Eröffnung des MehrGenerationenHauses Schweinfurt
Schweinfurt, Mo. 08. Mai 2017. Full House am Montagnachmittag: Über drei Stockwerke und Räume verfügt das Haus Markt Nr. 51. Trotzdem drängten sich die zum Festakt Geladenen im Erdgeschoss eng zusammen.
Jahrzehntelang war es das Haus der Evangelischen Dekanatsjugend, dann für ein paar Monate Interkultureller Treff von Asylbewerbern und Einheimischen. Seit März firmiert es als „Treffpunkt Mitte“: das MehrGenerationenHaus (MGH). Sein Träger: das Diakonische Werk Schweinfurt. Nun wurde es offiziell-öffentlich seiner Bestimmung übergeben. Dazu gaben die Sprösslinge der Kindertagesstätte St. Johannis sozusagen das Vorzeichen mit dem Segenslied: „Vom Anfang bis zum Ende hält Gott seine Hände über mir und über dir. (...) Immer und überall bist du da.“
Mehrgenerationenhaus ist ein mehrdeutiger Begriff. Pfarrer Jochen Keßler-Rosa, Vorstand des Diakonischen Werkes, stellte eingangs klar: Gemeint sei kein Wohnhaus, sondern ein Treffpunkt, ein Begegnungsort, an dem das Miteinander der Generationen und das nachbarschaftliche Miteinander in der Kommune aktiv gelebt werde. Auch dürfe man dort kein festgelegtes Programm à la Volkshochschule erwarten, sondern primäre Adressaten seien gerade nicht fest in Gruppen und Verbände Eingebundene, also eher Vereinslose, die hier eigene Ideen entfalten könnten. Keßler-Rosa: „Es handelt sich um eine Konfesssions-, Religions- und Parteigrenzen überschreitende Begegnungsstätte. Jede und jeder ist willkommen.“
Herzstück des Hauses sei der Offene Treff, der dem Kennenlernen und Austausch diene: Caféstube, Erzählsalon, Spiel- und Wohnzimmer in einem, 20 Stunden pro Woche geöffnet. Was gibt es darüber hinaus an Aktivitäten? Rommé-Spiel, Wohnungsbörse und Sprechstunde für anerkannte Flüchtlinge (zurzeit rund 1200 in Schweinfurt), Nähstube, Hausaufgabenhilfe (in Kooperation mit dem Evang. Frauenbund), Sprach- und Weiterbildungskurse für Migrantinnen und Migranten, Angebote für Alleinerziehende, länderübergreifender Kochtreff, „Tanztee“ für Senioren, Mitbringfrühstück und und und. Dieses Programm wäre ohne Hauptamtliche und ohne freiwillig Engagierte nicht zu stemmen.
Dekan Oliver Bruckmann übernahm den Einweihungs- und Segnungsakt: Er wies auf Gott als die tragende Mitte unseres Lebens und unserer Gemeinschaft hin und griff das von Paulus geprägte Bild des einen Leibes mit seinen vielen verschiedenen Körperteilen auf (1. Korinther 12). Der Apostel hatte es im Blick auf die christliche Gemeinde gebraucht, doch lasse es sich auch auf die Gesellschaft und Gemeinschaft übertragen. „Ein kybernetisches Modell: Viele verschiedene Menschen wirken zum Wohl und Nutzen des Ganzen.“ Kurzum: Das MehrGenerationenHaus sei „eine wunderbare Einrichtung, um den Körper durch die verschiedenen Glieder zum Leben zu erwecken.“
Bundestagsabgeordnete Dr. Anja Weisgerber begann ihr Grußwort mit einem Zitat der Bundeskanzlerin: „Das Thema Mehrgenerationenhäuser ist modellartig eines, mit dem wir zeigen, wie wir es schaffen können, den Zusammenhalt der Generationen nach vorne zu bringen.“ Großes Lob zollte sie dem Projekt: „Der generationenübergreifende Ansatz gibt den Häusern ihren Namen und ist Alleinstellungsmerkmal: Jüngere helfen Älteren und umgekehrt.“ Nicht ohne Stolz bekundete Weisgerber, dass es nunmehr in ihrem Wahlkreis Schweinfurt-Kitzingen gleich drei solcher Häuser gebe: Neben dem bereits bestehenden im Altenheim St. Elisabeth in Kitzingen jetzt das am selben Tag eröffnete MGH im Bürgerhaus Schwebheim und eben dieses in Schweinfurt. Ferner betonte sie die Förderung aus Mitteln des Bundes, der derzeit rund 550 MGHs unterstütze. Auf Schweinfurt würden für 2017 und die kommenden drei Jahre je 30.000 Euro entfallen. Hinzu komme die kommunale Ko-Finanzierung seitens der Stadt in Höhe von 10.000 Euro jährlich. Pfr. Keßler-Rosa ließ durchblicken, dass trotzdem das Diakonische Werk weitere 10.000-20.000 Euro pro Jahr für Betrieb, Unterhalt und Miete zuschießen müsse.
Schweinfurts Zweite Bürgermeisterin Sorya Lippert sprach im Namen der Stadt: „Jeder Mauerfall zwischen Generationen verdient es, gefeiert zu werden.“ Der Kampf der Kulturen lasse sich nicht nur durch interreligiösen Dialog beenden, sondern auch durch das Entstehen solcher repräsentativer Projekte, wo Einander-Zuhören großgeschrieben werde. Bekannt für ihren Sprichwort-Fundus zitierte Lippert abschließend den chinesischen Aphorismus: „Die eine Generation baut die Straße, auf der die nächste fährt.“
Bei diesen vier Gruß- und Segensworten blieb es, obwohl noch viele weitere hochrangige Gäste – etwa die Landtagsabgeordnete Kathi Petersen, etliche Stadträte, Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen und der Diakonie – dem Festakt beiwohnten. Bei der anschließenden Hausbegehung konnte man im I. Stock die Band „Musik Grenzenlos“, gegründet im Rahmen der Deutschkurse für Flüchtlinge, kurdische und arabische Lieder spielen und singen hören.