Pressegespräch über die VESPERKIRCHE
Schweinfurt, 30. Dez. 2014. Dekan Oliver Bruckmann dreht offenbar „ein großes Ding“. Denn mit diesem Ausdruck leitete er die am vorletzten Tag des Jahres 2014 angesetzte Pressekonferenz im Dekanat ein. Zusammen mit Diakoniewerk-Vorstand Jochen Keßler-Rosa stellte er Vertretern der Printmedien und TV-touring das diakonisch-kirchliche Kooperationsprojekt „Vesperkirche“ vor. Es soll in der St. Johanniskirche schon in drei Wochen, vom 18. Januar bis zum 8. Februar 2015, realisiert werden – zum ersten Mal auf bayerischem Boden, „ein Novum“, worauf Bruckmann nachdrücklich hinwies.
Denn Name und Idee der seit längerem etablierten Einrichtung stammen aus Württemberg. „Wir wollen damit für mehr Gerechtigkeit sorgen“, erklärte Keßler-Rosa und zitierte weiter aus der Info-Broschüre: „Menschen unterschiedlicher Herkunft und sozialer Stellung, Arme und Wohlhabende, Arbeitslose und Berufstätige, Hilfesuchende und Ratgebende werden zu einer Gemeinschaft. Sie alle treffen sich mittags an einem außergewöhnlichen Ort“ – und zwar in einer Kirche. Nicht etwa um „Abspeisung“ gehe es, sondern um Inklusion, um Begegnung. Und dies zu einem für alle erschwinglichen Preis: 1,50 Euro für ein Drei-Gänge-Menü inklusive Kaffee und Kuchen mit echtem Besteck und Bedienung – noch dazu in einer fröhlichen, freundlichen Atmosphäre. Klingt fast wie geschenkt.
Das regte die Journalisten zur Nachfrage nach der Finanzierung an: Die Hälfte des auf 90.000 Euro geschätzten Vorhabens trage die Evang.-Luth. Landeskirche aus Steuermitteln bei, betonte der Dekan. Die andere Hälfte müsse man vor Ort selbst erwirtschaften, unter anderem durch das Diakonische Werk und von namhaften Sponsoren wie Banken und Versicherungen. Natürlich, ergänzte der Diakoniechef, seien weitere Spender für diese gemeinnützige (d.h. steuerlich absetzungsfähige) Veranstaltung dringend erwünscht.
Beide Vorstandsmitglieder der Vesperkirche warnten jedoch vor allzu hochfliegenden Erwartungen. Das Ganze „muss erst einmal anlaufen“. Daher werde es wohl genügend Spielraum für Improvisation und nicht gleich Vollbelegung der 120 Tischplätze geben.
Immerhin haben sich derweil 180 Personen zur ehrenamtlichen Mitarbeit bereit erklärt und nehmen an einer dreiteiligen, vorbereitenden Schulung teil. Die Organisatoren kalkulieren mit bis zu 40 Helferinnen und Helfern pro Tag und – an Spitzentagen – mit der Ausgabe von zirka 200 Mittagessen, geliefert von der Leopoldina-Catering GmbH.
Täglich, auch sonntags zwischen 11.30 Uhr und 14.30 Uhr geöffnet, werde jeder Gast von einem offiziellen Begrüßungskomitee in Empfang genommen und dann zu einem bestimmten Platz geleitet. Abgesehen vom Essen besteht die Möglichkeit zu seelsorgerlichem Gespräch und persönlicher Sozialberatung sowie Energieberatung. Ebenso sind ein Optiker, ein Frisör und eine Schwester des Diakonischen Sozialdienstes vor Ort.
Des Weiteren finden täglich Fünf-Minuten-Andachten und an den vier Sonntagen zur gewohnten 10.30 Uhr-Zeit selbstverständlich Gottesdienste statt, unter anderem mit Pfarrer Michael Bammessel, dem Präsidenten des Diakonischen Werkes Bayern, und mit Regionalbischöfin Gisela Bornowski als Predigern. Ja sogar Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm wird am Freitag, dem 6. Februar, zu einer Stippvisite vorbeischauen.
Und schließlich gibt es noch ein kulturelles Begleitprogramm an drei Donnerstagabenden, zum Beispiel ein Benefizkonzert mit Steffi List und eine Talkrunde zum Thema „Asyl“.
Gegen Kritiker am Essen in der Kirche und gegen ihren Vorwurf der „Entheiligung“ gerichtet, wies Dekan Bruckmann auf den Usus in der Urkirche hin, wo ursprünglich auch Abendmahl und Sättigungsmahl zusammengehörten. Bewusst verstehe man die Kirche als „Begegnungsstätte“. Nahrung für die Seele könne und dürfe nicht am Leib vorbeigehen. Darum werde „Soul-Food“ geboten, wie auf einem Werbeflyer getextet. „Jedes Detail hat eben seine Botschaft“, pflichtete Pfarrer Keßler-Rosa dem bei. Man darf gespannt sein.