Einsehen und ließ Luthers Konterfei sowie die Biertische trocknen.