PRESSESCHAU
[…] Humor und ein leicht augenzwinkernder Blick auf Kirche und das religiöse Leben ist ein Wesenszug von Pfarrer Heiko Kuschel. Er hat diese und andere Seiten im Internet mit viel Witz und Herz entworfen, wie die "Kuschelkirche", "Stilvollglauben" und seine beliebten "kirchlichen VeranstaltungsÂregeln". Dennoch: Humor ist nicht alles für den Pfarrer der City-Kirche in Schweinfurt, denn er nimmt es mit dem Missionsbefehl Christi, der Verbreitung des christlichen Glaubens, sehr ernst. Er knüpft sein Netz sozusagen im Internet.
Nur beschreitet er mittlerweile andere Wege und Möglichkeiten als in seiner langjährigen Tätigkeit als Gemeindepfarrer in Gochsheim. In Zeiten, in denen es immer mehr Menschen gibt, die der Kirche den Rücken zudrehen, ist es für den 43-jährigen Familienvater von vier Töchtern umso wichtiger, sich Gedanken darüber zu machen, wie er die Menschen wieder zum Glauben und in die Kirche bringt. Die Lösung ist eigentlich ganz einfach, so Kuschel: "Man muss Gemeinschaften da fördern, wo sie entstehen!"
Aus diesem Gedanken entstand mit seinem katholischen Kollegen, dem Pastoralreferenten Günter Schmitt,  die Idee der Wagenkirche […] Denn eine Kirche sollte schon sein - mit allem "Pipapo", also dem klassischen Gebäude, wie es die Menschen kennen. Und so "verkleinerten" sie eine Kirche, schraubten sie auf einen Wagen und sind mit ihrem Kirchengefährt als "Hingucker" regelmäßig freitags in der Schweinfurter Innenstadt zu finden. Natürlich mit amtlicher Genehmigung der Stadt Schweinfurt. Immerhin wurden die beiden Geistlichen dabei auch schon mal vom Bürgerdienst kontrolliert. Auch andere Gottesdienste mit dem vieldeutigen Namen "Mehrweggottesdienst", "Klänge in der Nacht" oder "Take Off - der Gottesdienst zum Abheben" zeugen vom Erfindungsgeist des Seelsorgers. Damit hat der Schulbeauftragte mit halber Stelle und Pfarrer der Citykirche Schweinfurt durchaus neue Wege beschritten, sich einer neuen Gemeinde zu nähern. Mit Gottesdiensten, die anderes sind als die klassischen mit Orgelmusik. Er kann damit Menschen ansprechen, die unter Umständen niemals mit Kirche etwas zu Âhaben würden.
Die modernere Art, seine Botschaft in die Welt zu tragen, ist das Internet. Kuschel ist vertreten mit jeder Menge Blogs, so einer Art Tagebuch, und beim Gezwitscher über Twitter und das soziale Netzwerk Facebook, beides Plattformen zur Verbreitung von persönlichen Nachrichten. Ãœber die Jahre hat sich hier auch schon fast eine Art Gemeinde aufgebaut. Es geht Kuschel jedoch vor allem darum, diese heutigen Medien zu nutzen, um mit Menschen ganz unterschiedlicher Interessen in Kontakt zu treten. […] Wie sonst kann man sich mit einem Atheisten aus Hamburg schon über den Glauben unterhalten, wenn nicht im weltweiten Netz. Und das ganze auch in nur 140 Zeichen wie auf Twitter. "Warum so kurz?", fragt sich der eine. "Warum so lang - über 20 Minuten und mehr Â- in der Kirche?", kann da der andere fragen.
Eine eigene Gemeinde, wie man es kennt, hat er nicht, dafür viele, die seinem geschriebenen Wort folgen. Seinen Beruf an den Nagel hängen und nur noch per Twitter, Facebook und Blogs unterwegs sein mag er jedoch nicht. "Worüber sollte ich dann noch schreiben können, wenn ich nichts mehr zu erzählen habe?"
Mittlerweile ist er auch als Buchautor bekannt geworden. Als "Textchaot" erklärt er in seinem Buch "Die Sonne ist ein Säugetier", was zum Beispiel ein Sparsch ist? Oder welch leckere Dinge ein Konditor aus Pilzen zubereiten kann. Ein Sammelsurium von Sprachspielereien, kreativen Buchstabenverdrehern und logischen Unmöglichkeiten - natürlich auch per Twitter zu lesen. […]
Hingegen werden seine "kirchlichen Veranstaltungsregeln" wohl als nächstes veröffentlicht werden. "Im Spaß hab ich mit einem gewettet, wenn ich 285 Regeln zusammen habe, dann wird ein Buch daraus", grinst er! Und so dürfen viele Menschen darüber lachen, wenn man Dinge lesen kann, wie Regel Nummer  45: "Wird eine Freiluft-Veranstaltung wegen Dauerregens abgesagt, scheint abends die Sonne."  Oder Regel Nummer 88: "Die 50 übriggebliebenen Brötchen kann der Pfarrer ja morgen essen."  So was kennt wohl jeder aus seiner eigenen Kirchengemeinde.
Heiko Kuschel - ein moderner Menschenfischer, der ein weltweites Netz zum Menschenfangen hat. Jesus jedenfalls würde heutzutage staunen über die Wunder der modernen Technik und sich bestimmt auch einen "Netz-Zugang" beschaffen.           Â
(Aus: Evang. Sonntagsblatt aus Bayern, Nr. 41 vom 13.10.2013; Serie: „Berufe der Bibel in unserer Zeit“ 21; Text: Inge Wollschläger)