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Wir blicken auf das Doppelportal vom Südquerhaus des Straßburger Münsters. Von vielen Besuchern übersehen stehen sich ganz links und rechts zwei Frauenfiguren gegenüber, aus Sandstein gefertigt. Es ist die auch anderwärts (z. B. im Bamberger oder am Wormser Dom) belegte, bekannte Darstellung von Christentum (Ecclesia, "Kirche") und Judentum (Synagoga, "Synagoge") aus mittelalterlichen Tagen, hier: um 1225 - Ausdruck der jahrhundertelangen Feindschaft zwischen Christen und Juden.
Die "Kirche" wird überdeutlich als Siegerin gezeigt: mit Krone, Kreuzesfahne und Kelch, der die Verbindung mit Christus im Abendmahl symbolisiert. Sie blickt stolz, erhobenen Hauptes hinüber zur "Synagoge", deren Augen verbunden sind, und erwartet deren Bekehrung. Die Synagoge ist mit Blindheit geschlagen, weil sie Jesus nicht als Messias und Erlöser anerkennt. In der Rechten die zerbrochene Lanze und die der Linken entgleitenden Gebotstafeln machen die Niederlage des Judentums gegenüber der siegreichen Kirche evident: Die Mose-Tora ist abgetan, denn Christus ist "des Gesetzes Ende".
Blicken wir genauer hin: Ohne Zweifel ist die "Synagogen-Frau" trotz der Binde vor ihren Augen die hübschere, edlere, uns sympathischere von beiden. Sie erscheint gar nicht als Loser-Typ. Jedenfalls lässt sie unseren Blick länger auf sich ruhen als auf der stolzen, eher unnahbar erscheinenen Königin "Ecclesia".
Auch der Ausstellung "BlickWechsel", die in der St. Johannis-Kirche Anfang 2007 präsentiert wurde, ging es um die Vermittlung neuer Einsichten und Einstellungen im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Christen und Juden: ein Umdenken, ein Sich-Lösen von Vorurteilen und traditionellen Klischees.
"Die Langverstoßne [Synagoge!] ist die Sehrgeliebte, die Blickverhüllte, siehe, die Betrübte: Sie wartet und sie weiß: Sie ist's, die sieht." (Albrecht Goes)
Zur Geschichte der Juden in Schweinfurt:
Siehe auch: Rückblick auf die Ausstellung