Wo die Baracken der Zwangsarbeiter standen

Konfis aufs Spurensuche

Schweinfurt, Di., 3. Juli 2012. Ortsbegehung mit Konfirmandinnen und Konfirmanden. Den Lagerweg entlang - dort wo von 1941 bis 1944 die Holzbaracken standen, in denen jeweils 120 Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter hinter vergitterten Fenstern um ihr Überleben bangten. Unter sachkundiger Führung von Klaus Hofmann („Initiative wider das Vergessen“) mit einfühlsamen Erklärungen gingen die Jugendlichen zu den sieben aufgestellten Schautafeln und schließlich zu dem sog. „Gedenk-Ort“ bei den drei Linden mitten auf einer Oberndorfer Wiese. Von dort hat man eigentlich einen bezaubernden Blick auf den nur wenige Schritte entfernten Main. Diesen Blick haben die genau an dieser Stelle vor 70 Jahren unter KZ-ähnlichen Bedingungen gefangen gehaltenen Menschen ganz bestimmt nicht genießen können. Über 10000 waren es – 6000 Zivilarbeiter und 4500 Krieggefangene -, die vor allem in den von den Deutschen besetzten Ostgebieten mit falschen, lukrativen Versprechungen angeworben oder geradezu aufgekauft worden waren, um in den zu Rüstungsbetrieben umgewidmeten Werken Fichtel& Sachs, Vereinigte Kugellagerfabriken VKF, Deutsche Star und Kugelfischer, aber auch für die Stadt Schweinfurt zu arbeiten. „Wie auf dem Sklavenmarkt ging es zu“, schildert Hofmann. Die Hygiene- und Verpflegungsverhältnisse waren katastrophal. Manche hatten nur das anzuziehen, was sie schon bei ihrer Ankunft in den Lagern Obere oder Mittlere Weide am Leib trugen. Ein einziger Ofen in jeder Baracke schützte natürlich im Winter die Ausgehungerten und Übernächtigen nicht vor extremer Kälte. Von Montag bis Samstag war eine Zwölf-Stunden-Schicht angeordnet, am Sonntag oft noch ein Sondereinsatz erforderlich zwecks Beseitigung von Trümmern nach alliierten Luftangriffen auf Schweinfurt. Dabei starben im Übrigen 270 Zwangarbeiter. „Wir gehen zur Arbeit in hölzernen Fesseln. Wir kommen zurück mit verweinten Augen. Die Beine sind wund und bluten…“ heißt es in einem Gedicht einer ukrainischen Zwangsarbeiterin, die im Alter von 15 Jahren nach Schweinfurt kam.

Die Konfirmanden zeigten sich aufgeschlossen, manche sogar beeindruckt von den Informationen und den geschilderten Einzelschicksalen. Am Montag, dem 27. September, um 17.00 Uhr, werden sie mitwirken, wenn am Gedenk-Ort für die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen zum ersten Mal ein Gottesdienst stattfindet. Dekan Oliver Bruckmann möchte dieses Gedenken jährlich begangen wissen – immer Ende September deshalb, weil das Mahnmal am 25. Sept. letzten Jahres der Öffentlichkeit präsentiert wurde (s. Archiv II/2011, Nr. 8 und Nr. 10).

Dort bei erwähnten Linden steht auf einer halbrunden Sandsteinbank in goldenen Lettern Artikel 1 des Grundgesetzes zu lesen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Klaus Hofmann appellierte am Ende seiner Führung an die Jugendlichen: „Ihr seid diejenigen, die darüber entscheiden, wie später einmal unsere Gesellschaft aussieht! Ihr seid die Zukunft!“ Er ermutigte sie zu Engagement - sei es in der Kirche, sei es in einer Partei oder Gewerkschaft -, zu Zivilcourage und zum Protest gegen Menschenrechtsverletzungen.

Man darf gespannt sein, wie die Konfirmanden dieser ersten Begehung und Begegnung mit Schweinfurts unrühmlicher Vergangenheit, der sich aber die Stadt und eben auch die Kirchen inzwischen bewusst stellen, einen gottesdienstlichen Rahmen geben werden: 27. Sept., 17.00 Uhr am „Gedenk-Ort“!