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Presseschau 2012

Lesen Sie im Folgenden einige ausgewählte Presseartikel nach, die über Ereignisse in unserem Dekanat erschienen sind. Weiter zurückliegende Pressepublikationen aus den Jahren 2007 - 2011 finden Sie hier (bitte anklicken).


 

Junge Leute kehren der Kirche den Rücken

Evangelisch-Lutherisches Dekanat gab Studie über die Hintergründe von Kirchenaustritten in Auftrag

 

 

Dekan Oliver Bruckmann beim Diktat; die Redakteure schrieben

Susanne Wiedemann (Mainpost) u. Joachim Fildhaut (Evang. Sonntagsblatt) - abschreiben war nicht erlaubt

Schweinfurt. Entfremdung. Für Dekan Oliver Bruckmann ist das der eigentliche Hauptgrund, warum Menschen aus der Kirche austreten. Die Kirchensteuer als Ärgernis oder Belastung sei letztlich der Endpunkt des Weges zum Austritt, nicht die tatsächliche Hauptursache. Auch wenn sie bei einer Umfrage als Hauptgrund angegeben wurde. Fast die Hälfte der Befragten gaben da auch an, keine Kirche zu brauchen, um Christ zu sein.
 
Bruckmann kann sich bei seiner Einschätzung auf eine Emnid-Umfrage stützen, die das Evangelisch-Lutherische Dekanat in Auftrag gegeben hat. Als zweites Dekanat in Bayern übrigens. Den Auftakt machte Fürstenfeldbruck, es folgt Neumarkt in der Oberpfalz, erläutert Bruckmann bei einem Pressegespräch. Natürlich geht es in erster Linie um die Beweggründe der Menschen in den einzelnen Dekanaten, bei drei so unterschiedlichen Regionen wie Fürstenfeldbruck, Schweinfurt und Neumarkt wird aber auch interessant sein, ob sich ein Stimmungsbild, ein Trend abzeichnet.
 
Zwischen 2005 und 2011 haben die 27 Gemeinden aus dem Dekanat Schweinfurt 3043 Mitglieder verloren. 996 durch Umzug, 1019 durch demografischen Wandel (es starben mehr Leute, als Kinder getauft wurden) und 1028 durch Austritt. Gut ein Drittel der Ausgetretenen machte bei der Umfrage mit, beantwortete 31 Fragen. Für Bruckmann und Siegfried Bergler, im Dekanat für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, schon mal erfreulich, dass die Menschen bereit sind, darüber zu reden, warum sie die Kirche verlassen haben. Die Hauptgründe laut der Umfrage: Kirchensteuer, „Ich kann auch ohne Kirche Christ sein“, „geärgert über kirchliche Mitarbeiter“ und „ich brauche keine Religion im Leben.“
 
„Wir haben eine echtes Problem mit den 14- bis 29-Jährigen“, ist für Bruckmann einer der Hauptpunkt der Umfrage, die er den kirchlichen Gremien und Pfarrern schon vorgestellt hat. Nicht nur wird das Thema Jugendarbeit wichtiger, den Gemeinden bricht die Basis weg. Und damit ein Stück Zukunft. 39 Prozent der unter 30-Jährigen haben in der Umfrage angegeben: „Ich brauche keine Religion im Leben.“ Die jungen Leute sind sehr entfremdet, meint Bruckmann, sinniert, ob das ein allgemeiner gesellschaftlicher Trend ist. Nachwuchssorgen haben ja schließlich auch die Vereine, viele Organisationen klagen darüber, dass sich die jungen Leute nicht mehr engagieren wollen.
 
Wer austritt, kehrt der Kirche nicht automatisch den Rücken, zeigt die Befragung. Knapp die Hälfte der Ausgetretenen besucht Gottesdienste, nimmt an Feiern wie Taufe, Hochzeit, Konfirmation teil. Überhaupt sind diese kirchlichen Angebote den Menschen wichtig, hier könnte auch ein Ansatz für die Kirche sein, auf die Bedürfnisse einzugehen und so auch Austritte zu verhindern. „Die Menschen sind mit Dingen unzufrieden, die ihnen wichtig sind“, liest Bruckmann aus der Studie. Kann sein, dass die Lieder bei einer Taufe nicht gefallen haben, der Wunschtermin für die Taufe nicht geklappt hat, der Pfarrer schlecht zu erreichen ist. Wie stark ist die Kirche dem Menschen verbunden? Wir gehen wir mit Menschen um? Wie informieren wir? Fragen wie diese müssen sich auch die Kirche und ihre Mitarbeiter stellen.
 
„Wir wollen daraus lernen“, sagt Bruckmann. Auch, weil die Umfrag gezeigt hat, dass jeder Vierte zweifelte, ob der Austritt die richtige Entscheidung war. Jeder Sechste gab an, seine Entscheidung hätte rückgängig gemacht werden können, zum Beispiel, wenn sich die Kirche modernisiert, offener in ihren Ansichten wird. Umgang mit Homosexualität wäre hier ein Stichwort für Bruckmann. Die Kirche vertrete zu wenig wichtige Werte, wurde weiter kritisiert. Auch ein Punkt zum Nachdenken: „Warum werden die Werte unserer Dienste und Werke wie der Diakonie nicht als unsere Werte wahrgenommen?“ Für Bruckmann noch ganz wichtig: „Wir müssen in Menschen investieren, nicht in Strukturen.“ und jeden einzelnen ernst nehmen. Auch den, der der Kirche den Rücken gekehrt hat. „Ich nehme die Ausgetretenen ernst und lasse mir von ihnen etwas sagen.“

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 22. Nov. 2012, Text: Susanne Wiedemann, Fotos: Bergler)

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Zwei Beiträge zum 9. November 2012 aus Schweinfurt

 

1.  Die Rosenthals lebten 400 Meter Luftlinie von hier

Schicksal von Leopold und Recha Rosenthal aus Schweinfurt,

die am 22. April 1942 deportiert wurden

19 Uhr, Kirche St. Johannis. Der traditionelle Gottesdienst ist heuer ein besonderer. Neben Pfarrer Siegfried Bergler stellt Pfarrer Dieter Schorn das Schicksal der umgekommenen Schweinfurter Eheleute Leopold und Recha Rosenthal vor:

Leopold und Recha Rosenthal aus Schweinfurt sind von den Nazis am 22. April 1942 über Würzburg „nach dem Osten“, wie es damals lapidar hieß, deportiert worden. Sie wurden wohl kurz nach ihrer Ankunft im polnischen Krasnystaw (bei Lublin) am 28. April 1942 ermordet. Gelebt haben die Eheleute jüdischen Glaubens am Oberen Wall 21. „400 Meter Luftlinie von hier“, stellt Dieter Schorn bewusst den lokalen Charakter dieses Schicksals heraus, das er beim Gedenk-Gottesdienst am 9. November in St. Johannis exemplarisch für andere von den Nazis ermordete Schweinfurter schildert.
 
Weil sich die auswärtigen SA-Männer nicht auskannten, stellten Schweinfurter Nazis ihnen am 10. November 1938 „zuverlässige Männer“ zur Seite. Einer dieser „Lotsen“ war ein brauner Badewärter aus der Rittergasse. Der SS-Scharführer führte die Plünderer auch zur Wohnung der Rosenthals. Die später von Recha Rosenthal erstattete Anzeige verlief im Sande, der Lotse ging natürlich straffrei aus, das Ehepaar lebte „irgendwie weiter in Schweinfurt“.
 
Dann informiert Schorn über die Deportation. Der Pfarrer unterbricht, die hellen, „jungen Stimmen“ (Leitung Andrea Balzer) füllen den Kirchenraum mit einer textlosen Vocalise von Javier Busto. Man hat gerade vom Mord an Rosenthals gehört, und nun diese außergewöhnlichen, hinausgeschrienen Töne, denen sekundenlange Stille in St. Johannis folgt.
 
Schorn fährt fort, nun mit einem „besonders hellen Licht“. Die Rollkommandos haben auch am Kornmarkt gewütet, dort die Weinhandlungen der jüdischen Familien Mohrenwitz und Mars heimgesucht. „Ein Traum für die Vandalen, konnten sie doch Unmengen Glas zerschlagen“, merkte Schorn sarkastisch an. Marie Hitz, Frau des Buchdruckereibesitzers Wilhelm Hitz, sah das herumirrende Kind der Nachbarsfamilie, holte es von der Straße, versteckte es bei ihrer Schwester Berta Schilling mehrere Tage. Das jüdische Mädchen und der Bruder wurden kurz danach über die Schweiz zu Verwandten nach Amerika geschickt.
 
Schorn fragte, warum die Frauen das gemacht haben und gab selbst die Antwort. Sicher habe Mitleid und spontane Hilfsbereitschaft eine Rolle gespielt. Heldentum sei das von den beiden auch in St. Johannis aktiven Frauen trotz aller Gefahren aber nicht gewesen. Sie hätten aus „christlich geprägtem Anstand“ gehandelt, sagte Schon. Der gerettete Bruder kam übrigens viele Jahre später noch einmal zurück in seine Heimatstadt. Der Schwester versprach er, Marie Hitz einen Gruß zu überbringen und Dank zu sagen. Marie Hitz lag zu diesem Zeitpunkt aber bereits in den letzten Zügen ihres Lebens. „Warum der Gast sie mit wunderschönen Blumen besuchte, hat sie nicht mehr verstanden.“

Zum Gelingen der besinnlichen Abendstunde tragen maßgeblich die „jungen Stimmen schweinfurt“ unter der Leitung von Kirchenmusikdirektorin Andrea Balzer bei. Bergler predigt über das Kirchenlied vom Mandelzweig. Der Text stammt von Schalom Ben-Chorin, der, die Namensgleichheit ist Zufall, als Fritz Rosenthal seine Heimatstadt München noch rechtzeitig Richtung Israel verlassen konnte. Er blieb trotz des Holocaust Deutschland verbunden, leistete nach dem Krieg Versöhnungsarbeit. Bergler bezeichnete Ben-Chorin in seiner Predigt als „Baumeister des Gesprächs zwischen Christen und Juden“.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 12.11.2012, Text: Hannes Helferich; Fotos: Bergler)

 

 

Gedenktafel am Geburtshaus von Schalom Ben-Chorin in München, Zweibrückenstr. 8

Pfr. Dieter Schorn (l.) tauscht sich mit Bürgermeister Emil Heinemann (Sennfeld) und dessen Frau aus.

 

2.   Freiheit ist zum Greifen nah

Martin Schewe, Pfarrer der Christuskirche, war bei den Friedensgebeten in Leipzig dabei

„Ab sofort“. Zwei Worte, große Wirkung: DDR-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski hat damit am 9. November 1989 die Mauer nach 28 Jahren zu Fall gebracht. „Ab sofort“ antwortete Schabowski auf die Frage von Reportern, wann die zuvor verkündete erleichterte Reiseregelung in Kraft tritt.
 
Martin Schewe, heute Pfarrer der Christuskirche, damals Theologie-Student in Jena, hörte die Worte auch – in der Aktuellen Kamera, dem Nachrichtenprogramm der DDR. Er konnte das „zunächst auch gar nicht glauben“. Einem Professor an der Uni Jena schien das ebenso zu gehen. Er ließ die angesetzte Klausur tags darauf noch schreiben. Am 10. November mittags ist Schewe nach Berlin gefahren. Es war „der letzte Zug, in den noch Menschen in Jena zusteigen konnten“.
 
Und in Berlin? Da ist er in Schönefeld zum ersten Mal in den Westen marschiert, dann kehrte er wieder zurück in den Osten und ging wieder rüber. Er wiederholte das dann noch einmal. „Ich wollte sehen, ob das funktioniert“. Schewe sagt, dass er zwar „wie immer“ jedes Mal kontrolliert wurde, trotz der Tausenden von Menschen, aber es hat funktioniert, er konnte sich frei bewegen.
 
Schewe ist in Leipzig geboren und er hat auch, damals 21 Jahre jung, die letztlich wohl alles entscheidende Kundgebung am 9. Oktober 1989 mitgemacht. Weil nicht klar war, wie der DDR-Staat auf den von der Nikolai-Kirche ausgehenden Protestzug reagieren wird, habe er sich morgens von seiner Freundin anders als üblicherweise verabschiedet: „Es kann sein, dass wir uns nie wieder sehen“. [...]
 
1986 baut Schewe das Abitur. Um studieren zu können, war der Wehrdienst bei der NVA Pflicht. Er meldet sich allerdings für den Bausoldatendienst, was bei staatlichen Stellen nicht gerne gesehen wird. Man versucht, ihn davon zu überzeugen, dass ihm der normale Dienst an der Waffe dienlicher sei. Schewe lehnt ab, womit aber das angestrebte Mathestudium futsch war. Martin Schewe entscheidet sich fürs Theologiestudium. Es beginnt 1988 in Jena. Und Schewe schließt sich einem Gesprächskreis von Theologie- und erstaunlicherweise Jura-Studenten an, die über das „kaputte Wirtschaftssystem“ der DDR genauso diskutieren wie über Werte-Vorstellungen und eine Zukunft ohne Mauer, aber in einem eigenständigen Ost-Deutschland.
 
Einige Male fahren die Studenten auch zu den Montagsgebeten in der Nikolaikirche. Die ersten Vorboten der friedlichen Revolution beginnen. Am 15. Januar 1989 demonstrieren etwa 500 Bürger in Leipzig. In den folgenden Monaten kamen immer mehr Menschen zu den montäglichen Friedensgebeten in der Nikolaikirche. Immer mehr DDR-Bürger stellen Ausreiseanträge. Dann tun sich Anfang Mai 1989 erste Löcher im „Eisernen Vorhang“ auf, Ungarn beginnt mit dem Abbau der Sperranlagen an der Grenze zu Österreich. Auch Schewe hatte sich ein Visum besorgt, er kehrt aber wieder zurück. „Wenn jetzt alle gehen, dann ändert sich nichts“, schildert er seine damaligen Gedanken. [...]
 
Dann kommt der Tag, den Schewe nie vergessen wird. Die SED droht den Demonstranten vor der Kundgebung am 9. Oktober 1989, zwei Tage nach dem 40. Jahrestag der DDR: „Wenn es sein muss, stoppen wir auch mit Waffengewalt“. Anders lässt sich für Schewe die hohe militärische Präsenz nicht erklären.
 
Dennoch protestierten am 9. Oktober mindestens 70000 Menschen friedlich in Leipzig mit Kerzen in der Hand. Auf Flugblättern gerichtet an die Staatsmacht war zu lesen: „Wir sind ein Volk“. Schewe ist darunter. Plötzlich klafft eine Lücke im Zug, seine Reihe sieht sich jetzt Sicherheitskräften gegenüber. „Das Herz ist mir da in die Hosentasche gerutscht“. Aber: Die Soldaten und Polizisten schritten nicht ein. Die Reihen des Demonstrationszugs schließen sich. Schewe weiß jetzt: „Wir haben es geschafft“.
  
Am 16. und am 23. Oktober ist er wieder in Leipzig dabei. Die Proteste breiten sich in der ganzen DDR aus. Und die SED-Führung weiß sich nicht anders zu helfen, als ein neues Reisegesetz zu erlassen, das am 9. November – früher als beabsichtigt – von Günter Schabowski verkündet wird. Dann fiel die Mauer. [...]
 
1998 las er seine Stasi-Akten. Die DDR hatte ihn, den Studenten der Theologie, wegen seiner Beteiligung an den Friedensgebeten tatsächlich überwacht. Aber das, was drin steht, das nennt Schewe einfach nur „lächerlich“. Vor geraumer Zeit rief eine Kommilitonin aus der Jenenser Zeit an. Sie und ihr Mann gehörten als Jurastudenten dem konspirativen Studentenkreis an. Sie haben Schewe gebeten, dass er sie tauft, in der Arche. Er hat das gerne gemacht.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 9.11.12, Text: Hannes Helferich, Fotos: Bergler)

 

 

 Pfr. Martin Schewe mit seiner Frau Valerie, die er in der Schweiz kennen lernte, bei deren Einführung als Pfarrerin in Zell

Ein Trabi durchbricht die Mauer: Graffito an den Resten der Berliner Mauer nahe Warschauer Straße

 

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Einmal die Woche nehmen Christen die Welt ins Gebet

Zum 20-jährigen Bestehen des Friedensgebets in Dreieinigkeit

 

 

Zum Jubiläum ließ Pfrin. Eva Loos gleich alle sechs Glocken der Dreieinigkeitskirche läuten.

Schweinfurt,19. Sept. 2012. „Israel plant einen Angriff auf den Iran, in Mexiko sind 300 Schwerverbrecher aus einem Gefängnis ausgebrochen, der Bürgerkrieg in Syrien hat schon 20 000 Menschenleben gekostet, 70 Prozent der Hühnereier kommen aus Massentierhaltung, in der St. Kilian-Straße in Schweinfurt ist der Tod eines Bewohners vier Wochen lang unbemerkt geblieben.“ Sie nehmen buchstäblich die ganze Welt ins Gebet, die Friedensbeter der Dreieinigkeitskirche.
 
Seit 20 Jahren wird hier jeden Mittwoch um 19 Uhr eine Stunde lang für den Frieden in der Welt, in den Familien und nicht zuletzt für die Zufriedenheit in jedem einzelnen Menschen gebetet. Das Auseinanderbrechen des ehemaligen Jugoslawien und der damit einhergehende Krieg waren Anlass, 1992 erstmals zu einem ökumenischen Friedensgebet einzuladen. Dass dieser Gottesdienst nun sein 20-jähriges Bestehen feiert, wundert auch die Initiatoren. [...]

Unfrieden, Konflikte und unhaltbare Situationen hat die Welt genügend zu bieten, und so gab es auch immer genügend Grund zu beten. Was es nicht immer gab, waren genügend Beter. „Manchmal waren wir nur zu zweit, das war schon ernüchternd“, erinnert sich Li Langen. Aber irgendwie ging es dann doch immer weiter. Elmar Rachle beispielsweise ist nach der atomaren Katastrophe von Fukushima zum Team des Friedensgebets gestoßen. 2011 gab es eine besondere Andacht für die Menschen, die von der japanischen Nuklearkatastrophe betroffen waren. Diese besuchte er und fand eine neue Heimat für sein friedenspolitisches Engagement.
 
Man diskutiere oft sehr lange, welche Beispiele von Unfrieden in der Welt, mit der Natur oder unter den Menschen man im Gottesdienst benennen wolle, erklärt Pfarrerin Eva Loos. Die Mitglieder des Vorbereitungsteams müssen politisch auf dem Laufenden sein. Und, das ist Loos wichtig, „wir wollen auch einige positive Beispiele benennen.“ Im Jubiläumsgottesdienst war dies unter anderem die Papstreise in den Nahen Osten, die als Friedensmission empfunden wurde. [...]
 
„So eine unscheinbare kleine Gruppe kann in der Welt vielleicht mehr bewegen, als wir uns vorstellen können“, meint Annemarie Ritter. Sie war im Gründungsjahr des Friedensgebets Vikarin in der Dreieinigkeitskirche und hat dieses zusammen mit dem damaligen Pfarrer Rainer Oechslen aus der Taufe gehoben. Aber „diese Gottesdienstform ist nicht von Pfarrern abhängig, sie lebt von der Basis“, erklärt sie.
 
Zum Jubiläum ließ Pfarrerin Eva Loos alle sechs Glocken der Dreieinigkeitskirche läuten und begrüßte die Gäste mit einem Strauß von 20 verschiedenen Blumen. Den ökumenischen Part übernahm Pfarrer Franz Feineis, der die Feier mit selbst getexteten Liedern bereicherte.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 22.9.2012, S. 28; Text: Ursula Lux; Foto: Bergler)

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Ein Fisch für die Kreuzkirche

Spatenstich am Gemeindehaus in Oberndorf

 

   Pfrin. Christhild Grafe bedauerte sehr, nicht beim Spatenstich dabei gewesen zu sein. Hier bei einem Extra-Fototermin mit KV-Vertrauensmann Alfred Kritzner von der Kreuzkirche 

Schweinfurt, 7.8.2012. Platt gewalzt und voller Steine war das Gelände. Die Herren mit den Spaten taten sich schwer. Dekan Oliver Bruckmann sprach aus, was die anderen dachten: „Ist kein Bagger da?“
 
In seiner kurzen Ansprache auf der Baustelle am Glockenhof (neben dem Kindergarten) erinnerte Bruckmann an den langen Weg bis zum Spatenstich. Weil das viel zu groß gewordene alte Gemeindehaus (einst für Oberndorf, Bergl und Bergrheinfeld) an der Ernst-Sachs-Straße vor zehn Jahren verkauft wurde und das Provisorium in der Karl-Fichtel-Straße ebenfalls zu groß, zu teuer und immer zu kalt war, hatte sich die Gemeinde für einen Neubau entschlossen. Den Verkauf des alten Gemeindehauses nannte der Dekan klug. Grüße von Pfarrerin Christhild Grafe, die verreist ist, überbrachte der Dekan.
 
Das neue Haus wird barrierefrei und energieeffizient erstellt. Der Saal hat eine Größe von 60 Quadratmetern, lässt sich um das Foyer per Faltwand auf 100 Quadratmeter erweitern. 31 Quadratmeter bietet der Gruppenraum. Dazu kommen Küche, Lager, Technikraum und sanitäre Einrichtungen. Die Kosten (samt Grund) summieren sich auf nahezu eine Million Euro.
 
Durch die Nähe zur Kirche ermöglicht der Neubau eine Fortsetzung von Veranstaltungen im Gotteshaus. Auch wird das Haus dem Senioren-, Gesprächs-, dem Bastel- und anderen Kreisen Domizil sein, ebenso den Konfirmanden und dem Gemeinderat. Frauenfrühstück und Kindergottesdienst können hier abgehalten werden – auch Gottesdienste im Winter, wenn es in der Kirche zu kalt ist. Bezugsfertig soll das Gemeindehaus im Frühjahr 2013 sein. Insbesondere bei der Inneneinrichtung, die von der Landeskirche nicht bezuschusst wird, hofft die Gemeinde auf Spenden.
 
Das Gebäude, das an den Rücken eines Fisches (Gemeinschaftssymbol der Urkirche) erinnern wird, soll Raum für die Begegnung schaffen. Die Holzrahmenkonstruktion wird mit grünem Schiefer verkleidet. Aufgesetzt wird der geschuppten Fassade ein Aluminiumdach. [...]
 
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 7. Aug. 2012; Text: Holger Laschka; Foto: S. Bergler)

 

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Gottesdienst im Fitnessstudio:

Körperkult als Religionsersatz?

Sonntags-Special der Christuskirche im Injoy-Fitnessstudio

 

Fitte Familie: Pfrin. Valerie Schewe mit Mann Martin und einem von vier Sprösslingen (Foto: Bergler)

 

 

Schweinfurt, So., 15. Juli 2012. Ist die Fitnessbewegung eine Ersatzreligion? Steht dahinter Körperkult oder Gesundheitsbewusstsein? Solchen und ähnlichen Fragen ging das Sonntagsspecial der Christuskirche nach, das einmal im Jahr außerhalb des Gotteshauses an einem ungewohnten Ort stattfindet. Diesmal war die Gemeinde im Injoy-Fitnessstudio zu Gast, Pfarrerin Valerie Ebert-Schewe und ihr Team hatten das Thema „Fit for fun - fit for god“ vorbereitet.
Statt eines Orgelpräludiums stimmen Klemens und Ingrid Hoffelner am Keyboard die etwa 50 Besucher mit „Sport und Musik“ auf den Gottesdienst ein. Auf dem Podest der Multihalle ist ein Altartisch aufgebaut, dahinter legen sich drei Team-Mitglieder auf Spinning Bikes gewaltig in die Pedale.
In einer Spielszene verteidigen die drei Biker – gegen kritische Fragen der Pfarrerin – den Wert einer Fitness-Betätigung in einem Studio: Unabhängigkeit vom Verein, auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt, flexible Termine, gut beraten. Tatsächlich haben in Deutschland die Fitnessstudios mit 7,6 Millionen Nutzern die Sportvereine längst überholt. Seit 2005 hat sich der Anteil der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren am Fitnessmarkt um etwa 50 Prozent erhöht. Diesen Markt teilen sich etwa 7000 Fitnessstudios mit einem Potenzial von vier Milliarden Euro.
Trotzdem: „Wir dürfen und sollten immer mal wieder nach der wirklichen Motivation bei Bewegung und Sport fragen“, meint Pfarrerin Ebert-Schewe. Geht es um die Freude an der Bewegung, um körperlichen Ausgleich, um Gesundheit, im weitesten Sinne um Schönheit? Wunderbar! Aber wir sollten uns nicht zur Verzweiflung treiben lassen von Idealmaßen, die so nicht nötig sind. „Mit ähnlichen Auswirkungen wie bei Anorexie plagen Menschen ihren Körper, bis es nicht mehr geht“, so die Pfarrerin. Müsse man wirklich, wie Madonna, mit über 50 Jahren einen Teenagerkörper vorzeigen können?
Wellness wolle dem Körper etwas Gutes tun. Dies sei zu begrüßen, denn gar so „leibfeindlich“ sei der christliche Glaube wirklich nicht. Für ihn sei der Körper ein Tempel – etwas Heiliges und Schönes. Aber er sei letztlich ein Zweckbau für die Seele, für die Persönlichkeit. Im Gottesdienst könne man etwas Gutes für die Seele tun. Etwa dem Gedanken begegnen, dass das Wesentliche im Leben ein Geschenk sei. Oder dem Gedanken, dass ich als Mensch immer nur auf das Miteinander mit anderen angewiesen sei. Für den anderen da zu sein, ihm zu helfen – erst das mache das Leben reich und erfüllt. Und die Möglichkeiten dazu seien vielfältig vorhanden. […]
(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 17.7.2012, Text: Manfred Herker)

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Christuskirche will „Grünen Gockel“

Dritte evangelische Kirchengemeinde im Dekanat

 

Rechts: Pfr. Martin Schewe - immer voll engagiert

(Foto: Bergler)

 

 

Schweinfurt. Die evangelische Gemeinde St. Michael Gochsheim hat ihn schon, die Christuskirche auf der Maibacher Höhe will ihn haben: den „Grünen Gockel“. Am Sonntag (1. Juli 2012) beim Gemeindefest fiel der Startschuss, damit das Federvieh in zwei Jahren auch von einem Schweinfurter Kirchendach seine Umweltphilosophie herunterkräht.
 
„Anstrengungen zur Verminderung des CO2-Ausstoßes tragen wesentlich dazu bei, Gottes gute Schöpfung zu bewahren“, sagte Pfarrer Martin Schewe beim Gemeindefest. Möglichkeiten dazu gebe es viele, aber nur ein kontinuierlicher Blick auf die Umweltbilanz helfe, den Klimawandel zu begrenzen und die Schöpfung zu bewahren.
 
Die Christuskirche ist im Bereich das Dekanats die dritte Kirchengemeinde (neben Gochsheim noch Niederwerrn), die der Empfehlung der Landessynode vom April 2009 gefolgt ist, dieses Umweltmanagement-System einzuführen. Durch das Projekt wird ein Qualitätszirkel geschaffen, der kontinuierliche Wachsamkeit für die Umwelt garantiert: Ein – auf der Maibacher Höhe noch zu bildendes – Umweltteam kontrolliert regelmäßig die wichtigsten Daten, erarbeitet Verbesserungsvorschläge für die Umweltbilanz.
 
Der „Grüne Gockel“ ist speziell für Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen entwickelt worden, erfüllt aber zugleich die Standards des europäischen Öko-Audits. Das Projekt hilft, Einsparpotenziale zu erkennen, es soll eine Verhaltensänderung bewirken und sinnvolle Investitionen in Innovationen planen. [...]
 
Die Christuskirche will mit ihren Angeboten „gerade Kinder und Jugendliche, Familien und Kirchenferne in ein Gespräch mit Gott und Kirche bringen“, sagt Schewe. Das gesamte Programm sei auf Tradition, aber auch „auf neue Wege ausgerichtet“. [...] Dazu gehöre auch, sich den Energie- und Umweltfragen zu stellen. Aus diesem Grund habe der Kirchenvorstand beschlossen, den Grünen Gockel auch an die Christuskirche zu holen. [...]

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 3. Juli 2012, S. 21; Text: Hannes Helferich)

Lesen Sie hier gleich weiter:

 

 

In Gochheim kräht der grüne Umweltgockel

Vergabe an St. Michael

 

Eigentlich sind die Gochsheimer nicht für ihren Gockel, sondern für ihre "Zwiefl" bekannt: hier Bauer Michel - "der Zwiefltrater" (Foto: Bergler)

 

Gochsheim. Der „Grüne Gockel“ hat sich in Gochsheim eingenistet, konkret in der evangelischen Pfarrei St. Michael. Die Kirchengemeinde ist froh darüber und wird alles tun, dass der Gockel noch möglichst viele Jahre bleibt und nicht schnell wieder davonflattert. Nun: Grüner Gockel ist gar kein echter Hahn oder Göcker. So nennt sich vielmehr ein Umwelt-Managementsystem für Kirchengemeinden in der evangelischen Landeskirche.

St. Michael hat sich 2009 als Vorreiter in unserem Raum gemeinsam mit Niederwerrn beworben und erhielt jetzt als erste Gemeinde im Dekanat Schweinfurt den Titel zuerkannt. Von ungefähr kam das nicht: Dank zahlreicher bereits vollzogener Energiesparmaßnahmen in und an den drei Pfarreigebäuden haben sich die CO2-Emissionen von 65,4 Tonnen im Jahr 2009 auf unglaubliche 12,6 Tonnen im Jahr 2011 reduziert. „Die eingesparte Menge entspricht der Menge CO2, die vier Hektar Wald mit Bäumen aller Altersklassen binden können“, berichteten Erich Waldherr und Emmi Sengfelder im Gespräch mit dieser Zeitung.

Doch der Reihe nach. Zunächst war der Segen des Kirchenvorstands einzuholen, nötig allein wegen der Kosten von rund 2000 Euro. Die Hälfte zahlt die Landeskirche. Danach organisierte Umweltbeauftragte Sengfelder (Dürrfeld) ein Umweltteam, das nicht nur aus Kirchenmitgliedern bestand. Die seinerzeitige Bewerbung nennt Sengfelder „mutig“: Damals war nämlich die Pfarrstelle vakant. Dass der mittlerweile angekommene Pfarrer Wolfgang Stumptner das Projekt stark unterstützt, sei ein „ein Glücksfall“.

Gleichwohl: Das Team hatte eine zweieinhalbjährige Kärrnerarbeit zu verrichten. Zehn Schritte sind vorgegeben. Dazu zählen beispielsweise das Erstellen von Leitlinien, die Entwicklung eines Umweltprogramms, intensiv war die Bestandsaufnahme, also die Höhe des Strom-, Wasser- und Wärmeverbrauchs in den Gebäuden der Pfarrei – Kirche, Pfarrhaus mit Gemeindesaal, Kantorat mit Bibliothek und Jugendhaus – zu Beginn der Umweltaktivitäten festzustellen.

Aber nicht nur die direkten Energiefragen spielten eine Rolle. Das Team prüfte, welches Papier, welche Putzmittel benutzt werden, schaute auf die Einkaufsliste. Heute trinkt St. Michael fair gehandelten Biokaffee. Die Kartoffelsuppe wird ausschließlich mit Zutaten aus einem Dorfladen zubereitet.

Mit einigen Konfirmanden wurde eine Umweltgruppe gegründet, Nistkästen gebaut und im Pfarrgarten aufgehängt. „Gelebter Umweltschutz in unserer Gemeinde“, hebt Sengfelder die im Projekt und dem Team wichtige Nachhaltigkeit hervor. Auch das Schaffen von Lebensräumen für Tiere gehöre zur Bewahrung der Schöpfung.

Schließlich: Waldherr, Vorstand im Bund Naturschutz und dort Energieberater, sowie Karl-Heinz Pfister erklärten sich bereit, sich als so genannte Auditoren – wie vorgeschrieben – schulen zu lassen. [...] 

Bei den Begehungen fanden sich Schwachstellen, die einfach zu beheben waren. Beispiele: Thermostate waren einfach nur falsch eingestellt, in einer Rosette war ein Loch, „kein Mensch hat das vorher entdeckt“, sagt Waldherr. Der Gemeindebrief ist mittlerweile auf Umweltpapier umgestellt.

Längst sind viele weitere Mängel behoben. Auch hier einige Beispiele: Etliche Fenster und Türen sind abgedichtet, die Steuerung der Heizung ist optimiert, die Umwälzpumpe ausgetauscht (von 300 Watt ungeregelt auf 180 Watt geregelt), und Energiesparlampen leuchten in St. Michael.

Noch ein paar Zahlen: Der Gesamtstrom für die drei Gebäude reduzierte sich von 9371 Kilowattstunden im Jahr 2009 auf 7288 im Jahr 2011, der gesamte Heizenergieverbrauch ging von 232 754 kWh im Jahr 2009 auf 145 346 im zurückliegenden Jahr 2011 zurück. Und schließlich die sagenhafte Reduzierung beim CO2-Ausstoß. [...]

Sengfelder und Waldherr sind jetzt aber „erstmal stolz“ über die Vergabe, um die Niederwerrn und neuerdings die Christuskirche Schweinfurt noch kämpfen. Bei einem Gemeindefest mit Festgottesdienst am 24. Juni wird der Grüne Gockel auch nach außen sichtbar, eine Tafel wird angebracht. Außerdem erscheint eine „Umwelterklärung“, in der es auch Energiespartipps für jedermann gibt, im Haushalt, für Heizung und Dämmung sowie Freizeit und Mobilität.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 31. Mai 2012; Text: Hannes Helferich)

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Religion gehört zur Erziehung

Sebastian Remelé schreibt der Kirche ins Stammbuch

 

 

OB Remelé spricht öfters in evangelischen Kirchen (hier: am 7.11.11 in der Auferstehungskirche)

 

 

Schweinfurt, So., 13. Mai 2012. Zu wenig Liedzettel! Der Andrang zum Special Gottesdienst in der Christuskirche überrascht auch Pfarrerin Valerie Ebert-Schewe. „So viele Gäste hatten wir noch nicht“, meint sie. Und auch die Kirchgänger sind beeindruckt, wie voll die Kirche ist. Die Zettel sind schnell nachgedruckt, kirchenungewohnte Neugier und Erwartung liegen in der Luft. In der Reihe „Ins Stammbuch geschrieben“ spricht Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Die Pfarrerin findet dafür den schönen Begriff Kanzelrede. Und macht sich zur Einleitung Gedanken darüber, was Glaube und Kirche mit Politik zu tun haben. Sollen sie das überhaupt? Ist Glaube nur Privatsache? Nur warum ist dann gleich am Anfang in der Bayerischen Verfassung die Rede von Gott? Für Valerie Ebert-Schewe basieren Politik und Glaube auf Werten. „Du sollst den Fremdling nicht unterdrücken“, sagt die Bibel. Auch, dass es darauf ankommt, wie jeder handelt. Nicht nur Remelé schreibt am Sonntag jemandem ins Stammbuch.

Sebastian Remelé macht erst mal klar, dass er nicht als Oberbürgermeister vorne steht, sondern als „Mitbürger, Familienvater, Bruder im Geiste und als Mensch, der sich täglich um ein christliches Leben bemüht“. Kinder glauben, wir feiern Weihnachten, weil an diesem Tag der Weihnachtsmann gestorben ist, oder dass es da nur ums Essen geht, zitiert Remelé aus einer Umfrage. Für ihn Teil einer Entwicklung, die er persönlich tief bedauert. Das Verständnis für die christlichen Traditionen ist verschwunden. Remelé spricht von Wissensverlust. Im katholisch geführten Kindergarten, in den seine kleine Tochter geht, hat er eine Einladung zum Vatertag bekommen. „In meiner Kindheit hieß das noch Christi Himmelfahrt.“ Von Ostern bis Weihnachten spiegle sich eigentlich jede Lebensfrage in den kirchlichen Festen. Leben, Auferstehung, Dankbarkeit über die Ernte, Tod, Trauer, neues Licht zu Weihnachten. Viele, zu viele wissen das nicht mehr.

Religion ist Auftrag der Erziehung, schreibt Remelé den Eltern ins Stammbuch. Nicht, um einen Weg aufzuzwingen, sondern, damit das Kind als Erwachsener eine echte Wahlmöglichkeit hat, Religion anzunehmen oder zu verwerfen. Damit es seine Entscheidung begründen kann, sich bewusst für einen Weg entscheidet. Auch, um zu begreifen, was Glaube ist. Glaube und Wissen sind für Remelé keine Gegensätze, sondern Ergänzungen. „Wir haben den Auferstandenen nicht gesehen, aber wir glauben denen, die davon berichten.“ [...] Über viele Dinge machen sich Eltern Gedanken. Remelé vermisst darüber eine seelische und rationale Führung, sieht Kinder im luftleeren Raum allein gelassen. Was er auch vermisst: die Bereitschaft, Traditionen vorzuleben.

Seiner Meinung nach ist die Kirche an dieser Entwicklung nicht unschuldig. Als Katholik erlebt er, dass im Religionsunterricht nicht mehr Katechismus vermittelt wird, sondern es um ganz andere Dinge geht. Nur gehe darüber eben das Wissen um die Traditionen verloren. Und diesen Bereich an die Familien zu verweisen, funktioniere nicht. Das will Remelé der Kirche ins Stammbuch schreiben.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 14.5.2012; Text: Susanne Wiedemann)

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Brot und Traubensaft

Erstes Kinderabendmahl in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Euerbach

Schweinfurt, 1. April 2012. Lange Diskussionen hat es in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde um das Kinderabendmahl gegeben. Am Sonntag war es so weit: Etliche Kinder erhielten in Begleitung ihrer Eltern noch vor ihrer Konfirmation Brot und Wein aus den Händen von Pfarrer Andreas Duft.
 
Einige wenige der 27 Kirchengemeinden im evangelischen Dekanat praktizieren das Kinderabendmahl – obwohl die evangelische Landessynode bereits 1977 allen Gemeinden nahegelegt hat, auch Kinder zum Abendmahl einzuladen und es seit über zehn Jahren einen entsprechenden Synodenbeschluss gibt. Aber den Vollzug verantwortet jede Gemeinde selbstständig.
 
„Wir haben lange diskutiert, mehrere Gemeindeversammlungen abgehalten, Informationen weiter gegeben“, blickt Pfarrer Duft auf die einjährige Vorbereitungsphase zurück. Der Kirchenvorstand hielt das Kinderabendmahl für erstrebenswert. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht. „Die Eltern merken, wie ihr Kind reagiert, ob es schon reif ist“, sagt der Pfarrer und weist den Eltern einen erheblichen Teil der Verantwortung zu. Aus dem Elternkreis, aber auch von Kindern selbst, kam auch die Anfrage, Kinder beim Abendmahl nicht zurückzusetzen. Gerade da würde doch die Zuwendung Gottes in einer kindgerechten, körperlich spürbaren Weise erfahrbar. Auch für Dekan Oliver Bruckmann war es eine persönliche Erfahrung, als seine Kinder nach dem Umzug nach Schweinfurt 2006 nicht am Abendmahl teilnehmen konnten. „Sie waren ausgegrenzt“. Mittlerweile hat seine Gemeinde St. Johannis das Kinderabendmahl eingeführt.
 
Pfarrer Duft weiß aus der Erfahrung mit seinen 14- bis 15-jährigen Konfirmanden, dass es manchmal uncool für die Jugendlichen ist, sich im Vorfeld der Konfirmation mit der Bedeutung des Abendmahls auseinanderzusetzen. „In dieser Zeit wird alles hinterfragt“. Oft wachse keine wirkliche Beziehung, es fehle eine emotionale Bindung zum Abendmahl. „Fakt ist, dass Jugendliche an der Konfirmation zum Abendmahl gehen, und sich dann für die nächsten Jahre zu verabschieden“, sagt auch Dekan Bruckmann.
 
Jüngere Kinder sind einfach noch neugierig, meint Duft. Sie hineinwachsen zu lassen in das Ritual, könne zu einer guten Tradition werden. Das ist aber auch eines der Argumente gegen das Kinderabendmahl: dass Kinder die Bedeutung noch nicht begreifen. Erst mit der Konfirmation seien sie hinreichend informiert. Das Gegenargument lautet, man könne das Abendmahl niemals vollständig mit dem Verstand begreifen, es bleibe stets ein Geheimnis.
 
Und: Kinder könnten sehr wohl ein würdiges Abendmahl von einer gewöhnlichen Mahlzeit unterscheiden, „manchmal besser als Erwachsene“, sagt Bruckmann. Bedenken, dass die Konfirmation entwertet wird, begegnet Duft: „Bei der Konfirmation geht der junge Mensch erstmals in eigener Verantwortung zum Abendmahl“; vorher dürfe das Kind nur in Begleitung Erwachsener dabei sein. Für das erste Kinderabendmahl im Familiengottesdienst hatte der Euerbacher Kirchenvorstand ein eigenes, getöpfertes Abendmahlsgeschirr angeschafft. Traubensaft und Hostien wurden damit gereicht. „Es war eine würdige und dichte Atmosphäre“, sagt Pfarrer Duft. [...]

(Aus: Schweinfurter Tagblatt vom 3.4.2012; Text: Silvia Eidel)

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Gute Botschaften für Gläubige

Pfarrgemeinde Zell hat wieder eine Pfarrerin 

Sanierung des Pfarrhauses endet im Sommer 


Zell, Januar 2012. Seit 1. Januar ist es offiziell, auch wenn die eigentliche Einführung wohl erst im April stattfinden wird: Valerie Ebert-Schewe (42) ist neue Pfarrerin der evangelischen Gemeinde Zell-Weipoltshausen-Madenhausen. Seit 2009 hatte die frühere Seelsorgerin an der Schweinfurter Christuskirche dort eine halbe Stelle als „bezahlte Vakanzvertretung“ inne, jetzt wurde sie durch Dekan Oliver Bruckmann fest in die mit einer dreiviertel Pfarrstelle ausgestattete Gemeinde berufen.
 
Um diese Stelle hatten die Kirchenvorstände in den traditionell evangelischen Ortschaften lange gekämpft, nachdem die Landeskirche ursprünglich nur noch eine Halbtages-Seelsorge vorgesehen hatte. Für Valerie Ebert-Schewe war die Pfarrei auf dem Land ursprünglich zwar nicht unbedingt berufliches Wunschziel, doch seit ihrer Aushilfstätigkeit hat sie das Schweinfurter Ober- oder Hinterland und seine Menschen schätzen und lieben gelernt: „Ich habe es keinen Tag bereut.“
 
Sie schätzt vor allem die hohe Eigenständigkeit in den einzelnen Kirchengemeinden des Pfarreienverbunds; Besuchsdienste, Frauenfrühstücke, selbst Kindergottesdienste würden selbstständig organisiert und durchgeführt – „dafür braucht es hier keinen Pfarrer“. Die nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft der Menschen auf dem Land sei größer als in der Stadt, ehrenamtliches Engagement eine Selbstverständlichkeit. Schewe kann dies nicht nur aufgrund ihrer eigenen Tätigkeit an der Christuskirche beurteilen, sondern erlebt die Unterschiede täglich hautnah, denn ihr Mann Martin betreut weiterhin die Schweinfurter Gemeinde an der Maibacher Höh', und das Paar bewohnt mit seinen vier Kindern das dortige Pfarrhaus.
 
Dennoch sieht sie „Baustellen“, die sie seit Herbst vergangenen Jahres anzugehen versucht: Ein Sozialprojekt soll isolierte ältere Dorfbewohner etwa mit Fahrdiensten und anderen diakonischen Angeboten wieder ins öffentliche Leben integrieren, wer nicht aktiv mithelfen möchte, kann symbolisch „Kilometer kaufen“ und so das Benzin mitfinanzieren.
 
Eine andere Baustelle – diesmal im wörtlichen Sinn – soll noch in diesem Jahr zu einem gelungen Abschluss gebracht werden. Das Pfarrhaus in Zell (mutmaßlich das älteste seiner Art in Bayern), dessen rund 770 000 Euro teure Sanierung über Jahre für Diskussionsstoff sorgte, ist äußerlich weitgehend fertig gestellt und soll bis zum Sommer auch innen wieder auf Vordermann gebracht werden. Der Planer und ortsansässige Diplom-Ingenieur Werner Stretz hat dabei vor allem auf die Freilegung und Erhaltung der historischen Fachwerkfassade Wert gelegt, die Außenwände zur energetischen Ertüchtigung innen mit Ziegelsteinmauerwerk verstärkt. Frei gelegt wurde die massive Balkenkonstruktion aus Hölzern, die laut Untersuchung zwischen den Jahren 1512 und 1613 geschlagen wurden und letztlich auch den Ausschlag gaben für den Erhalt des 1614 fertig gestellten Gebäudes.
 
Rückblende: Als im Juli 2000 nach 15-jähriger Diskussion der Abbruch das Pfarrhauses beschlossene Sache war, erhielt Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Hennig den Anruf eines Zeller Privatmannes. Der wollte wissen, wie man am besten einen massiven Balken aus dem Gebäude sichern könnte, um diesen im geplanten Neubau an geeigneter Stelle wieder einsetzen zu können. Unter dicken Gipsschichten einer abgehängten Geschossdecke war damals nur ein rund 30 Zentimeter langes Fragment des mächtigen und mit Schnitzereien verzierten Balkens freigelegt worden.
 
Dieser Anruf mobilisierte den Heimatpfleger und brachte eine neuerliche Diskussion ins Rollen. Vor allem ein Artikel in dieser Zeitung aus dem November 2000 („Jetzt kommt die Abrissbirne“) ließ die Stimmung in der Zeller Öffentlichkeit für den Erhalt des aufgrund eines schmucklosen Außenputzes und seines lindanverseuchten Dachstuhls eigentlich als Belastung empfundenen Pfarrhauses kippen. Letztlich konnte eine Finanzierung aus Mitteln des Entschädigungsfonds, der Landeskirche, des Bezirks Unterfranken und der Kirchengemeinde selbst auf die Beine gestellt und die Maßnahme in Angriff genommen werden.
 
Heute sind das schmucke Zierfachwerk außen und das mächtige Gebälk innen freigelegt, der alte Dachstuhl wurde durch eine neue Konstruktion ersetzt, auch die Lehmeinschübe in den Holzbalkendecken sind sichtbar und sollen nur optisch restauriert werden.
 
Um die Jahreswende ruhten die Arbeiten, in dieser Woche aber rücken Dachdecker, Maurer und Zimmerleute wieder an, um den Bau voranzutreiben. Am Ende wird das Pfarrhaus eine Wohnung – originär natürlich für den Seelsorger der Gemeinde – beheimaten sowie nebenan das künftige Pfarrbüro und einen Gemeinschaftsraum. [...] Die Fertigstellung im Sommer wird man – so Valerie Ebert-Schewe – mit einem Gemeindefest zünftig feiern, und dann ist die Zeller Pfarrei auch wieder komplett: mit Pfarrhaus, Pfarrbüro und Pfarrerin.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 25. Jan. 2012; Text: Holger Laschka)

 

 

 Fast wäre das wohl älteste Pfarrhaus Bayerns abgerissen worden. Schmucklose Fassade noch im Febr. 2011

 Rege Bautätigkeit Ende Nov. 2011 (Fotos: Bergler)

 

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