Die Feuerwehr für den Notfall

Otto Heim springt immer ein, wenn es brennt und ein Organist fehlt

Kurkantor Otto Heim (Foto: Klopf)

Bad Kissingen, August 2014 (klk). Eigentlich gehört es schon zur Tradition der Erlöserkirche, dass der August den Kurkantoren vorbehalten ist. Neben der Vertretung von KMD Jörg Wöltche zählt zu ihren Aufgaben, vier Orgelkonzerte zu geben. Die Kirchengemeinde schreibt das Amt aus, und Organisten aus ganz Deutschland können sich hierfür bewerben, um in der Kurstadt nebenbei ihren Urlaub zu verbringen. Soweit die Theorie. Doch wie im vergangenen Jahr meldete sich keiner für diesen Job, und so fielen die Konzerte aus. Auch dieses Jahr war Fehlanzeige mit einem Kurkantor.

Dass mit dem 69-jährigen Münsteraner Otto Heim ein Kurkantor in der Kurstadt weilt, ist ein Zufall. „Ich mache Kur- und Urlaubsdienst seit 26 Jahren und war bereits in allen 16 Bundesländern im Kur- und Urlaubsdienst unterwegs. Während Pfarrer gleichzeitig mehrere Orte abdecken können, reicht die Anzahl der Kurkantoren nicht aus, um zugleich an mehreren Orten zu sein“, erklärt Otto Heim. Da er mittlerweile in der bayerischen Landeskirche bekannt sei und viele Verantwortliche kenne, musste er sich nicht mehr auf eine Stelle bewerben, sondern wurde angesprochen, ob er nicht diese oder jene Urlaubsvertretung übernehmen könne, weil sich niemand gemeldet habe.

Dies war in den letzten Jahren in Oberstdorf, Reit im Winkl und Kleinwalsertal der Fall. „Ich bin sozusagen die Feuerwehr für den Notfall“, sagt der charmante Organist mit einem Lächeln. „Für mich ist es eine Herausforderung, in Bad Kissingen vier Konzerte zu geben. Ein Konzert ist gut, wenn man auf die Siebzig zugeht, aber vier Konzerte - das ist etwas anderes. Ich habe daher meine Lieblingsstücke herausgesucht und geprobt, damit ich meinen Zuhörern Freude und Genuss bei meinen Konzerten bereite.“

Dass er ein exzellenter Organist und eine ansprechende und interessante Konzertliteratur in petto hat, bewies er bereits beim ersten Konzert am Montag in der Erlöserkirche. Sein Credo: „Die Zuhörer müssen sich gut unterhalten fühlen.“ „Meine Lieblingsmusik ist Bach und Händel. Das ist eine Musik, die ich gut verstehe. Romantik ist mir manchmal zu schnulzig oder zu anspruchsvoll. Frühromantik ist das, was die Leute gerne hören und ich auch gerne spiele. Ich habe mich darauf spezialisiert, kleine Stücke aus der Frühklassik zu interpretieren. Das kommt gut an.“

Zur Orgel kam Otto Heim vor 50 Jahren. Nachdem er 1964 bei einem Gottesdienst zum ersten Mal mit den Fingern das Manual der Orgel berührt hatte, stand für ihn fest, er müsse neben Latein Schulmusik mit dem Hauptfach Orgel studieren. „Von meiner Ausbildung her bin ich Schulmusiker und Lateinlehrer. Die letzten 32 Dienstjahre habe ich am Schillergymnasium in Münster verbracht. Nach der Pensionierung hat mein Hobby Kirchenmusik völlig die Oberhand gewonnen: Seit 26 Jahren bin ich schon bei der Urlauberseelsorge als Gästekantor dabei. Ich habe die schönsten Gegenden (und Orgeln) Bayerns kennengelernt, von Franken bis ins Allgäu, vom Bayerischen Wald bis in den Chiemgau. Und das lohnte sich: Berggottesdienste, Kapellenwanderungen, Gästesingen, Abendandachten, Orgelkonzerte, Orgelführungen und -matineen und die ‚ganz normalen’ Sonntagsgottesdienste sorgten für reichliche Abwechslung und viele neue Kontakte“, schwärmt der dynamische Organist, dem man sein Alter nicht anmerkt.

Die nächsten Konzerte sind am Montag, dem 18. und 25. August, sowie am 1. September, jeweils um 19.30 Uhr in der Erlöserkirche geplant. Ein Blick auf das jeweilige Programm zeigt, dass eine interessante, vielseitige und ansprechende Konzert-Literatur vom Barock bis zur Moderne zu erwarten ist.

(Text und Fotos: Peter Klopf)