PRESSESCHAU: Keine Chance für rechte Hetzer

Er sprach diesmal nicht: Dekan Oliver Bruckmann (von hinten), aber Landrat Florian Töpper (l.).

Schweinfurt, 12. März 2016.  Schweinfurt war wieder mal bunt. Das Aktionsbündnis für Demokratie und Toleranz hatte zur Kundgebung am Zeughausplatz aufgerufen, da eine rechte Gruppierung eine genehmigte Demonstration auf dem Schillerplatz durchführte. Hier jeweils ein Spitzensatz der drei Redner:

Landrat Florian Töpper: "Geistige Brandstifter mit ihren kruden, menschenverachtenden Aussagen fürchten den Diskurs und werden zu wirklichen Brandstiftern."

Bündnissprecher und DGB-Kreisvorsitzender Frank Firsching: "Dieser Protest ist eine Notwendigkeit für uns und unsere Stadt, um weiterhin in Frieden und Freiheit leben zu können. Wir tun dies auch für die Zukunft unserer Kinder."

Dekan Stefan Redelberger: "Die Bilder von der Schlammwüste in Idomeni sind eine Schande für die Menschlichkeit und für Europa. Gott liebt die Fremden. Integration gelingt nur da, wo es gelingt, aufeinander zu zu gehen und Verantwortung zu übernehmen."

Und hier der Pressebericht:

Etwa 45 Rechte – die wenigsten aus Schweinfurt – haben am Samstag auf dem Schillerplatz gegen Flüchtlinge, das „Merkelregime“ und „Lügenmedien“ gewettert. Zehnmal so viele Menschen – nach Polizeiangaben rund 500 – demonstrierten auf dem Zeughausplatz für Toleranz, Mitmenschlichkeit und das Menschenrecht auf Asyl. Mehrere Hundert von ihnen zeigten den Rechten dann am Schillerplatz mit „Nazis raus“-Rufen und fast durchgängigen Pfeifkonzerten, dass sie mit Flüchtlingsfeindlichkeit und ihren Hassparolen im weltoffenen Schweinfurt nichts verloren haben. [...]

Seit dem 1. Mai 2010, als sich 10 000 Menschen in Schweinfurt einem Neonazi-Aufmarsch entgegengestellt hatten, habe sich in der Region viel verändert, sagte Landrat Florian Töpper, auch durch den Zuzug von Asylbewerbern. Was sich aber nicht geändert habe, sei „eine Bürgerschaft, die bereit ist, Gesicht zu zeigen“ und ihre Herzen geöffnet habe für Menschen, die „aus erlebter Not und begründeter Furcht den Weg zu uns gefunden haben“. Töpper widersprach auch der Behauptung alter und neuer geistiger und tatsächlicher Brandstifter, es gebe zum Thema Flüchtlinge ein Meinungsdiktat. Er erlebe dazu einen regen und fairen Meinungsaustausch, der aber von der Überzeugung getragen sei, dass das Grundrecht des Asyls unangreifbar sei.

„Die Menschen, die in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen, sind froh, dass sie nach langen Martyrien hier Schutz gefunden haben“, sagte Bündnissprecher Frank Firsching. „Wir heißen sie willkommen und sind froh, dass wir ihnen diesen Schutz bieten können“, ergänzte er unter großem Beifall. Auch Gewerkschafter dieses Landes hätten vor 85 Jahren Krieg, Verfolgung und den Verlust der Freiheit erfahren, auch weil sie sich nicht einig waren. "Ich habe als Gewerkschafter in diesem Land die Pflicht, zu verhindern, dass es jemals wieder so weit kommt.“ [...]

„Das Asylrecht ist nicht nur ein unhinterfragbares Menschenrecht, es ist ein heiliges Recht“, sagte der katholische Dekan Stefan Redelberger mit Bezug auf die Bibel. Realistische Möglichkeiten, dieses umzusetzen, seien gesucht, und Überforderungen müssten vermieden werden. Aber: „Barmherzigkeit kennt keine Grenzen, deswegen wehren wir uns gegen die Hasstiraden, die heute ein paar Straßen weiter gepredigt werden“, so der Dekan. Er forderte die 500 Zuhörer auf, weiterhin mutig und mitmenschlich zu sein.

Am Schillerplatz bewiesen die Rechtsextremisten selbst einmal mehr, wie wenig „Schweinfurt“ sich gegen den von ihnen behaupteten „Asylmissbrauch“ wehrt. Es standen nämlich kaum Schweinfurter auf ihrer Seite, und von den wenigen, die in der Wagenburg aus Polizeiautos und Absperrbändern standen, waren viele von auswärts. Vier Transparente hielten sie vor sich her – zwei davon mit Parolen aus Thüringen. Die Redner waren – bis auf Monique Schober, Betreiberin der „Schweinfurt wehrt sich“-Facebook-Seite (Firsching nennt die Seite einen „Hetzbetrieb“) – importiert. Insbesondere der plärrende Stadtrat aus München schwang die ganz große verbale Keule. Er beleidigte die Flüchtlinge als „Invasoren“ und „Sozialschmarotzer“, die Gegendemonstranten als „Faschisten der Neuzeit“. [...]

Genau so hatte es der Dekan Redelberger eine gute Stunde davor prophezeit: Diese „Hasstiraden, die heute ein paar Straßen weiter gepredigt werden“. So kam es. Nach zwei Stunden war der Spuk vorüber. Zwei der vier Transparente für „Schweinfurt wehrt sich“ konnten ihre Rückreise nach Thüringen antreten.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 14.3.2016, S. 25; Text: Stefan Sauer; Fotos: Bergler)

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