Archiv 2011/II (Juli - Dezember)

1.  Highlights 2011 im Dekanat Schweinfurt

2.  600 Jahre Gotik in St. Johannis

3. "SäulenHeiligeMenschen": Das Ende einer Ausstellung

4.  Luther im Kindergarten: Reformationstagsgottesdienst für Kleine

5.  Knistern im Kirchenrund: Reformationstagsgottesdienst mit Dr. Reinhard Höppner

6.  9,5 Thesen zum Reformationstag 2011 (von Pfr. Manfred Herbert)

7.  Martin-Luther-Musical "Martin L." in der Erlöserkirche Bad Kissingen

8.  Eine Stadt stellt sich der Vergangenheit: Gedenkort an ehemalige Zwangsarbeiter eingeweiht

9.  Sein kurvenreicher Weg zur Kunst: Ein Abend mit dem Bildhauer Andreas Kuhnlein

10.  Schwierige Erinnerungssuche: Zwangsarbeiter in Schweinfurt

11. Blockflötenkreis Bad Kissingen begeistert in der Johanneskirche Bad Bocklet

12. Live im Fernsehen: Gottesdienst aus der St. Johanniskirche Schweinfurt

 

 

1.  Highlights 2011

im

Dekanat SCHWEINFURT

 

 

 

 

 Eröffnung der 2. Nacht der Kirchen in Schweinfurt: So., 2. Okt. 1. Dekanatskirchentag in Bad Kissingen, 28./29. Mai, mit Landesbischof (a.D.) Dr. Johannes Friedrich 

 

 

50 Jahre Evang. Frauenbund am Bergl am 30. Jan. mit Regionalbischof Christian Schmidt  5 Jahre Protestantische Kirchenstiftung Schweinfurt am 5. Mai wieder mit dem Regionalbischof, hier mit den Stifter-Ehepaar Schäfer(-Gärdes) 

 

 

40 Jahre Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Schweinfurt am 12.5., 25./29. 11.: Dekan Bruckmann mit Geschäftsführerin Kornelia Schmidt l.) u. der EBW-Vorsitzenden Pfrin. Valerie Ebert-Schewe (r.) Holzskulpturen-Ausstellung von Andreas Kuhnlein (l.) in der St. Johanniskirche SW vom 26. Mai bis 6. Nov.

 

 

500 Jahre St. Michael in Gochsheim am 26. Juni, wieder mit dem Regionalbischof; vor ihm Pfr.-Ehepaar (Roth-)Stumptner, links: Bgm. Hans Fischer/Schwebheim

Visitation des Dekans in der Kirchengemeinde Werneck mit 15 Außenorten vom 7.-11. Dez.; hier: Pfr. Friedrich Lösch

 

 

Einweihung eines Gedenkortes für ehem. Schweinfurter Zwangsarbeiter am 25.9.: Klaus Hofmann ("Initiative gegen das Vergessen") erläutert dem Dekan das Projekt

Gottesdienst am Reformationstag mit Gastprediger Dr. Reinhard Höppner (ehem. Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt) u. Sohn (r.) 

 

 

Abschied von der brasilianischen Austauschpfrin. Dr. Tais Kind Strelow samt Mann Fernando und Sohn Wagner am 30. Juli Abschied von den Dekanatsjugendreferenten Annabell u. Fred Keilhauer mit Sohn am 3. Juli

 

 

Neu im Dekanat: Pfrin. Christel Mebert (Bad Kissingen III), hier mit Mann Friedrich (Rel.-Lehrer in Hammelburg) am 7. Mai Neu im Dekanat: Pfr. Harald Deininger (Auferstehungskirche, SW-Bergl) am 11. Sept. 

 

          Wieder da: Diakonin Anja Schenk in Schwebheim am 2. Okt.  Wohin driftet Schweinfurts Kirche 2012? Wagenkirche mit ihren Protagonisten Past.ref. Günter Schmitt u. Citypfr. Heiko Kuschel

*** *** *** *** ***

 

2.  Wenn sich ein Rundbogen nach dem Himmel sehnt

Auf den Tag genau 600 Jahre Gotik in St. Johannis

 

 

 

 Hoch konzentriert: Wiltrud Wößner bei ihren Ausführungen über Gotik Das Querschiff war für den Zuhörerkreis gerade groß genug; in der Mitte: Dekan Oliver Bruckmann u. Dekan i. R. Johannes Strauß

Schweinfurt, 11.11.2011. Es ist eines der wenigen Daten, das vom Bau der Johanniskirche bekannt ist: In Nikolaus Sprengers Annalen steht unter dem Jahr 1411: „In d. J. ist uff Martini geweyheit worden der Kore … zu Sant Johans in der Pfarr, so newgebauet, mit Verwilligung Bischoff Johans, den alten Chor abzubrechen.“ Bewegend zu wissen, dass seitdem 18 Generationen von Menschen mit St. Johannis verbunden waren und sind, die immer wieder an der Kirche weiter gebaut haben!  
Grund genug für die St. Johannis-Gemeinde, dieses für die Stadtgeschichte Schweinfurts überaus bedeutsame Jubiläum würdig zu begehen. So sprach auf den Tag genau 600 Jahre später Kunst- und St. Johannis-Expertin Wiltrud Wößner im vollbesetzten Querhaus der Kirche allgemein über Gotik aus kunstgeschichtlicher Sicht sowie speziell über die gotischen Spuren in der St. Johanniskirche.

Wößner vermittelte zunächst allgemeinverständlich Grundwissen über den Baustil der Gotik: Der Name habe nichts mit dem Volk der Goten zu tun, sondern sei zunächst ein Schimpfwort gewesen: „fremdartig, barbarisch“. Zwar werde Gotik als besonders deutsch empfunden, gerade weil Maler der Romantik sie als Synonym für die große mittelalterliche Vergangenheit des Kaisertums gewertet hätten. Zum Beispiel habe Caspar David Friedrich eine gotische Kirche als das Sinnbild für Kirche schlechthin angesehen.
Doch entstanden sei dieser Kunst- und Architekturstil im 12. Jh. in Frankreich, wovon die Kathedralen von Beauvais, Reims oder Amiens zeugten. Der Grundriss dieser Kirchen folge dem Bauplan einer dreischiffigen Basilika mit Eingang an der zweitürmigen Westfassade und dem Chor zur aufgehenden Sonne im Osten hin; Paradebeispiel hierfür sei Notre Dame in Paris.
In Deutschland gelte die Liebfrauenkirche in Tier als älteste rein gotische Kirche (1230), gefolgt von der Elisabethkirche in Marburg (1235). Hingegen seien „typisch“ gotische Bauten wie der Kölner Dom oder das Ulmer Münster erst in der Neugotik des 19. Jh. fertig gestellt worden.

Wößner führte des Weiteren aus, dass inspirierend für den Baustil der Gotik die Vision vom himmlischen Jerusalem im letzten Buch der Bibel (Offb. 21) geworden sei: Geschildert werde dort eine lichte, weite, vor allem hoch gebaute, schwebende Stadt. Daher hätten die Baumeister viel Wert auf eine besondere Gewölbekonstruktion und -höhe gelegt, wozu die Kreuzgrat- und Tonnengewölbeform taugten. Die fünf, mit je 10 Meter Höhe überdimensionierten Fenster im St. Johannis-Chorraum sollen übrigens den für gotische Kirchen wunderbaren Lichteinfall (lux mirabilis) widerspiegeln.

Die erste Gestalt der St. Johannis-Kirche dürfte um 1360 vollendet gewesen sein. Doch bereits um 1400 hätten die Schweinfurter darum gebeten, den alten romanischen Chor abzureißen, um einen neuen gotischen Chor zu errichten. Von daher stellten Querhaus und Chor von St. Johannis eine Übergangsform dar, denn spätromanische und frühgotische Einflüsse würden sich hier mischen. Der Gewölbescheitel befinde sich „nur“ gut 13 Meter über dem Fußbodenniveau, während etwa der Kölner Dom mit 43 Metern Gewölbehöhe aufwarte, was der Kirchturmhöhe von St. Johannis entspreche. So komme man in St. Johannis wenigstens nicht in die Versuchung „einen Babelgedanken in der Seele zu zeugen“ (Goethe), denn menschliche Hybris habe leider oft beim Immer-höher-hinaus-Wollen die entscheidende Rolle gespielt.  
Auch besonderer bildhauerischer Schmuck an Kapitellen und Konsolen und besonders am Eingangsportal sei in St. Johannis, offensichtlich aus finanziellen Gründen, unterblieben. Immerhin ein Kleinod in der Turmkapelle stelle die Sandstein-Madonna, datiert 1510, dar, die, zwar romanisch konzipiert, erst in der Gotik vollendet worden sei.

Wößner beschloss ihren vom mehr als 100-köpfigen Publikum stark applaudierten Vortrag mit einer zwölfminütigen, meditativen Powerpoint-Fotopräsentation. Sie zeigte viele Details der Architektur und der Kunstwerke von St. Johannis aus zum Teil ungewohnter Perspektive, aufgelockert durch passende Zitate und Bibelworte wie: „Der Spitzbogen der Gotik ist ein Rundbogen, der sich nach dem Himmel sehnt“ oder „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31,9), dazu untermalt mit Musik von Christóbal de Morales. Freilich war dieser Spanier des 16. Jh. bereits ein Komponist der Renaissance ... 

Auch der Sonntagsgottesdienst am 13. November stand ganz im Zeichen des bedeutsamen Jubiläums. Die jungen stimmen schweinfurt intonierten vom Chorraum aus den Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, der treffend vom himmlischen Jerusalem handelt. Dekan Oliver Bruckmanns Leit- und Stichwort in seinen ausgesuchten Liedern, Gebeten und seiner Predigt war „Licht“. „Was bewegt Menschen, hierher zu kommen?“ Seine Antwort: „Es ist der Himmel, den wir suchen und in den wir hier schauen.“ Die Architektur der Gotik helfe uns, unseren Blick in den Himmel zu lenken. Sie öffne gleichsam die Mauern und lasse das göttliche Licht, das Licht der Schöpfung, sehen. Ein gotischer Bau habe nichts Schweres an sich, sondern gleiche dem Kosmos, den Gott geschaffen habe, und schenke uns eine Ahnung von der himmlischen Stadt, zu der wir unterwegs seien.
Außerdem bringe die Gotik Jesus nahe und wolle uns in das Licht des erhellenden göttlichen Wortes tauchen. Dadurch solle uns ein Licht aufgehen, „damit wir den Weg des Lebens und der Freiheit, den Weg mit Gott, gehen“, außerdem uns durchscheinend machen für das göttliche Licht im Blick auf all die Menschen, die sich nach dem Licht sehnen.
Das Lied „Strahlen brechen viele aus einem Licht. Unser Licht heißt Christus“ memorierte noch einmal das Gehörte und Gesehene.

 

 

 

Frau Wößner bekam vom St. Johannis-KV einen Blumenstrauß überreicht Dekan Bruckmann mit einfallendem (göttlichem?) Licht aus dem gotischen Chorraum 

 

Das Jubiläum im Spiegel der Presse:

Das ganze Repertoire der Gotik


Schweinfurt. 11.11.2011. Am heutigen Freitag vor genau 600 Jahren – „uff Martini“, wie es in einer Chronik heißt – wurde der Chor der St. Johanniskirche geweiht. „Ich wüsste sonst kein Gebäude in der Stadt, das seinen 600. Geburtstag feiern kann“, sagt Wiltrud Wößner, die vermutlich beste Kennerin des Gebäudes. Freilich sind Teile der Kirche deutlich älter als der Chor, aber der 11. November 1411 ist eines der wenigen gesicherten Daten der Baugeschichte.
Der alte Chor wurde abgerissen, weil er, so die Kirchenchronik, zu klein geworden war. „Zu klein wofür, ist nicht bekannt“, sagt Wiltrud Wößner. Er war deutlich schmäler und kürzer als der Neubau. Heute weitet sich der Raum noch einmal jenseits des wuchtigen Bogens, der Querschiff und Chor trennt. Seine Länge macht ein Drittel der Gesamtlänge der Kirche aus.
Der Chor als solcher ist pure Gotik. Die so genannten Dienste, also die senkrechten Gurte, fließen direkt und ohne Unterbrechung durch Kämpfer und Kapitelle nach oben in die Gurtbögen des Kreuzgewölbes. „Das sind richtige Kraftleitungen“, sagt Wiltrud Wößner. Die fünf zehn Meter hohen Fenster versorgen den Raum auch an trüben Tagen mit reichlich Licht. Das ganze Repertoire der Gotik schöpfen auch die Konsolen und Baldachine für die vier Statuen – zweimal Johannes, einmal Kilian, einmal Muttergottes – aus: Fabeltiere unten, feinste Ornamentik oben.
Wie die Kirche insgesamt, ist auch der Chorraum ein Bilderbuch verschiedenster Epochen, von romanischen Resten bis hin zum großen Altarbild von Adolf Kleemann von 1959. Der Altar selbst, geschaffen 1783 vom Würzburger Hofstuckateur Materno Bossi, stammt aus dem Kloster Heidenfeld. Dazu gab es auch ein Gemälde, vermutlich eine Kreuzigung, das wollte der (weltliche) Besitzer des Klosters nach der Säkularisierung aber lieber getrennt verkaufen.
An den Wänden haben sich einige der so genannten Weihkreuze erhalten, kreisförmige Fresken, die eben an die Weihe des Chors erinnern sollten. Eines davon trägt eine schwer zu lesende Inschrift, die Wiltrud Wößner mit Hilfe aller Tricks der Fotografie schließlich doch entziffert hat. Ihr zufolge wäre der Chor am „Dag“ nach St. Martin geweiht worden. [...]

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 11.11.2011; Text: Mathias Wiedemann)

 

*** *** *** *** ***

 

 

 

 

Vom Abschied geprägte Finissage; hier: Skulptur "Rückblick" Andreas Kuhnlein begegnet seinen Figuren wieder

 

3.  „SäulenHeiligeMenschen“: das Ende einer Ausstellung

Schweinfurt, 6.11.2011. Fast ein halbes Jahr, um genau zu sein: 165 Tage, währte die Ausstellung von Skulpturen des Holzbildhauers Andreas Kuhnlein in der St. Johannis-Kirche samt seiner eigens für die Schweinfurter Präsentation geschaffenen Installation „Säulenheilige“ auf dem Vorplatz der städtischen Kunsthalle. Viele hatten inzwischen die per Kettensäge „geschnitzten“ Figuren lieb gewonnen und sie regelmäßig besucht. Wer erinnert sich nicht an die „Pieta“ oder an das „Antlitz Christi“! Nun aber galt es, von ihnen Abschied zu nehmen. Wie zur Vernissage am 26. Mai (s. Aktuell 2011/I, Nr. 2) und zu einem persönlichen Gespräch im September war auch zur Finissage der Künstler noch einmal aus seinem Heimatort Unterwössen im Chiemgau angereist.
Dekan Oliver Bruckmann zog ein Resümee: Die Ausstellung sei auf großes Interesse gestoßen und habe „Kunst im Lebensraum“ geboten. Denn die Skulpturen spielten ja in den Gottesdiensten, bei Taufen und Sonderveranstaltungen mit. Jeder St. Johannis-Besucher kam unweigerlich mit ihnen ins Gespräch. „Sie haben Menschen in Bewegung gebracht.“ Der Dekan zollte sowohl dem Künstler Dank als auch dem Kulturamtsleiter der Stadt Schweinfurt, Dr. Erich Schneider, für Organisation und Kooperation – der bereits zweiten nach der Adolf-Kleemann-Bilderschau im Jahr 2009 (s. http://www.schweinfurt-stjohannis-evangelisch.de/346.php). Natürlich durfte der Dank an die Adresse der vielen Ehrenamtlichen, die während der doch recht langen Zeit die Kirchenaufsicht führten und als Auskunftspersonal fungierten, nicht fehlen. Dr. Schneider fand seinerseits Dankesworte und hob noch einmal einen künstlerischen Aspekt hervor: Kuhnlein gelinge es auf „grobe Weise“, Figuren zu schaffen, die uns ansprechen wie „Ohnmacht“ oder „Auszeit“. Kunstgeschichtlich gesehen, präsentiere er damit Archetypen. Die Kunsthalle zeige sich sogar am Erwerb einer der Skulpturen interessiert.
Die Feier zur mittäglichen Zeit wurde dezent musikalisch ausgestaltet durch Kantorin Andrea Balzer am Flügel und den Cellisten Udo Schachner, der Joh. Seb. Bachs Suite Nr. 1 zu Gehör brachte.
Andreas Kuhnleins Prinzip ist es, nie an einem Ort zwei Mal auszustellen. Trotzdem hält er dem Dekanat Schweinfurt die Treue, denn ab März kommenden Jahres zeigt Bad Kissingen eine ähnliche Kuhnlein-Schau. Wer weiß: Vielleicht begegnet man ja dann den altbekannten Archetypen wieder.

 

 

 

Die beiden Joint-Venture-Unternehmer: Dekan Oliver Bruckmann und mit dem Schweinfurter Kulturchef Dr. Erich Schneider Sorgten für ansprechende musikalische Untermalung: Kantorin Andrea Balzer und Udo Schachner 

*** *** *** *** ***

 

4.  Luther im Kindergarten

Gottesdienst am Reformationstag für die Kleinen

Schweinfurt-St. Johannis, 31.10.2011, 10.00 Uhr morgens: Luther hätte seine helle Freude gehabt: Über 200 Kinder feierten einen Reformationstagsgottesdienst aus Anlass des Geburtstages der evangelischen Kirche.
„Hallo Luther“! So selbstbewusst lautete das Motto in Anspielung auf die säkulare, eher kommerzielle Halloween-Feier am selben Tag. Aus (fast) allen Kindergärten der Stadt waren sie gekommen, aber auch aus dem Umland - aus Zell und Schwebheim. Das Vorbereitungsteam bestand aus den Pfarrern Christiana von Rotenhan (St. Lukas) und Martin Schewe (Christuskirche), dem Ehepaar Jo(hannes) und Monika Hofmann – er: Diakon und Dekanatsbeauftragter für Kindergottesdienstarbeit, sie: Diplom-Sozialpädagogin, Kinderbuchautorin und Sprachberaterin beim Evang. KITA-Verband Bayern – sowie aus Marianne Wedler vom Kiga der Auferstehungskirche und Anna Rothecker von der Kita St. Lukas. Sie alle hatten kräftig die Werbetrommel gerührt und im Vorfeld allen 24 Kindereinrichtungen im Dekanat Schweinfurt ein Materialpaket zwecks Vorbereitung des Events zukommen lassen.
Und natürlich wurden sie gesungen: die kindgemäßen Ohrwürmer „Einfach spitze, dass du da bist“ oder „Herr, wir bitten: Komm und segne uns …“ Pfrin. von Rotenhan fragte in ihrer Ansprache: „Wie groß ist Gottes Liebe?“ Dies sei auch die Frage Martin Luthers gewesen: „Kann man Liebe überhaupt messen?“ Eine Antwort darauf lasse sich nur in Bildern und Vergleichen geben, was natürlich die Kinder – ebenfalls in Liedform - spontan taten: „Wie weit ist Gottes Liebe? … so weit wie der Himmel ist. Wie zart ist Gottes Liebe? … so zart wie ein Blütenblatt.“
„Blüte“ lieferte das Stichwort, um zur kreativen Phase überzugehen: Luthers Familienwappen, die berühmte „Luther-Rose“, wurde an einer großen Leinwand aus Einzelstücken zusammengesetzt. Jedes Kind trug mit einem farbigen Filzstück dazu bei: eine Gruppe die blaue Farbe für den Himmel, eine andere das Weiß für die Rose. Auch ein goldener Reif, Symbol für die Ewigkeit, durfte in ihrem Zentrum nicht fehlen, in das man noch ein Herz und wiederum in dieses ein schwarzes Kreuz platzierte.
Und weil das alles so tadellos, wie am Schnürchen, klappte, gab es schließlich etwas für Mund und Magen. Körbe voller Rosinenbrötchen mit einem süßen, roten, herzförmigen Tupfer drauf machten die Runde. Luther-Brötchen sollten es sein: Aber auch ohne seinen Namen hätten sie dem großen Reformator, der bekanntermaßen leiblichen Genüssen zugetan war, genauso gemundet wie den Kleinen. Alles in allem ein äußerst kurzweiliger Gottesdienst, der Kindern das Anliegen der Reformation zumindest etwas näher brachte.

 

 

 

        Pfarrerin Christiana von Rotenhan vor strahlender Jungenriege  Auch Pfr. Martin Schewe kann sich über den großen Zuspruch nur freuen

 

 

Sie singen die Antwort auf die Frage "Wir groß ist Gottes Liebe?: ... so groß wie der höchste Turm" Kann sich sehen lassen: Ehepaar Hofmann vor dem fertigen Produkt "Luther-Rose"

 

Aufstellen in Reih und Glied für den Heimweg:

Nächstes Jahr am Reformationstag wieder in St. Johannis?

Na klar doch

 

*** *** *** *** ***

 

5.  Knistern im Kirchenrund

Gottesdienst am Reformationstag für die Großen

Schweinfurt-St. Johannis, 31.10.2011, 19.00 Uhr abends: Wenn 300 Liederblätter nicht reichen, so ist dies untrügliches Indiz für eine proppenvolle Kirche. „Ich hoffe, Sie sitzen alle gut“, bemerkte Dekan Oliver Bruckmann süffisant in seiner Begrüßung und hieß nicht nur BesucherInnen aus seinen 27 Kirchengemeinden, den Diensten und Werken im Dekanat und aus den Schwesternkirchen willkommen, sondern ebenso viele Vertreter aus Politik, Verwaltung, Schule, Wissenschaft, Kultur, Presse und und und.
Der zentrale Gottesdienst zur Reformation in St. Johannis ist eigentlich in jedem Jahr gut besucht, aber bestimmt nicht (nur) wegen der reformatorischen Erkenntnis, die der Dekan diesmal umriss mit „weltlicher Verantwortung eines Christenmenschen“ und „zwischenmenschlicher Dimension des Glaubens“: „Die gewonnene Freiheit im Glauben drängt selbstverständlich zur Liebe.“
Es ist auch nicht die Einladung zum anschließenden Gespräch bei einem Schoppen Wein, die das Gotteshaus füllt, sondern es sind die hochkarätigen Festprediger, in diesem Jahr der ehemalige Ministerpräsident (SPD) von Sachsen-Anhalt (1994-2002), dem Land Luthers, Dr. Reinhard Höppner, von Haus aus promovierter Mathematiker, vor allem aber - als Pfarrerssohn und Ehemann einer Pfarrerin -  bekennender Christ. Höppner war unter anderem von 1980 bis 1994 Präses der Synode der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und Präsident des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Köln 2007.
Sein Predigtthema lautete: „Die Bibel und die Politik“, aber Höppner nahm dabei immer wieder Bezug auf das Evangelium des Tages aus Jesu Bergpredigt (Matth 6,19-34), vor allem auf den Spitzensatz: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit!“ Bereits 1984 hatte er bei einem Friedensseminar in Königswalde darüber gesprochen. Angesichts des damaligen Wettrüstens zwischen Ost und West rief er, von der Stasi sauber mitprotokolliert, dazu auf: „Sucht Sicherheit nicht in Waffen und Raketen, sondern in der Gestaltung einer gerechten und schönen Welt, die der Vorgeschmack des Himmels ist. Achtet auf die Vorzeichen von Gottes Reich in unserer Welt und auf seine Spielregeln.“ Inzwischen sei zwar die Blockkonfrontation überwunden, doch nun werde die deutsche Sicherheit am Hindukusch scharf verteidigt und der Terrorismus mit Waffen bekämpft. Höppner hingegen plädierte dafür, dass auch die Taliban in Afghanistan, generell die „Feinde“, an den Verhandlungstisch gehörten. „Wenn der Feind keinen menschenwürdigen Platz hat, dann kann auch ich nicht in Frieden leben.“ So habe in Nordirland erst das Gespräch mit den sog. Feinden zum Frieden geführt.
Anhand eines Gleichnisses entfaltete sodann der Ex-Ministerpräsident sein Verständnis von der „Gerechtigkeit Gottes“: Wenn ein Fest gefeiert werde, müsse zuvor der Tisch gedeckt werden und alles richtig an seinem Platze sein. „Die Kerzen sind nicht neidisch auf die Gläser.“ Ergo: Wenn jede und jeder von uns an seinem Platz wäre, wo er gebraucht werde und sich richtig entfalten könne, dann würde dies den Himmel auf Erden bedeuten, kurzum eine Welt, in der Gerechtigkeit wohne.
Noch ein weiteres Beispiel führte Höppner zur Illustration an: Jesus habe den wettbewerbsbenachteiligten Lahmen am Teich Bethesda befreit, sein Leben selber in die Hand zu nehmen. Jener habe dies dadurch demonstriert, dass er die Trage, die bisher sein Leben war, selber weggetragen habe. So lehre die Bibel, dass Arbeit für Gerechtigkeit eine Integrationsaufgabe sei. „Die Armen unter uns brauchen gesellschaftsnützliche, sinnstiftende Arbeit.“
Höppners Ansprache endete in einer Werbekampagne für die Bibel: Sie sei nicht nur eine Fundgrube für gute Politik, sondern insgesamt hochpolitisch. „Wir müssen lernen, sie so zu übersetzen, dass es anfängt zu knistern.“ Luthers Reformation habe geholfen, die Bibel für den – auch politischen – Alltag neu zu entdecken. Also: „Entdecken auch wir die Bibel neu für gute Politik!“ 
Ja, man spürte tatsächlich ein Knistern im Kirchenrund, das sich anschließend in spontanem Applaus entlud. Mögen auch manche Gedanken Höppners noch utopisch und weltfremd anmuten, so dürfte er doch damit genau Jesu Intention erfasst haben, die sich nicht mehr aus dieser Welt, auch nicht mit Waffengewalt, beseitigen lässt. Ein profanes Wort von Steve Jobs, dem kürzlich verstorbenen Apple-Begründer, kam vielleicht manchem in den Sinn: „Die Menschen, die verrückt genug sind zu glauben, die Welt verändern zu können, werden genau das tun.“ Luther gehörte ganz bestimmt dazu.

 

 

 

Hatte gar nicht mit so vielen gerechnet: Heiligabend-Feeling bei Dekan Oliver Bruckmann Full churchhouse - vorne (v.r.) neben zwei Gottesdienstbesuchern Sohn und Vater Höppner sowie Lektorin Wiltrud Wößner 

 

 

            Es knisterte während Höppners Kanzelrede im Halbdunkel         Obligatorisches Pressefoto: Dekan und Dr. Reinhard Höppner

 

 

    Smalltalk unter Parteigenossen: Dr. Höppner mit Ehepaar Petersen Nur drei von 300+ in St. Johannis danach: Pfrin. Grit Plößel (Christuskirche), stellvertretender Dekan Pfr. Jochen Wilde (Bad Kissingen) u. ein rundum begeisterter Dekan

 

*** *** *** *** ***

6.   9,5 Thesen zum Reformationstag 2011


A   Zum Besuch des Papstes Benedikt XVI. in Deutschland (22.-25.9.2011):

1. These: Die Rede des Papstes vor dem Bundestag in Berlin entfaltete in zutreffender Weise die Grundlagen des „christlichen Abendlandes“: Jerusalem als Wiege der jüdisch – christlichen Tradition, Athen als Wiege der europäischen Philosophie, Rom als Wiege des Rechtsstaates (ius romanum).
2. These: Das beredte Schweigen des Papstes zum Verhältnis der römisch-katholischen zu den protestantischen Kirchen in Deutschland kennzeichnet den Rückschritt der abendländischen Ökumene. Im Gegensatz dazu betont der Papst den Fortschritt der ökumenischen Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen.
3. These: Aus der Generallinie der gegenwärtigen römisch-katholischen Hierarchie folgt eine Revision der Ergebnisse der II. Vatikanischen Konzils („aggiornamento“) zugunsten des papalistischen Triumphes im I. Vaticanum.

 

B   Zur Verabschiedung des bisherigen Landesbischofs der ELKB Dr. Johannes Friedrich am 9. Oktober 2011:

4. These: Als Propst von Jerusalem hat sich Johannes Friedrich bleibende Verdienste um den jüdisch–christlichen Dialog erworben.
5. These: Als „Ökumene-Bischof“ ist Johannes Friedrich weitgehend gescheitert, da aus den gemeinsamen Erklärungen zu Taufe und Rechtfertigung keine praktischen Konsequenzen gezogen wurden.
6.These: Die Entwicklung der ELKB unter Johannes Friedrich zum „Unternehmen Kirche“ nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen ist kritisch zu vermerken. Der landeskirchliche Haushalt (ab 2011 „Bilanz“) hat sich auf Kosten der Kirchengemeinden saniert (Gegenbewegung: „Forum Aufbruch Gemeinde“).

 

C   Zur Amtseinführung des zukünftigen Landesbischofs Prof. Dr. Heinrich Bedford- Strohm am 30. Oktober 2011:

7. These: Die Wahl von Heinrich Bedford-Strohm am 4. April 2011 im 6. Wahlgang vor Helmut Völkel und Susanne Breit-Keßler war der überraschende Triumph eines Quereinsteigers über das Münchener Establishment.
8. These: Als evang. Theologie–Professor für Gegenwartsfragen publizierte Heinrich Bedford-Strohm vor allem Artikel über Themen evangelischer Sozialethik, was dem „Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt“ (kda) zugute kommen sollte.
9. These:  Zusammen mit seiner Frau, der kalifornischen Psychoanalytikerin Deborah Bedford, besitzt der neue „lächelnde Landesbischof“ des Potenzial, sowohl psychologisch–seelsorgerliche als auch sozialpolitische und ökologische Akzente zu setzen.
9,5. These: Was folgt daraus für mich als Pfarrerin und Pfarrer der ELKB?

Manfred HERBERT, evang.-luth. Pfarrer an der Gustav-Adolf-Kirche Schweinfurt
                             kda-Pfarrer im Dekanat Schweinfurt

 

*** *** *** *** ***

7.  Martin Luthers Thesen – heute so aktuell wie vor 500 Jahren

Luther-Musical „Martin L.“ in der Erlöserkirche Bad Kissingen

Bad Kissingen, So., 23.10.2011 (klk). „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.“ Wer sich mit Martin Luther und seinem Leben befasst, ist fasziniert von dem Weitblick und der Aktualität seiner Thesen. Was machte den Bergmannssohn zu einer Figur der Weltgeschichte wie nur wenige neben ihm? Sogar ein Musical ist ihm gewidmet, welches jetzt in der Bad Kissinger Erlöserkirche vom Theater „Die Katakombe“, Frankfurt aufgeführt wurde. Das Musical zeichnet Luthers Lebensweg von der Studentenzeit bis nach den Bauernaufständen nach. Machtkämpfe, Streit in der Kirche und Auseinandersetzungen mit Thomas Müntzer werden thematisiert.

Und weil ein Musical offenbar eine Liebesgeschichte braucht, erzählt das Stück in der ersten halben Stunde historisch nicht ganz korrekt davon, wie Luther (Franz Garlik) sich in die junge Ursula (Felicia Groh) verliebt. Und vielleicht wäre aus den beiden auch ein Paar geworden, wäre da nicht dieses sagenumwobene Gewitter gewesen, das Luther dazu veranlasste, Gott zu geloben, Mönch zu werden. So endet das junge Glück: Luther wird Mönch, Ursula wird Nonne. Was weiter folgt, sind die wichtigsten Stationen aus dem Leben Luthers: der Thesenanschlag, der Reichstag zu Worms, die Entführung auf die Wartburg und schließlich Luthers Parteinahme in den Bauernkriegen, als er den Fürsten riet, den Aufstand niederzuschlagen. Anders als der Film „Luther“ geht das Musical mit einigen Figuren - nicht zuletzt mit Luther selbst - durchaus kritisch um. Luthers Schattenseiten, zum Teil aber auch seine Selbstzweifel, werden in dem Stück immer wieder durch Dialoge mit der Figur des Jörg (Bastian Korff) - der das eigene Ich symbolisiert - thematisiert. Das Stück bleibt dadurch nicht an der Oberfläche. Stets findet auch ein Widerschein dessen statt, was Luther tat und vermutlich dachte.

Regelrecht eindringlich erscheint dann auch das letzte Bild des Musicals. Thomas Müntzer, hervorragend verkörpert von Michael Ewig, wird von zwei Soldaten gefesselt abgeführt. Er trägt eine Tüte über dem Kopf. Das Licht geht aus, auf einer E-Gitarre ertönt das von Luther komponierte Lied „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Von Anfang an fesselte die eigenwillige Inszenierung die Zuschauer. Faszinierend, wie ohne Kulissen Spannung aufgebaut wurde. Die sängerischen Leistungen der Theatergruppe beeindruckten. Auch die eingängige Musik des Musicals im Spannungsfeld zwischen einer Rockband und einem Sinfonieorchester stehend, schuf so ein eindrucksvolles, nachhaltiges Klangerlebnis. Dabei wurden geradlinige und emotionale Wirkungsmöglichkeiten des Musicals genutzt, um auf Basis der historischen Fakten eine eigene, teils fiktive Geschichte zu erzählen, deren historische Daten jedoch korrekt waren. Tetzels Ablasshandel, der Reichstag zu Worms, Luther auf der Wartburg, die Bauernaufstände des Thomas Müntzer basierten auf historischen Tatsachen. Alles in allem ein sinnliches Erlebnis, welches den lang anhaltenden Applaus der Zuschauer wirklich verdient hatte.

(Text u. Fotos: Peter Klopf)

 

 

Das Martin-Luther-Musical bezog die ganze Erlöserkirche in das Geschehen ein. Ohne Kulissen gelang dem Theater "Die Katakombe" eine spektakuläre Interpretation. Martin Luther (Franz Garlik) verabschiedet sich von der geliebten Ursula (Felicia Groh), bevor er ins Kloster geht. 


*** *** *** *** ***

 

8.  Eine Stadt stellt sich der Vergangenheit

Gedenkort an ehemalige Zwangsarbeiter eingeweiht

 

 

 

 
Wo sich der Gedenkort befindet: heute eine schöne grüne Wiese direkt am Main (Mitte) - Foto auf einer Schautafel am ehemaligen "Lagerweg" Geschöntes Zwangsarbeiter-Foto: Vier ukrainische Jugendliche

Schweinfurt, 24./25. September 2011. Ein Wochenende, das ganz im Zeichen der Erinnerung und Versöhnung stand. Die Stadt und die "Initiative gegen das Vergessen" hatten es organisiert und dazu ehemalige Zwangsarbeiter beziehungsweise deren noch lebende Angehörige eingeladen. Nach offiziellem Empfang durch den Oberbürgermeister absolvierten sie inzwischen eine Werksbesichtigung bei ZF Sachs und schritten - noch einmal - den einstigen Lagerweg ab. Ein Besuch mit Gespräch bei Schülern im Bayernkolleg soll noch folgen.

Samstag, 18.00 Uhr: Drei Saxofonisten stimmten mit Tönen in Moll auf einen tief beeindruckenden Vorabend in der Rathausdiele ein: Klaus Hofmann von besagter Initiative übernahm die Begrüßung und stellte die Gäste aus fünf Ländern und ihre Begleitpersonen vor. Bürgermeister Otto Wirth nannte in seinem Grußwort etliche Zahlen: An die 12 Mio. Menschen hätten zwischen 1939 und 1945 für das NS-Regime Zwangsarbeit leisten müssen. Über 10.000 waren zwischen 1942-1945 in Schweinfurt vorrangig in der Rüstungsindustrie tätig. Nun sei der Dialog mit den Betroffenen wichtig. Es gelte, die Erinnerung wachzuhalten, damit so etwas nie wieder passiere.

Dann wurde das Licht gedimmt. Untermalt von Harfenklängen trugen drei Sprecher Texte von den ZwangsarbeiterInnen Leonardo Calossi, einem italienischen Militärangehörigen, und von Vitali und Olga, mit 17 bzw. 15 Jahren aus der Ukraine über das Stammlager Hammelburg unfreiwillig nach Schweinfurt gekommen, vor: biographische Szenen in Tagebuch- und Gedichtform: "Die Beauftragten der Firmen kauften uns einfach auf - für 8 Reichsmark pro Kopf." Alle erinnerten sich an die Holzbaracken mit den vergitterten Fenstern, für je 25-30 Personen ausgelegt, an die katastrophalen sanitären Verhältnisse und die schlechte Ernährung. Die Verteilung der kargen Rationen ging nicht ohne Streiterei ab. Man schlief zweistöckig auf Pritschen mit Strohsäcken. 4.00 Uhr morgens: wecken, dann draußen der pingelige Zählappell in Reihen zu je fünf Männern. 4.30 Uhr: Abmarsch der Kolonne mitten auf der Straße zu den Werken. Den Gefangenen war es nämlich verboten, den Gehweg zu benützen. 12 Stunden Arbeit täglich, nur der Sonntag war frei. "Die Zivilbevölkerung verhielt sich uns gegenüber genauso schlecht wie die Soldaten." Und dann das Massensterben bei den Bombardierungen! Zwangsarbeiterin Olga: "Bitte, meine Träume, verlasst mich nicht, wenn ich meine Kräfte verliere." Sie träumte immer nur von ihrer ukrainischen Heimat.

So wurde den rund 70 Zuhörern eine konkrete Vorstellung des eigentlich Unvorstellbaren vermittelt. Im Rahmen des anschließenden Buffets traten sie mit den Gästen, so weit es die sprachliche Verständigung zuließ, in anregende Gespräche ein.

 

 
Aus der Ukraine: Borys Zemliany (65) - in Schweinfurt gezeugt - und Volodymyr Zamorskyi (83), der als 14-Jähriger bei VKF arbeitete (r.) Aus Frankreich drei Töchter des verstorbenen Zwangsarbeiters Louis Beilvert (v.r.): Louisette Salmon, Daniela Cottais u. Odile Michenaud mit Begleiterin 
   
Klaus Hofmann stellt die ausländischen Gäste vor; links am Tisch: Bürgermeister Otto Wirth Einer der drei Vortragenden: Schauspieler und Kabarettist Hans Driesel

Sonntag, 11.00 Uhr: Der ehemalige Lagerweg ist inzwischen ausgeschildert; sieben Schautafeln rekapitulieren die Ereignisse von vor 70 Jahren in Wort und Bild. Er führt zu drei noch jungen Linden mitten auf den Oberndorfer Wiesen neben dem Main - da wo sich damals das Barackenlager "Mittlere Weiden" befand. Hier hat der niederländische, in Unterfranken lebende Künstler herman de vries einen Erinnerungsort gestaltet: eine halbrunde Steinbank mit Aufschrift in Gold: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" (Art. 1 des Grundgesetzes). Zur Symbolik der Linden schreibt der leider aus Gesundheitsgründen nicht anwesende bildende Künstler: "'Unter der Linde' fand früher das Dorfleben statt. [...] Linden wurden auch als Freiheitsbäume gepflanzt und Linden waren Friedensbäume. [...] Linden waren auch Tanzbäume, und wir können hier jetzt zusammen in Freiheit tanzen und feiern. Dieser Erinnrungsplatz ist zur Mahnung und Freude für alle, die hier leben."

An die 300 Anwesende, darunter die Europaabgeordneten Anja Weisgerber und Kerstin Westphal sowie MdB Klaus Ernst/"Die Linke"-Vorsitzender, erheben sich: Nur von Gitarre und Saxophon begleitet, erklingt ein Medley aus fünf Nationalhymnen: die ukrainische, polnische, italienische, belgische und französische. Aus diesen Ländern stammten die Ex-Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die, nach Schweinfurt verschleppt, in diversen Betrieben arbeiten mussten, damit die Industrie weiter für den Krieg produzieren und aufrüsten konnte. 

Der Schweinfurter Willi Erl, prädestiniert wie kein anderer, führte durch das Festprogramm. Denn Erl, Träger des Würzburger Friedenspreises, ist u.v.a. bekannt für sein  ehrenamtliches Engagement, was Gründung und Aufbau des Forums Ziviler Friedensdienst (forumZFD) betrifft. Im Besonderen lobte er die akribische Recherche der "Initiative gegen das Vergessen": "Nur was erinnert wird, das gab's einmal."

OB Sebastian Remelé zitierte in seiner Begrüßung den Kirchenvater Augustinus: "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?" Er erinnerte damit an den NS-Staat als "Instrument der Rechtszerstörung". Zwar sei Schuld immer etwas Individuelles, aber es bestehe eine kollektive Verantwortung, um die richtigen Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Remelé dankte sodann den Schweinfurter Betrieben, die sich nunmehr jener unseligen Zeit ihrer Firmengeschichte gestellt und einen finanziellen Beitrag für den Gedenk-Ort geleistet hätten.

Auch Dr. Manfred Grieger, Unternehmenshistoriker des Volkswagenwerks Wolfsburg, bedauerte in seinem Referat "Zwangsarbeit in der Industrie", dass sich Firmen und Politiker allzu lange dem Leid der diskriminierten, rechtlos gemachten Menschen verschlossen hätten. Sich ihrer Geschichte zu stellen, sei sogar ein "Glaubwürdigkeitsgewinn" für die Betriebe. 

Damit die Erinnerung erhalten bleibt, wurden die zwölf anwesenden Zeitzeugen um Wortbeiträge gebeten: U.a. zitierte Carlo Calossi/Italien aus den Memoiren seines nicht mehr reisefähigen Vaters Leonardo (97), ehemals Militärinternierter bei der Firma Kugelfischer: "Am 10. April 1945 kamen die Amerikaner; in dem Moment endete meine Odyssee in Deutschland. Als ich so dem Leben zurückgegeben war, war die Rückkehr nach Hause nicht mehr eine unsichere Hoffnung, sondern die Gewissheit, die Meinen wiederzusehen und auch die lieblichen Hügel meiner Toskana." Jean Francois Soyez/Belgien, Enkel des 1983 verstorbenen Zwangsarbeiters Lucien Buissart, der die Arbeitsbedingungen als "moderne Sklaverei" bezeichnet hatte, hielt ein Plädoyer für die Freiheit: "Erst wenn man sie verloren hat, erkennt man ihren wahren Wert." Eigens aus München angereist war auch der ukrainische Generalkonsul Juri Jacillo. Er betonte, dass der II. Weltkrieg "ein besonderes Kapitel unserer Zeit" bleibe: Neun Mio. Ukrainer hätten ihr Leben gelassen und zwei Mio. als Zwangsarbeiter ihr Leben gefristet.

 

 

 

 

 
Chefinitiatior Klaus Hofmann im Gespräch mit  Leiter von Schweinfurts Museen und Kulturamt Dr. Erich Schneider Alle erheben sich bei den Nationalhymnen; erste Reihe: Ex-Zwangarbeiter mit Angehörigen; zweite Reihe: Dekane Oliver Bruckmann u. Reiner Fries, OB Sebastian Remelé u. Eupoaabgeordnete Kerstin Westphal 
 

 

Jackie Cottais richtete die ungelöste Lebensfrage seines inzwischen verstorbenen Schwiegervaters Luis Beilvert an das Publikum: "Wie können Menschen anderen Menschen so etwas antun?"  "... dass Gerechtigkeit und Friede sich küssen": Die beiden Dekane mit Worten aus dem 85. Psalm 

In ökumenischer Eintracht spendeten die beiden Dekane Oliver Bruckmann (evang.) und Reiner Fries (kath.) den Segen. Sie rezitierten Psalm 85, der im Vertrauen auf Gott von Güte, Treue, Gerechtigkeit und Frieden auf Erden spricht. Bruckmann: "Wir sehnen uns nach einem Frieden, der nicht verordnet ist, sondern auf gegenseitiger Achtung beruht, verwurzelt in weltweiter Gerechtigkeit. Wir können das Unrecht nicht gutmachen, aber dem Vergessen wehren. Das ist unser Dienst - auch unser Gottesdienst." Dekan Fries sprach das Gebet von Coventry: "Vater vergib!" (Text: http://www.evkirche-pf.de/aktuelles/Nagelkreuz.htm)


Mittels eines symbolischen Handschlags zwischen Erl und Remelé - einer Art Versöhnungsgeste - wurde anschließend der Gedenk-Ort seiner Bestimmung übergeben. Bekannt provokative Liedtexte von Bertolt Brecht/Hanns Eisler rahmten die denkwürdige Veranstaltung: "Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne der Mächtigen kommen am Ende zum Halt. [...] Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine. Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag."

 

 

Versöhnungssymbolik: Willi Erl reicht Oberbürgermeister Sebastian Remelé die Hand. Am Mahnmal versammelt (v.r.): OB Remelé, Ex-Zwangsarbeiterin Janina Szymanik mit Tochter Roza, drei Ukrainer: Iwan Kulisch (55), in Schweinfurt geboren, Ex-Zwangsarbeiter Volodymyr Zamorskyi u. Borys Zemliany; links außen: der Italiener Carlo Calossi, Sohn des Ex-Zwangsarbeiters Leonardo Calossi (97)

(s. auch unten den übernächsten Bericht) 

 

*** *** *** *** ***

9.  Sein kurvenreicher Weg zur Kunst

Ein Abend mit dem Bildhauer Andreas Kuhnlein


Schweinfurt, 21.09.2011. Vier Monate nach Eröffnung der viel beachteten Ausstellung SäulenHeiligeMenschen (s. Archiv 2011/I, Nr. 2) kam der Bildhauer Andreas Kuhnlein erneut in die St. Johanniskirche, um in einem öffentlichen Gespräch mit Dekan Oliver Bruckmann aus seinem Leben und über sein Kunstschaffen zu berichten.
„Es war ein kurvenreicher Weg“: Kuhnlein war zunächst Landwirt, dann Schreiner und bis 1981 beim Bundesgrenzschutz mit ihn bis heute prägenden Erfahrungen bei Einsätzen in Stuttgart-Stammheim und Brokdorf. Seit 1983 lebt er als freischaffender Künstler auf einem Bauernhof in seinem Geburtsort Unterwössen im oberbayerischen Chiemgau. Dort hat er zunächst in der Bildhauerei mit gegenständlichen Arbeiten aus Bronze, Stein und Holz experimentiert. Vor 16 Jahren entdeckte er dann seine wahre Berufung und konzentriert sich seitdem auf expressive, zerklüftete Skulpturen, vorwiegend aus Sturmholz mittels Kettensäge hergestellt - „ein sensibles Werkzeug“, wie er zum Erstaunen mancher der rund 50 Zuhörer betont. Er braucht dazu keine Entwürfe oder Modelle. „Nein, ich habe die Idee komplett im Kopf.“ Noch nie sei ihm eine Skulptur „verunglückt“.
„Was ist Kunst?“ fragt ihn der Dekan. „Für mich ist es das Innere nach außen kehren“. Seine Figuren sollen dreierlei zum Ausdruck bringen: die Brutalität und Machtbesessenheit, die in jedem Menschen steckt; sodann die Zerbrechlichkeit und Verletzbarkeit des Menschen; drittens die Spuren, die das Leben hinterlässt, sprich unsere Vergänglichkeit. Gerade Menschen in bedrängenden, notvollen Verhältnissen finden sich in seinen Darstellungen wieder. Seine Kunst ist alles andere als Fastfood. Denn Kuhnlein will nicht nur Dekorateur, sondern auch Provokateur sein.
Es hat lange gebraucht, bis sich der Autodidakt in der Kunstszene etablieren konnte. Offen bekennt er, viel Gegenwind und menschlich enttäuschende Dinge erlebt zu haben. 600 handschriftlich an Galerien gerichtete Bewerbungen fruchteten nicht. Leider werde Kunst meist über Kommerz und Beziehungen zu elitären Kreisen definiert. Hingegen feierte er seine ersten Erfolge mit saisonalen Ausstellungen auf dem eigenen Bauernhof. Stolz berichtet er von einer Lesung des Schriftstellers Reiner Kunze dort im Kuhstall. Inzwischen kann er bereits auf über 300 Ausstellungen weltweit zurückblicken, darunter in China, Kanada und USA. Exponate des mit etlichen Kunst- und Kulturpreisen Ausgezeichneten befinden sich in renommierten Museen im In- und Ausland, aber beispielsweise auch in der Hofkirche Dresden.
Zwar will Kuhnlein bewusst kein Kirchenkünstler sein, doch bezeichnet er sich als einen gläubigen Menschen, von dessen persönlichem Glauben auch die Skulpturen etwas widerspiegeln. Nach seinen nächsten Projekten befragt, gibt er sich zurückhaltend. Mehr Installationen wie die derzeit vor der Schweinfurter Kunsthalle gezeigte würden ihn reizen. Aber auch eine Skulptur namens „Jedermann“ ist längst vor seinem inneren Auge fertig.
Dem Dialog zwischen Künstler und Dekan folgte ein reger Gedankenaustausch mit dem interessierten Publikum direkt am Altar. Kantorin Andrea Balzer trug mit Orgelwerken unter anderem von Johann Sebastian Bach zur musikalischen Ausgestaltung des unterhaltsamen Abends bei.
Die Ausstellung ist noch bis zum 6. November täglich geöffnet. Am 26. Oktober, 19.30 Uhr, laden Andrea Balzer (Klavier) und Markus Zitzmann (Saxofon) sowie  Dekan Oliver Bruckmann (Texte) zu meditativem „Wort und Klang zu den Skulpturen“ wieder in die St. Johanniskirche ein.

 

   
Andreas Kuhnlein mit Dekan Oliver Bruckmann und zwischen ihnen die Skulptur "Das Antlitz Christi" (2008, Ulme)  Beeindruckend: Die Figur "In Gedanken" - ein Bischof hat seine Mitra abgelegt. Kuhnlein: "Wird man vielleicht erst, wenn die Institution weg ist, zum Menschen?" 
 
              Der Dekan moderiert das Gespräch mit dem Künstler Anschließend von Kunstfans am Altar umlagert: Kuhnlein (r.) steht Rede und Antwort 

*** *** *** *** ***

 

 

 

10.

Schwierige Erinnerungssuche:

Zwangsarbeiter in Schweinfurt

 

 

Schweinfurt-Oberndorf, 26. Juli 2011. Ehrlich gesagt: Außer Landschaft pur ist nichts zu sehen auf dem am Main entlang führenden Uferweg, dem offiziellen Main-Radweg. Neben den Bikern begegnen einem in diesem Biotop viele Spaziergänger und Hundefreunde. Nach Unterquerung der Autobahn gelangt man auf eine herrlich blühende Wiese mit fast kniehohem Gras. Mittendrin stehen drei frisch gepflanzte Linden. Bei ihnen wird bald eine halbrunde Steinbank aufgestellt und auch ein Weg dorthin gebahnt sein.
Denn alte amerikanische Luftaufnahmen von 1943 beweisen: Genau hier in dieser lieblichen Landschaft standen während des II. Weltkrieges über 30 Baracken, in denen Zwangsarbeiter Tag für Tag um ihr Überleben rangen – nicht etwa kämpften!
Per definitionem sind Zwangsarbeiter Menschen, die gegen ihren Willen zu bestimmten Arbeiten gezwungen werden. Während des Zweiten Weltkrieges waren es zumeist Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge und Zivilpersonen aus den besetzten Gebieten, vor allem Osteuropas - im Nazi-Jargon „Fremdarbeiter“ oder „Ostarbeiter“ -, die für die Kriegsproduktion eingesetzt wurden. In Schweinfurt arbeiteten hauptsächlich Holländer, Polen, Ukrainer und Italiener für Fichtel & Sachs, die Vereinigten Kugellagerfabriken und die Deutsche Star. Und gleich neben den Werkstoren entstanden besagte Lagerbaracken „Obere Weide“, „Mittlere Weide“ und „Kugelleite“, gebaut von der Stadt, die darüber hinaus ein eigenes Lager auf der Maininsel führte, und unterhalten von den Firmen.
Klaus Hofmann von der „Initiative gegen das Vergessen“ führt exklusiv einige Mitglieder des Pfarrkapitels Schweinfurt zu diesem primär von ihm angeregten Gedenkort. Unterwegs nennt er viele Zahlen: Der Höchststand mit 4426 zwangsrekrutierten Zivilarbeitern wurde hier im Dezember 1943 erreicht. Insgesamt dürften es von 1941 bis 1944 zwischen 10.000 und 12.000 gewesen sein, darunter 4.000 Frauen ab 13 Jahren. 360 verloren bei Bombenangriffen ihr Leben, denn für sie gab’s keine Schutzräume. Die Essensversorgung und die sanitären Bedingungen in den Baracken waren äußerst schlecht, Misshandlungen an der Tagesordnung. Das Arbeitspensum betrug im Schichtdienst zwölf Stunden – von 6 bis 6 Uhr!
Immer wieder schildert Hofmann sach- und aktenkundig bewegende Einzelschicksale und präsentiert Details, etwa eine Transportliste, „gestellte“ offizielle Fotos, aber auch heimlich gemachte Aufnahmen. Reaktionen seitens der Kirchen oder der Inneren Mission sind ihm nicht bekannt.
Die letzten Baracken wurden in den 90er Jahren abgerissen. Über alles ist längst Gras gewachsen. Nun aber soll ein „Lagerweg“ mit erklärenden Tafeln an diesen einstigen Ort des Grauens erinnern. Dem in Eschenau lebenden niederländischen Künstler Hermann de Vries obliegt die Gestaltung der erwähnten Bank aus drei Steinquadern. Sie wird eingemeißelt den ersten Satz des Grundgesetzes tragen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Am Ende der Führung betont Dekan Oliver Bruckmann tief beeindruckt, dass ihm das Ausmaß des Themas nicht bewusst gewesen sei. Es brauche dringend solche Orte der Erinnerung. Deshalb werden sich die Kirchen, aber auch Gewerkschaften, Parteien, die Stadt und sogar die heutigen „Nachfolge“-Firmen ZF Sachs, FAG Schaeffler, SKF und Bosch Rexroth finanziell an diesem Erinnerungsprojekt beteiligen. Einige noch lebende Überlebende von damals werden beim offiziellen Gedenken am 25. September zugegen sein.

 

   
Total für die Erinnerung engagiert: Klaus Hofmann                    Ein anmutiger Weg, der es aber unter sich hat
   
      Bizarre Szenerie: Einst Barackenlager, heute Autobahnbrücke Neben der Linde, wo die Bank stehen wird, stehen im Halbkreis (v.l.) Pfrin. Tabea Richter/Obbach, Pfarrersehepaar Christiana u. Christian von Rotenhan/St. Lukas-SW, Pfr. Manfred Herbert/Gustav-Adolf-SW, Klaus Hofmann u. Dekan Oliver Bruckmann

Weitere Einzelheiten sind nachzulesen unter:
http://www.zwangsarbeit-schweinfurt.de

*** *** *** *** ***

 

11.  Mit der Flöte durch fünf Jahrhunderte Blockflötenmusik

Blockflötenkreis Bad Kissingen begeisterte in der Johanneskirche Bad Bocklet

 

   
        Konzert „Flauto e Voice“ in der Bad Bockleter Johanneskirche Karolina Halbig: "Das gemeinsame Spielen im Flötenkreis und die Gruppendynamik sind einzigartig.“  

Bad Bocklet (klk). Über Jahrhunderte war die Blockflöte sehr beliebt, doch dann wurde sie plötzlich durch die klangreichere Querflöte in den Schatten gestellt. Heute führt sie mehr ein Schattendasein, auch wenn sie bei den Kindern als erstes Instrument beliebt ist. Dass die Blockflöte in ihren verschiedenen Variationen ein ausgezeichnetes Konzertinstrument ist, bewies der Blockflötenkreis Bad Kissingen, unter der musikalischen Leitung von Christa-Maria Reinhardt, bei einem Konzert in der Bad Bockleter Johanneskirche. Seit 1975 gibt es den Flötenkreis. „Ich gebe Flötenunterricht. Damals sind meine Schüler und ich von der Kantorei der evangelischen Erlöserkirche gebraucht worden und so sind wir Bestandteil der Erlösergemeinde geworden“, erklärt Christa-Maria Reinhardt. 15 Mitglieder zählt der Kreis, wovon zwölf das Konzert gestalteten. „Zwei Stunden pro Woche üben wir, sonst wird das nichts. Für das Konzert haben wir sogar ein Probenwochenende eingelegt“, so Reinhardt weiter. Die Mühe hatte sich gelohnt, denn das Ensemble brachte durchwegs sehr gute Leistungen. Dies zeigte sich vor allem beim Adagio aus dem 5. Brandenburgischen Konzert von Johann Sebastian Bach oder dem Swing-Stück "A String of Pearls" von Jerry Gray. Besonderer Leckerbissen, waren die Werke für Blockflöte und Gesang mit Karolina Halbig. Mit ihrer beeindruckenden Sopranstimme interpretierte die 19-Jährige einzigartige Barockstücke wie die Motette „Ich will den Herren loben“ von Gottfried August Homilius. „Ich spiele Orgel und bin über die Kirchenmusik zu Singen gekommen. Seit sieben Jahren singe ich im Jugendchor von Sulzthal mit. Das Singen hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich seit vier Jahren intensiven Gesangsunterricht bei der bekannten Sängerin Radka Loudova-Remmler nehme. Blockflöte habe ich seit Kindesbeinen gespielt. Im Flötenkreis, zu dem ich seit Januar gehöre, sind meine Instrumente die Sopran-, Alt-, Bass- und Tenorblockflöte. Es ist ein außergewöhnliches Erlebnis, im Flötenkreis zu spielen. Die Mehrstimmigkeit, die Harmonie und natürlich die Gruppendynamik bezaubern“, erläutert Karolina Halbig zum Abschluss. Auch ihre Kollegin Anke Dörner ist gleicher Meinung. „Das Spielen in der Gruppe macht Spaß, weil man mehrstimmig spielen kann und eine Gruppe bildet.“ Seit 1976 ist sie dabei. Sie spielt ebenfalls die Alt-, Tenor- und Bassblockflöte. „Das Flötenspiel habe ich von zu Hause geerbt, wo ich mit meinen Geschwistern als Blockflöten-Quartett Hausmusik gemacht habe. Blockflöte ist mein Instrument. Ich hatte auch schon mal Klavierunterricht und bin zur Flöte zurückgekehrt. Ich habe das Gefühl, mit der Flöte kann ich mich viel besser ausdrücken. Durch den Flötenkreis bin ich dabei- geblieben und habe nicht aufgehört, Flöte zu spielen“. Dieses Engagement konnte man bei allen Musikern heraushören, was das Konzert zu einem exquisiten Erlebnis werden ließ. Zwei Zugaben forderte der donnernde Applaus des begeisterten Publikums.

(Text und Fotos: Peter Klopf)

 

 

Anke Dörner: „Flöte ist mein Instrument. Ich habe das Gefühl, ich kann mich mit ihr viel besser ausdrücken“.

    Mitglieder des Blockflötenkreises Bad Kissingen bei ihrem Konzert


*** *** *** *** ***

12.  Live im Fernsehen:

Gottesdienst aus der St. Johannis-Kirche

Schweinfurt, 3. Juli 2011. Es war ein stark kirchenmusikalisch geprägter Sonntagsgottesdienst, den das Bayerische Fernsehen (BR 3) live aus der voll besetzten St. Johanniskirche Schweinfurt übertrug. Im Zentrum standen die jungen stimmen schweinfurt. Der a-capella-Mädchenchor sang unter Leitung von Kantorin Andrea Balzer zeitgenössische geistliche Lieder, darunter das Arioso für Frauenchor "O canto" von Józef Swider und "Alleluia" von Richard Rudolf Klein. Dazu intonierte KMD Christel Hüttner an der Orgel voluminös Gemeindechoräle.
Letztlich war damit das Predigtthema dem Dekan vorgegeben: „Jubilate deo!“ Oliver Bruckmann führte dazu aus: Nicht immer gehe das Lob Gottes fröhlich über die Lippen. Doch Erinnerungen an erfahrene Hilfe würden aufbauend helfen und neue Zuversicht schenken. Vor allem nehme unser Gebet Gott mit hinein in die Sorgen und Gedanken, so dass wir erfahren könnten: Gott macht sich stark für uns. Sogar Mauern bringe er ins Wanken bringen, betonte der Dekan und verwies dazu auf seinen Predigttext vom Gefängnisaufenthalt des Apostels Paulus und seines Begleiters: „Um die Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott“ (Apostelgeschichte 16,25).
“Let God be in your head“: Dieses Lied der jungen stimmen aufgreifend, meinte der Dekan weiter: Gott im Kopf zu haben, sei eine befreiende Erfahrung. Wer Gott suche, dem helfe ferner der Blick auf Jesus: „Christus ist weiter unten, als wir uns beugen können. Jesus gibt Gott ein Gesicht.“ Gott bestätige, was Jesus gesagt und getan habe. So lasse er auch uns – so wie Paulus und Silas - nicht in der Finsternis sitzen, sondern bleibe bei uns, „selbst wenn wir uns eines Tages zum Sterben hinlegen.“
Des Dekans Schlussappell: „Lassen wir uns auf Jesus schauen, dann haben wir Gott im Kopf und im Herzen.“

 

   
  Mal was anderes: die jungen stimmen schweinfurt in der Flimmerkiste  Leiterin der jungen stimmen u. Kantorin Andrea Balzer sang die Liturgie
   
  Kam gut rüber: Wiltrud Wößner trug den 30. Psalm dramaturgisch vor         Hatte in seiner Predigt Gott im Kopf: Dekan Oliver Bruckmann
   
  Beim Fürbittengebet: Rechts neben dem Dekan Lektor Dr. Friedel Ott Nun löste sich die Anspannung der Live-Übertragung: der Dekan spendet den Segen

Â