Pfarrstelle St. Lukas II (Deutschhof) wieder besetzt

Pfr. Mulugeta Giragn Aga stellt sich vor

Pfr. z.A. Mulugeta Giragn Aga

Schweinfurt, St.-Lukas-Deutschhof. Nach Wechsel von Pfarrerehepaar von Rotenhan in zwei mittelfränkische Gemeinden wurden die beiden Pfarrstellen von St. Lukas vakant. Während die erste zwecks Neubesetzung bald ausgeschrieben wird, ist die zweite, d.h. der Sprengel Deutschhof, Pfr. (zur Anstellung) Mulugeta Giragn Aga, aus Äthiopien gebürtig, übertragen worden. Er versieht dort seit dem 1. September 2017 seinen Dienst und wurde am Erntedankfestsonntag, dem 1. Oktober,  im Rahmen eines Familiengottesdienstes im Kirchsaal Gut Deutschhof durch Herrn Dekan Oliver Bruckmann offiziell in sein Amt eingeführt: s. LINK: https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/wir-begruessen-einen-richt...

Pfr. Mulugetas Einführung fand sogar überregionale Beachtung, wie folgender Ausschnitt aus den epd-Nachrichten (Nr. 184, vom 28.9.17, Text: Daniel Staffen-Quandt) zeigt:

Schweinfurt (epd). Für Mulugeta Giragn Aga war es eine gewaltige Umstellung. Im Jahr 2003 wurde der heute 41-Jährige in seinem Heimatland Äthiopien als lutherischer Pfarrer ordiniert - doch die evangelische Landeskirche in Bayern ist eine völlig andere Welt. "Die Inhalte, also das Evangelium, sind natürlich gleich - aber die bayerische Liturgie ist komplett anders", sagt der verheiratete Vater von zwei Kindern. In seiner Heimat sei ein Gottesdienst ausgelassen, fröhlich, lebendig, hier in Bayern dagegen sehr getragen, feierlich, erhaben. "Das ist nicht schlechter, aber man muss sich daran gewöhnen", erklärt er. Ab 1. Oktober hat er in seiner neuen Gemeinde St. Lukas II in Schweinfurt Gelegenheit dazu.

Das, was bei Katholiken keine besondere Erwähnung mehr wert wäre, ist für die bayerische evangelische Landeskirche ein Novum. Mulugeta Giragn Aga ist der erste ordinierte Pfarrer vom afrikanischen Kontinent, der in den regulären Pfarrdienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) übernommen wird. Darauf vorbereitet wurde er in einem knapp einjährigen Spezialvikariat, das er in der Deutschhausgemeinde in Würzburg abgelegt hat. "Ich war auch regelmäßig im Predigerseminar in Nürnberg, um die liturgischen Elemente zu üben und mich mit Bräuchen und Gewohnheiten in der Landeskirche auseinanderzusetzen", sagt er: "Es war nicht immer einfach, den Äthiopier in mir zu bremsen."

Was er damit meint, kann jeder erleben, der zum Beispiel mal einen der Gottesdienste in der Nürnberger Oromo-Gemeinde besucht hat. In der Gemeinde hat Pfarrer Mulugeta vor seinem Spezialvikariat ehrenamtlich bis zu drei Mal im Monat Gottesdienste gehalten, in der Jakobskirche in der Fußgängerzone. [...]

Einmal Pfarrer in Bayern zu werden, das war nie Mulugetas Plan. Als er nach seiner Ordination in Äthiopien nach Deutschland kam, wollte er an der Uni Göttingen eigentlich nur einen Master in interreligiösen Studien machen. "In den Semesterferien bin ich nach Hause gereist - und habe sofort Probleme mit dem äthiopischen Regierungs-Regime bekommen", erzählt er. Denn in Deutschland hatte sich der lutherische Theologe in Menschenrechtsgruppen engagiert und dabei auch die Probleme in der äthiopischen Heimat angesprochen. Der Druck auf Mulugeta wurde so groß, dass er 2010 in Deutschland Asyl beantragt hat. Ein Jahr später holte er seine Frau nach, seit 2015 ist er anerkannter Flüchtling.

"Ich hatte großes Glück", sagt Mulugeta. Denn viele seiner Landsleute, die ebenfalls von Repressionen in der Heimat berichten und hierzulande Asyl beantragen, bekommen es nicht. "Viele haben keine Unterlagen, sie haben keine Pässe oder Dokumente", berichtet er. Die aber seien für ein erfolgreiches Asylverfahren in Deutschland oft nötig: "Die Behörden in Äthiopien stellen Regierungskritikern aber keine Dokumente aus - oder nehmen sie ihnen wieder weg." Er führe viele Gespräche mit geflohenen Äthiopiern in Deutschland, die seit Jahren auf eine Asyl-Entscheidung warten. "Es tut weh, diese Menschen ohne Hoffnung zu sehen", sagt er. Umso dankbarer sei er, dass es bei ihm anders gelaufen ist.

Für seine neue Gemeinde hat sich der 41-Jährige vorgenommen, ein bayerischer Äthiopier zu sein - oder umgekehrt. "Ich freue mich auf die Gemeinde und ich hoffe, dass das auch andersherum der Fall ist", sagt er. Die Gottesdienste wolle er, bei aller Einhaltung der landeskirchlichen Liturgie, so lebendig wie möglich gestalten: "mehr Lieder, mehr Chor, mehr Lebensfreude."

 

Lesen Sie hier außerdem Pfr. Mulugetas persönliche Vorstellung im Schweinfurter Gemeindebrief:
Ich freue mich, dass ich mich als neuer Pfarrer im Team der Kirchengemeinde St. Lukas bei Ihnen vorstellen darf. Mein Name ist Mulugeta Giragn Aga. In meiner ursprünglichen Heimat Äthiopien, wo ich 1976 geboren und aufgewachsen bin, haben wir keine Vor- und Nachnamen, sondern tragen drei Namen: zuerst den eigenen Namen, als zweites den Eigennamen des Vaters und dann den des Großvaters. So werde ich meist einfach mit „Pfarrer Mulugeta“ angesprochen, auch wenn in meinen deutschen Papieren nun „Aga“ als Nachname eingetragen ist. Mit meiner Frau Lensa Ashebir Fite, die ausgebildete Gartenbau-Ingenieurin ist, und unseren Töchtern Kena und Surraa, die hier geboren und getauft sind, wohne ich schon seit 2012 in Schweinfurt.

In Äthiopien habe ich Theologie studiert und wurde als lutherischer Pfarrer ordiniert. Bis 2009 durfte ich als Gemeindepfarrer und in verschiedenen überregionalen Arbeitsfeldern der großen lutherischen Mekane-Yesu-Kirche arbeiten. Dann bekam ich ein Stipendium für ein Masterstudium der Interkulturellen Theologie in Göttingen, das ich 2011 abschloss. Jedoch konnte ich aufgrund der politischen Situation in Äthiopien nicht wie geplant in meine Heimat zurückkehren, sondern musste meine Frau nach Deutschland nachholen und Asyl beantragen. Über 3 Jahre dauerte das Asylverfahren, bis das Gericht schließlich unseren Flüchtlingsstatus anerkannte.

Seit März 2016 arbeite ich in der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Deutschhaus-Erlöser in Würzburg in einem Spezialvikariat. Meine vielfältigen Erfahrungen - sowohl aus meiner Heimat Äthiopien als auch hier in Deutschland - möchte ich auf der 2. Pfarrstelle von St. Lukas in die Gemeindearbeit einbringen. Meine Familie und ich freuen sich auf die neuen Herausforderungen und Erfahrungen, weiter mit und von den Menschen hier zu lernen. Ich bin dankbar für die bisher erfahrene Offenheit und das herzliche Willkommen im Dekanat Schweinfurt und in dieser Kirchengemeinde. Sie haben ihre Türe für mich und meinen weiteren Dienst geöffnet. Mit offenem Herzen möchte ich mich einlassen auf die neuen Begegnungen mit Menschen jeden Alters, auf die Verkündigung des Evangeliums und die Arbeit im Team mit den Haupt- und Ehrenamtlichen der Gemeinde.

Ihr Pfarrer Mulugeta Giragn Aga

(aus: evis, Aug./Sept. 2017, S. 32f.)

Des Pfarrers Motto lautet übrigens: "Er hat mir eine wirksame Tür aufgetan zu reichem Wirken." (1. Korinther 16,9)