Diakonie Schweinfurt sieht Ankerzentrum kritisch

PRESSEERKLÄRUNG von Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa

Schweinfurt, 7. Juni 2018. Die CSU-Regierung hat Anfang der Woche ihre Entscheidung getroffen: In den Conn Barracks soll ein Ankerzentrum für die Region Unterfranken entstehen. Jochen Keßler-Rosa, Vorstand des Diakonischen Werkes Schweinfurt, bezieht eine klare Position zu dieser Entscheidung und argumentiert, warum er das geplante Ankerzentrum kritisch sieht.

„Menschen, die in einem Ankerzentrum untergebracht sind, erleben tagtäglich Eingriffe der Polizei sowie Abschiebungen hautnah“, sagt Keßler-Rosa. Dabei hätten sie in ihren Heimatländern und auf der Flucht schon viele traumatische Erlebnisse gehabt. In so einem Umfeld kämen die Betroffenen nicht zur Ruhe, ganz im Gegenteil. „Warum legt die Regierung den Fokus so deutlich auf Rückführung - und nicht auf das Menschenrecht auf Asyl? Warum wird in der Öffentlichkeit das Thema Integration in diesem Zusammenhang verschwiegen?“, fragt er.

Seit 1983 betreut die Diakonie Asylbewerber in der Region, auch in der Erstaufnahme Schweinfurt, dort gemeinsam mit der Caritas. Dabei machten die Diakonie-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort ähnliche Erfahrungen. Je stärker sich Einrichtungen in das Gemeinwesen einfügen würden, desto höher sei die Akzeptanz und Unterstützungsbereitschaft der ansässigen Wohnbevölkerung, auch dann, wenn eine Rückführung im Raum steht. Beziehungen zum sozialen Umfeld, frühzeitiger Zugang zu Kita, Schule, Ausbildung und Arbeit seien förderlich für die Integration der Menschen, die bleiben dürfen. In abgelegenen Großeinrichtungen untergebrachte Menschen haben Schwierigkeiten, soziale Beziehungen aufzubauen. Psychische Belastungen und Konflikte untereinander seien die Folge.

Einer zeitnahen Verwirklichung der Entscheidung steht Jochen Keßler-Rosa skeptisch gegenüber. „Wir erleben gerade, dass sehr viele negative Bescheide, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unter Zeitdruck entschieden wurden, einer gerichtlichen Prüfung nicht standhalten und positiv beschieden werden. Diese Überlegungen führen den Diakonie-Vorstand zu der Frage: „Sollen die Betroffenen monatelang in den Kasernen verharren, bevor das Gericht ihnen das Bleiberecht zuspricht?" Alle Folgeerscheinungen, die eine derartige Unterbringung nach sich zöge, müssten später bei der Integration mühsam aufgearbeitet werden.

Abschließend betont Keßler-Rosa, dass die Diakonie im Rahmen ihres christlichen Auftrages weiter zur Kooperation mit der öffentlichen Hand bereit ist und gerne ihren Beitrag zum Wohle der Menschen, die Hilfe zum Überleben suchen, leistet.

Jochen Keßler-Rosa, Pfarrer

Vorstand des Diakonischen Werkes Schweinfurt


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