PRESSESCHAU (2): Vesperkirche in St. Johannis

Schweinfurts katholischer Dekan hält die Mittagsandacht

Ökumenische Eintracht in der Vesperkirche: die beiden Dekane Stefan Redelberger u. Oliver Bruckmann

Samstag, 24. Januar 2015. Gott sei Dank. Am ersten Vesperkirchen-Samstag hat sich der Publikumsandrang für die Bewirtenden auf ein erträgliches Maß reduziert; aber über 400 Essen wurden trotzdem ausgegeben.

Die Andacht hielt diesmal der katholische Dekan von Schweinfurt, Stefan Redelberger. "Gebt ihr ihnen zu essen!" (Markus 6,37). Um diesen Befehl Jesu an seine Jünger, den 5000 Hungernden Brot auszuteilen, ging es: Kein passives Verhalten, etwa aus Bequemlichkeit oder Eigennutz, sollen wir an den Tag legen, sondern uns einbringen, Interesse am Mitmenschen zeigen, die Fähigkeiten, die uns von Gott gegeben wurden, auch voll nutzen.

Inzwischen gibt es nach den Nachrichten anlässlich der Eröffnung der Vesperkirche (s. https://www.schweinfurt-evangelisch.de/inhalt/presseschau-1-vesperkirche-st-johannis) weitere Fernseh- und Zeitungsberichte von diesem in Bayern bisher singulären Ereignis:

Im Fernsehen gezeigt und inzwischen bei Youtube eingestellt:

Bayerischer Rundfunk: Speisesaal im Gotteshaus Pilotprojekt Vesperkirche in Schweinfurt: https://www.youtube.com/watch?v=34Av3Sd6PHo

SW-n.tv:: Vesperkirche Schweinfurt 2015: https://www.youtube.com/watch?v=7g0_TmQjyX4

TVtouring: Positiver Start für Kirchenprojekt: https://www.youtube.com/watch?v=TS1Jy2ZuuYg

 

epd erinnert in einem Artikel am 28.1. an die Vesperkirche:

Erste bayerische Vesperkirche in Schweinfurt kommt offenbar gut an

Schweinfurt (epd). Die erste offizielle bayerische Vesperkirche in Schweinfurt ist offenbar sehr gefragt. Seit dem 18. Januar erhalten in der St. Johanniskirche Tag für Tag Menschen jedes Alters, Geschlechts oder Konfession für 1,50 Euro ein Mittagessen. Der evangelische Schweinfurter Dekan Oliver Bruckmann spricht am Dienstag von einem "unfassbaren Erfolg". Allein am dritten Vesperkirchentag hätten die Helfer 430 Gäste bewirtet, am vergangenen Freitag seien es schließlich 500 gewesen. Nach nur einer Woche seien damit alle Erwartungen übertroffen worden.

Das Angebot werde von Menschen aus allen Bevölkerungsschichten, von Christen, Muslimen und Konfessionslosen angenommen. Schweinfurts Diakonie-Geschäftsführer Jochen Keßler-Rosa freut sich ebenfalls über den guten Zuspruch: "Der pure Stress - aber schön." Jeder Gast werde an einen freien Platz geleitet - wer neben wem isst, bleibe immer eine Überraschung. So kann es sein, dass ein syrischer Flüchtling beim Essen auf einen Schweinfurter Bürger trifft, der früher selbst einmal seine Heimat verlassen musste. Bayerns Diakonie-Präsident Michael Bammessel sagte, dies sei eine Diakonie, "die jeder begreift". [...]

 

Vom Tagesablauf der Vesperkirche handelt folgender Mainpost-Artikel:

"Wie in einem gehobenen Lokal"

Schweinfurt. Mittwoch, 10.15 Uhr. 31 Frauen und 13 Männer sitzen auf der Empore der St. Johanniskirche, bilden einen großen Kreis. Es sind die 44 Ehrenamtlichen, die am vierten Tag der Vesperkiche „Dienst tun“. Cheforganisator Diakon Norbert Holzheid begrüßt alle herzlich, besonders Bernhard Nehrig aus Kulmbach. Der „Diakonkollege“ hat sich 14 Tage frei genommen, um mitzuhelfen.

Großartig findet auch eine Frau aus Tirschenreuth die Vesperkirche. Wann sie denn gebraucht werde, hat sie am Dienstag nach Schweinfurt gemailt. Holzheid hat für ihre Bereitschaft gedankt, ihr aber geantwortet, dass sie das Hotelzimmer selbst zahlen müsse. Kommen wird die Tirschenreutherin vermutlich dennoch. Seinen Freund Nehrig hat Holzheid 14 Tage bei sich zuhause aufgenommen. [...]

10.45 Uhr: Pfarrerin Gisela Bruckmann spricht ein kurzes Gebet, wünscht allen, dass sie Freude haben mögen. Dann werden die Namensschilder verteilt, alle streifen sich ihre Schürze „Vesperkirche“ über.

11.15 Uhr: Das Essen trifft ein. Schweinegeschnetzeltes mit Kartoffeltalern und für die Vegetarier eine Salatschüssel mit Baguette. Am Dienstag war die Kapazität der Leopoldina-Küche bei 300 Essen erschöpft. Das Löhe-Heim sprang helfend ein und ist ab sofort der zweite Essenslieferant.

11.30 Uhr: Vor der Kirche hat sich eine bereits lange Schlange gebildet. Sie löst sich schnell auf. Man zahlt 1,50 Euro an der Kasse, bekommt zwei Bons, einen fürs Essen, einen für Kaffee und Kuchen danach. Robert Scheibe sitzt an der Kasse und berichtet, dass ungefähr ein Drittel der Gäste diesen symbolischen Betrag zahlen. Die Mehrheit aber gebe mehr, manch einer einen größeren Schein. „Das ist mir das Wert“, sagt ein Schweinfurter, der zehn Euro zahlt. Brigitte Schultz weist täglich die Platzanweiser ein, die Acht geben, dass an jedem der 16 Tische ein bunter Mix sitzt. Ältere, Junge, Männer, Frauen, sichtbar Geschäftsleute oder Menschen ohne Job. Wie der 53-Jährige, der schon länger arbeitslos ist, und aus finanziellen Gründen kommt. Daraus macht er keinen Hehl. „Es ist aber auch das Gespräch“, sagt er und bittet, seinen Namen nicht zu nennen. Auch die 60-Jährige sagt ganz offen, dass ihre schmale Rente der Grund für ihr Kommen ist. [...]

Rita Schöpf wiederum erzählt, dass sie „aus reiner Neugier“ gekommen ist. „Nur wer da war, kann auch mitreden“, lacht sie. Oder die zwei Rentner aus Würzburg, die von der Vesperkirche in der Zeitung gelesen, sich in den Zug gesetzt haben, „weil das unser Traum einer Kirche ist“, sagen sie. „Bereichsleiterin“ Brigitte Schulz berichtet, dass die Gäste immer erstaunt sind, dass sie bedient werden. Sie zitiert einen Gast: „Wie in einem gehobenen Lokal, halt nur in einer Kirche“.

Friedrich Senft ist gelernter Bäcker, er war Marktleiter beim Kupsch und steht an der Kuchentheke. Nur an zwei der 22 Tagen hat er sich frei genommen. Warum hilft der 79-Jährige? „Ich bin froh, dass ich das machen kann“, sagt er und fügt an. „Arbeit hätte ich zuhause auch andere genug“.

Brunhilde Käser arbeitet in der Abtei Münsterschwarzach, ist dort zuständig für den „Fair trade-Handel“. Die Schweinfurterin ist wie Senft in ihrer Freizeit in St. Johannis engagiert und hat für die Vesperkirche extra 14 Tage Urlaub genommen. Warum? Eine günstige Gelegenheit, viele Schweinfurter kennenzulernen, flachst sie in Anspielung auf ihren doch etwas entfernteren Arbeitsplatz. Dann ernst: Das Besondere, die Atmosphäre, die Stimmung, die „hervorragend“ sei. „Das macht Spaß, bei einer Wiederholung nächstes Jahr „bin ich wieder dabei“.

14 Uhr. Norbert Holzheid meldet wie vereinbart die Zahl der ausgereichten Essen. 420 waren es Mittwoch. Die Stimmung war bestens. Die Vorbereitung für Donnerstag beginnt.

(aus: Schweinfurter Tagblatt vom 22. Januar 2015, S. 21; Text: Hannes Helferich; Fotos: Bergler)