Zeit für einen Patronatswechsel gekommen
Obbach, 24. Juli 2016. [...] „Wir feiern dieses Gebäude und die Menschen, die hier beten und singen, die es unterhalten und erhalten“, begrüßte Pfarrer Andreas Duft seine Zuhörer. Und ja, man dürfe deshalb auch angesichts der vielen Schreckensmeldungen der vergangenen Tage in einer Kirche ein Fest feiern. „Wir hören hier Gottes Wort als Menschen, die – vom Unmenschlichen bewegt – ihre Menschlichkeit zeigen“, so der Pfarrer.
Die Menschlichkeit oder – besser gesagt – die „Würde des Menschen“ war Dreh- und Angelpunkt der Kanzelrede Günther Becksteins. Martin Luther habe sich mit der Reformation hauptsächlich gegen den Ablasshandel gewendet: „Allein durch die Liebe zu Jesus Christus finden wir zu Gott“. Denn das Wichtigste sei, dem Menschen, der vor einem stehe zu helfen, jeden gleich zu behandeln, „weil wir alle Gottes Kinder sind, die Gott alle gleich lieb hat“. Somit hätten alle Menschen eine Würde, ein Nobelpreisträger nicht mehr als der alte demente Mann. Und Inklusion, also die Teilhabe behinderter Menschen am Leben, bedeute nichts anderes als den Erhalt der Menschenwürde.
Hinsichtlich eines Patronats hatte Beckstein über die „Bindung zwischen Frondienst und Altar“ gesprochen, der bis in die heutige Zeit seine Auswirkungen habe. „Die Religion des Unterfranken folgte dem Landesherrn“, so Beckstein. Nun sei ein heutiges Patronat nicht gleichzusetzen mit Frondienst der Gläubigen auf dem Acker des „Dienstherren“. Vielmehr sei es die Schirmherrschaft eines Landes- oder Grundherrn über eine Kirche, die auf seinem Gebiet liegt.
Im Falle Obbach gehören Kirche und Schloss zusammen, so Andreas Schäfer. „Als unser Urgroßvater, Geheimrat Georg Schäfer, durch den Kauf des Schlossgutes zum Patron wurde, hätte kaum einer geglaubt, dass eine so gute und dauerhafte Verbindung gegründet wurde, die über Generationen hinweg fortgesetzt wurde, die nächste Generation steht auch schon bereit“. Und weil das Schloss den Brüdern gemeinsam gehört, hätten auch alle das Patronat übernommen.
Im Schloss wohnen wird allerdings „nur“ Andreas Schäfer. Das Schloss und die Kirche würden mit dem Pfarrhaus und der alten Schule (heute: Gemeindehaus) das Zentrum des Dorfes bilden, die Kirchenglocke den Herzschlag des Ortes darstellen. „Schloss und Kirche verbindet mehr als nur gute Tradition oder die Eigentümerverbindung mit der Kirchengemeinde. Wir begreifen diese Verbindung als etwas, was das gesamte Dorf mit einbindet.“
Dass dabei auch diejenigen, die über weniger Ressourcen verfügen, wichtig seien, verdeutlichte Dekan Oliver Bruckmann in seinem Grußwort. Angesichts kleiner werdenden Kirchengemeinden und der Tatsache, dass in den nächsten Jahren „ein großer Teil der Kirchensteuerzahler in Ruhestand geht, lohnt es sich, auch die kleine Kraft mutig einzusetzen und seine Talente zu nutzen“. Und: Nicht nur in der Politik könnten Allianzen gebildet werden, sondern auch in Kirchengemeinden, wie der Kita-Verbund zeigen würde.
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 28. Juli 2016, S. 29; Text: Guido Chuleck; Fotos: Bergler)
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Und aus dem Obbacher Gemeindebrief (Aug./Sept. 2016) zitiert:
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