Ausstellung „Landjuden in Unterfranken“ eröffnet
Obbach, Mi., 19. März 2014. Im Obbacher Rathaus wurde die Wanderausstellung „Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert“ offiziell eröffnet. Sie wird bis Ende Mai an verschiedenen Orten im Landkreis Schweinfurt zu besichtigen sein (s. unten).
Landrat Florian Töpper und Bürgermeister Arthur Arnold / Euerbach-Obbach begrüßten die zum Empfang erschienenen Gäste im annähernd vollen Saal, darunter auch die Ortspfarrerin Tabea Richter, sprachen Grußworte und wünschten der Ausstellung eine gute Resonanz.
Der Landrat forderte, „sich der Diskussion in ihrer ganzen Tiefe zu stellen“. Er betonte, dass es auch Blüte und Reichtum im jüdischen Leben gegeben habe. Man dürfe die Betrachtung der Vergangenheit nicht auf Pogrome, Deportation und Vernichtung verkürzen. Das Judentum sei ein integraler Bestandteil der dörflichen Gemeinschaften gewesen. Und zum Ausstellungstitel "Mitten unter uns": "Mitten unter uns können auch Menschen sein, die nicht mehr da sind."
Geigenklänge mit typisch heiter-traurigen Klezmer-Weisen sorgten für eine melancholische Stimmung. Fachkundig gab am Ende Elisabeth Böhrer, Mitglied des Arbeitskreises „Landjudentum in Unterfranken“, eine Einführung in die Ausstellung. Exemplarisch erläuterte sie Fotos auf den Stellwänden und lockerte das Auditorium auf: Sie werde oft für eine Lehrerin oder Jüdin gehalten, sagte die umtriebige, in der Region wohlbekannte Judentumskundlerin, aber „ich bin weder - noch“.
Laut Begleitheft will die Ausstellung den Menschen und ihrer Kultur, die ein Teil Unterfrankens waren bzw. es wieder sind, ein Denkmal setzen. Vier chronologische Tafeln geben einen Überblick über die jüdische Geschichte in Unterfranken. Zwölf weitere Tafeln zeichnen einzelne Stationen und Themen jüdischen Lebens nach, z.B. „Juden mitten unter Christen“, „Vieh- und Textilienhändler vor 1817“. Hinzu kommen Darstellungen von Einzelbiographien, zwei Landkreis-Schweinfurt-Blogs, eine Audiostation und vieles mehr.
Hier zwei Auszüge aus dem Ausstellungsführer, nämlich aus dem Anfangs- und Schlusstext:
„Wahrscheinlich um 1100 kommen die ersten Juden in den Raum des heutigen Unterfranken. Nach den Kreuzzugsverfolgungen am Mittelrhein (1096) suchen sie eine neue Bleibe. Die erste Gemeinde gründet sich wenig später in Würzburg. Die Bischofs- und Handelsstadt liegt verkehrsgünstig an einem Wasserweg – ein guter Standort für die im Handel tätigen Juden. Auch in Aschaffenburg, Schweinfurt und Miltenberg entstehen jüdische Zentren mit Institutionen, die von den Juden der Umgebung mitgenutzt werden. […]
1932 gibt es noch 108 Orte mit jüdischen Gemeinden. 8.520 Juden wohnen 1933 in der Region. In der Zeit der NS-Diktatur lösen sich viele Gemeinden wegen der zunehmenden Verfolgung auf. In der Pogromnacht 1938 werden Synagogen und Geschäfte zerstört, die Wohnungen jüdischer Familien demoliert und die meisten Männer verhaftet. Spätestens jetzt bemüht sich fast jeder um die Emigration oder zieht in eine größere Stadt um. Zwischen November 1941 und Juni 1943 deportieren die Nazis die verbliebenen Menschen ins KZ oder Vernichtungslager. Nur 60 von ihnen überleben. […] Heute ist die Israelitische Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken mit Sitz in Würzburg die einzige Gemeinde in der Region.“
Der Bezirk Unterfranken, die Landkreise und die Städte Würzburg und Schweinfurt haben dieses Kooperationsprojekt gefördert. Die Trägerschaft übernahm der Landkreis Würzburg. Der Eintritt ist frei. Um Spenden für die Projektarbeit wird gebeten.
Und das sind die Ausstellungsstationen im Landkreis Schweinfurt:
Obbach: 19.03. – 03. 04., Rathaus, Dorfgraben 11
Gochsheim: 07.04. – 21.04., Kirche St. Michael, Kirchgasse
Schwanfeld: 22.04. – 06.05., Ehemal. Gutmann-Anwesen, Jägergasse
Gerolzhofen: 06.05. - 25.05., Rüstkammer des Alten Rathauses, Marktplatz 20
Weitere Informationen unter: www.landjudentum-unterfranken.de
Â